Die geistigen Leistungen des Menschen zeigen je nach Muttersprache subtile Unterschiede.
Aus: Gehirn&Geist;, 7-8/2011
Wir differenzieren schneller zwischen verschiedenen Objekten, für die wir unterschiedliche Begriffe haben – und wir verbinden je nach Muttersprache andere Eigenschaften mit ihnen. Das berichtet die aktuelle Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Gehirn&Geist; (Heft 7-8/2011). Die verbreitete These, der Mensch könne nur das begreifen, wofür er auch Wörter besitzt, sei aber dennoch falsch. Schließlich können wir die Bedeutungsnuancen anderer Sprachen lernen.
Forscher wie die US-amerikanische Psychologin Lera Boroditsky von der Stanford University haben in den vergangenen Jahren viele Belege dafür gesammelt, dass Sprache und Denken eng miteinander verknüpft sind. In immer neuen Experimenten sammeln sie Indiz um Indiz für subtile kognitive Unterschiede zwischen Menschen mit verschiedenen Muttersprachen.
2008 untersuchte Lera Boroditsky mit Jonathan Winawer und weiteren Kollegen 24 englische und 26 russische Muttersprachler aus der Gegend um Boston an der US-Ostküste. Die Probanden sahen jeweils drei blaue Felder in einem Dreieck angeordnet und sollten möglichst schnell angeben, welches der beiden unteren Quadrate den gleichen Farbton wie das obere hatte. Im Russischen werden hellblau (goluboj) und dunkelblau (sinij) unterschieden, und die Forscher arbeiteten mit Farbschattierungen, die russische Muttersprachler zuvor eindeutig als goluboj oder sinij identifiziert hatten. Sahen die russischen Muttersprachler nun eine Tafel, auf der die beiden zusammenpassenden Felder in einem Goluboj-Blauton gefärbt waren, das dritte Quadrat dagegen in Sinij, so erkannten die Probanden das richtige Feld schneller, als wenn alle Farbtöne goluboj waren. Für die amerikanischen Probanden machte es dagegen keinen Unterschied, in welchen Bereichen des Blauspektrums die Felder gefärbt waren.
Auch die Forschung auf dem Gebiet der Embodied Cognition ("verkörpertes Denken") zeigt, dass Denken, Wahrnehmen und Motorik nicht unabhängig voneinander sind. So verleiten raumgreifende, kraftvolle Gesten Menschen eher zu kühnen Entscheidungen, und ein schwerer Rucksack auf dem Rücken lässt einen Hügel steiler erscheinen. In vielen sprachlichen Metaphern drückt sich laut Psycholinguisten die enge Beziehung von Körper und Geist aus.
In der gleichen Ausgabe von Gehirn&Geist; berichtet die Neurolinguistin Angela D. Friederici über die verschlungenen Wege der Wörter und Sätze im Gehirn. Sprache, so die Forscherin, sei ein hervorragendes Feld, um die Funktionsweise unseres Denkorgans zu erkunden. "Linguisten verfügen über sehr ausgereifte Theorien. Das können sich Hirnforscher zu Nutze machen, um die Arbeit des Gehirns generell zu verstehen", erklärt Friederici.
Aus: Gehirn&Geist;, 7-8/2011
Wir differenzieren schneller zwischen verschiedenen Objekten, für die wir unterschiedliche Begriffe haben – und wir verbinden je nach Muttersprache andere Eigenschaften mit ihnen. Das berichtet die aktuelle Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Gehirn&Geist; (Heft 7-8/2011). Die verbreitete These, der Mensch könne nur das begreifen, wofür er auch Wörter besitzt, sei aber dennoch falsch. Schließlich können wir die Bedeutungsnuancen anderer Sprachen lernen.
Forscher wie die US-amerikanische Psychologin Lera Boroditsky von der Stanford University haben in den vergangenen Jahren viele Belege dafür gesammelt, dass Sprache und Denken eng miteinander verknüpft sind. In immer neuen Experimenten sammeln sie Indiz um Indiz für subtile kognitive Unterschiede zwischen Menschen mit verschiedenen Muttersprachen.
2008 untersuchte Lera Boroditsky mit Jonathan Winawer und weiteren Kollegen 24 englische und 26 russische Muttersprachler aus der Gegend um Boston an der US-Ostküste. Die Probanden sahen jeweils drei blaue Felder in einem Dreieck angeordnet und sollten möglichst schnell angeben, welches der beiden unteren Quadrate den gleichen Farbton wie das obere hatte. Im Russischen werden hellblau (goluboj) und dunkelblau (sinij) unterschieden, und die Forscher arbeiteten mit Farbschattierungen, die russische Muttersprachler zuvor eindeutig als goluboj oder sinij identifiziert hatten. Sahen die russischen Muttersprachler nun eine Tafel, auf der die beiden zusammenpassenden Felder in einem Goluboj-Blauton gefärbt waren, das dritte Quadrat dagegen in Sinij, so erkannten die Probanden das richtige Feld schneller, als wenn alle Farbtöne goluboj waren. Für die amerikanischen Probanden machte es dagegen keinen Unterschied, in welchen Bereichen des Blauspektrums die Felder gefärbt waren.
Auch die Forschung auf dem Gebiet der Embodied Cognition ("verkörpertes Denken") zeigt, dass Denken, Wahrnehmen und Motorik nicht unabhängig voneinander sind. So verleiten raumgreifende, kraftvolle Gesten Menschen eher zu kühnen Entscheidungen, und ein schwerer Rucksack auf dem Rücken lässt einen Hügel steiler erscheinen. In vielen sprachlichen Metaphern drückt sich laut Psycholinguisten die enge Beziehung von Körper und Geist aus.
In der gleichen Ausgabe von Gehirn&Geist; berichtet die Neurolinguistin Angela D. Friederici über die verschlungenen Wege der Wörter und Sätze im Gehirn. Sprache, so die Forscherin, sei ein hervorragendes Feld, um die Funktionsweise unseres Denkorgans zu erkunden. "Linguisten verfügen über sehr ausgereifte Theorien. Das können sich Hirnforscher zu Nutze machen, um die Arbeit des Gehirns generell zu verstehen", erklärt Friederici.