Wenn der Staat spart, dann spart er sich natürlich zuallererst das Sparen. Seit das rot-grüne Kabinett von Kanzler Gerd Schröder vor elf Jahren begann, die Staatsausgaben radikal zusammenzustreichen und den Ausgabengürtel immer enger um die Westentaille der Staatmaschine zu schnallen, wuchsen die Staatsausgaben damit von 243 auf 325 Milliarden Euro. Das sind 22,09 Milliarden Euro mehr als 2009 - also ein richtig dickes Sparpaket. Etwa als würde ein Familienvater mit einem Einkommen von 30000 Euro im Jahr ankündigen, er spare jetzt, indem er im kommenden Jahr mehr verdienen wolle.
Immerhin schreibt sich die Budnesregierung ihre Lohnzettel selbst. Das ist ein großer Vorteil, zumal es der Regierung zuletzt durch die Einführung der Schuldenbremse gelang, wenigstens allen künftigen Regierungen das Schuldenmachen zu verbieten. Sich selbst nahm Kanzlerin Merkel aber von der Regelung noch mal aus: Der Sparhaushalt 2011 lag - ohne die Betrachtung von Nebenhaushalten für Griechenlandhilfe und Bakenrettung - noch einmal acht Prozent höher als der Haushalt des Jahres 2008, ein Viertel des Geldes, das ausgegeben werden soll, wird dabei geliehen. das ist, als würde der Familienvater von oben sagen, ich spare jetzt mal, indem ich mir noch mehr von der Bank leihe.
Aber so geht sparen heute, zumindest, wenn Politiker das Prinzip erklären. Nie ist Geld da, weil alles was reinkommt, schon längst ausgegeben ist. Also muss mehr reinkommen, was automatisch zu mehr Ausgaben führt. Sparen bedeutet, wenn es der Staat tut, zuerst einmal immer, die Einnahmen zu optimieren. Seit Kaiser Wilhelm II. anno 1902 die Schaumweinsteuer einführte, um mal kurz den Kaiser-Wilhelm-Kanals und die kaiserlichen Kriegsflotte zu finanzieren, ist der Effekt bekannt. Die Steuer kommt immer zweckgebunden. ist der Zweck weg, ist die Steuer allerdings immer noch da - wie zuletzt der sogenannte Solizuschlag für die neuen Ländern oder die Ökosteuer bewiesen. Auch die "Tränenliste", mit der Angela Merkel vor einem versuchte, Sparbemühungen zu imitieren, bestand demzufolge weniger aus Ausgabenkürzungen als aus Maßnahmen zu Erhöhung der Einnahmen.
Seit 1990 verdoppelten sich die Steuereinnahmen des Bundes, allein aus dem Solidaritätszuschlag kassiert der Finanzminister inzwischen alljährlich 11,5 Milliarden Euro - mehr als er vor 20 Jahren an Lohnsteuern einnahmen. Die Einnahmen aus Kapitalertragssteuern haben sich verzwanzigfacht, die Kürperschaftssteuer vervierfacht, die Verkerhssteuern verdoppelt. Gleichzeitig gelang es der Politik, die Schulden der öffentlichen Hand auf einen neuen Rekordwert hochzufahren: Die Sparpolitik des vorrangigen Abbaus der Staatsschulden führte nach offiziellen Angaben des Statistischen Bundesamts zu einem Anstieg der offenen Kredite in Höhe von 7,1 Prozent oder umgerechnet 112,7 Milliarden. Knapp etwas mehr als doppelt soviel, wie Bund und Länder im selben Zeitraum an Steuern einnahmen.
Die Schuldenbremse wird natürlich 1:1 umgesetzt. "Die Zahlen am Arbeitsmarkt zeigen, dass das eine Politik ist, die den Menschen in diesem Land dient und die mehr soziale Sicherheit in diesem Lande schafft", sagt Wolfgang Schäuble, der in diesem Jahr rund zehn Milliarden Euro mehr Steuern einnimmt, als er letztes Jahr noch dachte.
Geld, das letztlich aber sofort auch wieder nicht mehr da ist. Weshalb die Staatseinnahmen weiter optimiert werden müssen. Bis zum Jahr 2015 will die Bundesregierung die Aufnahme neuer Schulden von 48 Milliarden auf 13,3 Milliarden senken. Da die Ausgaben des Bundes in derselben Zeit planmäßig um 1,7 Prozent steigen, besteht die "Sparpolitik" einmal mehr in der Organisierung höherer Einnahmen: Laut Eckwertebeschluss plant die Bundesregierung bis 2015 eine Steigerung der eigenen Steuereinnahmen um bescheidene 17 Prozent. Pro Jahr 4,25 Prozent bei einem angenommenen Wirtschaftswachstum von 1,8 bis 2 Prozent.
Wer das wohl wird zahlen müssen?
Steuerpolitik: Eisern sparen, Ausgaben hochfahren