Wenn wir "blind" trailen, ich also auch nicht weiß wo das Opfer ist, oder wenn ich mit den Pettrailern auf Einsätze gehe, ist die Stimmung eine andere: Hellwach mit der Aufmerksamkeit beim Hund versuche ich Trittspuren, Liegestellen, Haarbüschel an Ästen zu sehen. An Futterstellen versuchen wir zu unterscheiden wer da gefressen hat. Wenn wir das Glück haben Hundepfotenabdrücke im Schlamm zu finden fragen wir uns ob das der gesuchte Hund gewesen sein kann.
Im Laufe des Winters und Frühjahrs wurde mir klar, dass ich darüber mehr lernen will. Ich habe den richtigen Referenten gefunden, Daniel Bruns von der Wildnisschule Weltenwandler, und letzten Sonntag hat er mir, meinem Mann und meiner Habca, unserem Pettrailing-Team Jutta und Lisa, den Mantrailern Gisela und Senta und den Mantrailing-Neulingen Inge, Christina, Arne, Miou und Mag erklärt und gezeigt was auch wir Menschen auf dem Boden alles sehen könnten.
Zuerst hat er es uns "leicht" gemacht, die Vermissten haben einen Stock hinter sich her gezogen. F. und ich im Versteck waren trotzdem fast überrascht dass wir tatsächlich gefunden wurden – von Menschen! In der nächsten Runde haben wir selber die Erfahrung gemacht: Man kann die Stockspur im Sand ganz gut sehen, aber – wie die Hunde – man muss aufpassen dass man Abbiehungen nicht überrennt. Am Besten, scheint es mir, geht es mit so einem unfokussiert-meditativ-konzentriertem Blick, ähnlich wie man früher in diese schrecklichen 3D-Bücher gestarrt hat, wisst Ihr noch?
Im Laufe des Tages habe ich gestaunt was man theoretisch aus einer Spur alles erfahren kann: wie ist derjenige gegangen, wie ging es ihm, musste er auf Klo (wirklich!), hatte er Schmerzen oder Hunger. Hund oder Fuchs oder Katze, Trab oder Pass, wo hat das Tier hingeschaut, war es entspannt... wir rätselten noch ob rechte oder linke Pfote, vorne oder hinten, und steckten Fähnchen in den Sand zur Kennzeichnung. War das ein Hund oder zwei? Welche Spur ist frischer, welche liegt "oben"?
Das ist Habcas Pfotenabdruck. ;-)
Hagel
Ich war besonders daran interessiert herauszufinden was Hunde besser können und was Menschen, bzw. was lässt sich visuell besser lösen und was olfaktorisch, wie arbeiten Hund und Mensch am gewinnbringendsten zusammen? Als ein Anfängerhund seine Spur verloren hatte wollte ich wissen ob Daniel sie wiederfinden konnte (er konnte), und zuletzt bat ich ihn sich für Habca zu verstecke mit allen Tricks die ihm so einfallen. Da stellte sich heraus dass er mir vorher, als ich allen erklärt hatte wie Hunde suchen, besser zugehört hatte als ich es gewohnt bin und wirklich tief in die Trickkiste griff. Habca, erschöpft von einem langen Tag an dem wir schon Regen, Hagel und Gewitter getrotzt hatten, suchte zuversichtlich-freudig los, quer durch die Dünen und Büsche, wir kamen wohl auch sehr nah an ihm vorbei – aber dann bekam sie Herrchen-Hochwind in die Nase und musste den erstmal einsammeln gehen, und dabei brach ein solcher Regen los dass wir nicht nur beide innerhalb von Minuten zum Auswringen nass waren – nein, Habca war schon so in dieser ganzen Wildnisschule-Survival-Gedankenwelt drin dass sie begann sich eine Höhle/ Kuhle zu bauen. Das habe ich noch nicht erlebt, und ich habe abgebrochen. Um so toller aber dass das Team Senta eingesprungen ist und Daniel, mittlerweile auch auf der Flucht vor dem Regen, tatsächlich gefunden hat!
Zusammenrücken unter der Zeltplane beim Gewitter
Alles in allem ein toller Tag der zumindest bei mir viele neue Fragen aufgeworfen hat, der mir eine neue Welt von menschlichem Spurenlesen eröffnet hat und viele neue Ideen zum Auffinden verlorener Hunde...
Seht ihr die Pressure Release-Linien? Wie viele Hunde sind hier langgegangen? Und wer noch? ;-)