Sprache, Heimat und Fremde heute.Alter Vortrag 1995/96 von D.Schlesak


Dieter Schlesak
Sprache, Heimat und Fremde heute
Lassen Sie mich zur Einführung und Einstim mung meines Vortrages mit  einem eigenen Gedicht beginnen, das die Mög lichkeit, über Sprache, Heimat, Fremde auf gewohnte Weise zu sprechen,  in Frage stellt:
DENN DIESE SCHALE DIE AUS SPRACHE IST
kämpft sich als Sichtbarkeit
mit dem Gewesenen ab
als wären wir Verwalter von Museen
der eigenen Gegenwart
mit ihren toten Exponaten.
Kalt ist der Pol.
Die Tropen heiß. Wie
alles wir zusammenfassen können
und nie fassen.
Physik und Gott - das ist
der Abgrund dieser Gegenwart.
Das ist die Definition
von Nord und Süd:
die Formel
für den längst begonnenen Krieg.
Meine Damen und Herren, Ich komme aus Italien nach Düsseldorf, aus der Gegend von Lucca, wo ich seit 20 Jahren wohne, aber nicht zu Hause bin. Folge jenes längstbegonnenen Krieges? Vorher war es Siebenbürgen, dann Bukarest, wo ich zu Hause war, aber nicht leben, schreiben, denken konnte, wo ich die Erinnerun gen, die Kindheits landschaft liegenlassen mußte, wie eine unbeer digte Leiche, die keine Ruhe gibt 1989 war das Liegengelassene plötzlich wieder da. Und ich fühlte mich den Menschen aus dem Osten nah. Als machten die Millionen im Osten nun, ohne ihre Heimat zu ver lassen, eine kollektive Emigration in Richtung Westen mit. Wie ich es vor Jah ren als Einzelner erlebt hatte. Für mich gibt es drei Länder, Deutsch land, Ru mänien, Italien; drei Leben, drei Erfahrungen, Schreiben in der Muttersprache Deutsch  in fremder Umgebung. Eine Art Zwischenschaft.
Mein Trauma, aber auch mein Erkenntnismittel ist das Nicht- Dazugehören, wie  zwischen alle Stühle gefallen. Schon in Bu karest, bevor ich Deutschland kannte, bevor ich überhaupt die Grenze des Lan des überschreiten durfte, wo nur in der Sprache diese Sehnsucht saß, wie ein verhindertes Flugge rät, ein Vogel mit gebunde nen Flügeln, ein Mensch, der einen Vogel im Kopf hat, wurde ich gefragt, sag mal, was bist du denn eigent lich, ein Rumäne bist du nicht, Du bist ja in Siebenbürgen als Siebenbürger Sachse geboren,  aber ein Deutscher bist du auch nicht, du warst ja noch nie in Deutschland? Du mußt Ju de sein. - Stimmt es nicht?  Von Marina Zwetajewa XE "Zwetajewa" XE "Zwetajewa" , der russischen Lyrikerin stammt ein erhellendes Wort:  Bce poety jidy - al le Dichter sind Juden, d.h.,  sie bleiben immer Fremde und sie gehen ei nem Hand werk nach, das, laut Paul Celan XE "Celan" XE "Celan" , keinen Goldenen Boden, sondern über haupt keinen Boden hat. Identität gibt es also für diese "Fremden" nur punktu ell, näm lich im Augen blick der inspirierten Selbst herstellung via Schreiben, denn Sprache ist der einzige feste Boden,  die stärkste Kraft dieses verhinderten Vogels, der da Mensch heißt, mit dem Vogel freilich  im Kopf.
Anpassung und Emigration also. Das Zwischen-Sein als Chance? Es gibt Ostdeutsche und Westdeutsche, und es gibt Deut sche der Dritten Art. die beides in sich tragen, Ost und West, vielleicht noch Süd,  einen AN DERN, einen vertrauten Fremden  in sich tragen. Reflexe, die eine Welt in die andere warf in einem aufreibenden Erkenntnisraum. Nach der Diktatur, den Osterfahrungen, der innern Zensur und Angst,  völlig unvorbe reitet in "die Freiheit" gekommen, schockartig den Westen erlebte,  den rasanten Rythmus bis hinein in die Reflexe, wie man etwa über die Straße geht, sich verhält, auftritt, spricht, denn schon das erste Wort verrät dich. Dein Habitus, dein Ausdruck, dein Anzug, die Schuhe Die Erwartungen waren groß.. Als es mir ge schah, da murmelte ich andauernd "Jetzt bist du aber wirklich da!" Es sollte Freiheit, Freude sein. Dieses Da-sein wollte aber nicht ankommen, ich ging wie 5 Zen timeter über dem Erdbo den auf einem fremden Planeten spazieren. Zuerst ein Staunen, ich glaubte zu träumen, dann setzte bald ein schmerzhafter Vorgang ein, ich dachte es sei alles wie hinter Glas, hinter Mattscheiben, meinte meine Sinne zu verlie ren. Nicht mehr wahrzunehmen, nur noch zu registrieren. Wie in einem Alptraum war diese erste Reise vor Jahren über die Stacheldrahtgrenze von Bukarest zuerst nach Brüssel, dann Paris, später Westdeutsch land  Damals notierte ich: Große Un sicherheit überkam mich auf diesem fremden Glasplaneten. Er roch nach nichts,  es schmeckte nach nichts. ... Alles hastete, schien keine Zeit zu haben, etwas Eiliges tun zu müssen. Als könnten auch diese gutgekleideten Leute ihr Schicksal nicht an nehmen, anders als die Leute bei uns  zu  Hause, die einfach dasitzen können, Kaffee trinken, reden,  reden,  Zeit "verlieren".   Zeit ist Geld. Ich habe keine Zeit. Immer wieder hört man  diese verräterische Flos kel. Und es ist so: hier hat niemand Zeit. Merkwürdig, daß das alle so einfach hinnehmen  als sei es in Ordnung. Was bei uns die Angst ist, ist hier der Zeit mangel und die Hast. Na turerlebnis, persönliche Entwicklung, individuelles Lebensrecht?  Alle Leute schei nen gestorben. Nichts ist lebendig. Sie sitzen in ihren Glaskabinen. Glas, Glas, Glas scheiben. Superkünstliche Gebrauchswelt bis in die Landschaft.  Das Unbehagen am Leben ist hier stärker, obwohl ich  "frei" bin.
Ein hartes Urteil. Ja. Inzwischen bin ich selbst so geworden. Und erwa che dann manchmal erschroc ken, als würde ich im Vergessen leben. Bin ich ein Angepaßter geworden? Mit der falschen Identität? Ich erinnere mich an ei nen Bekannten, der aus Pinochets Chile kam, wo es KZs gab, Leute verschwanden. Wir saßen abends zusammen und wir redeten über unsere Sor gen. Da war bei uns die Rede von einer unbe dingt notwendigen Badeleiter für unser Boot, da ohne Badeleiter die Gefahr des Ertrinkens besteht. Über le bensnot wendig aha. Genau dieses Lebensnotwenige im Unnötigen ist westliche Logik. Der Mann, der aus der Diktatur kam, sah uns fassungslos an. Ihr seid verrückt geworden sagte er. Was mir geblieben ist, ist das Erschrecken, und jene Differenz, jene Vergleichsmöglichkeit., und der An trieb, Heimat, das heißt Sprache und Erin nerung niemals aufzugeben zu gun sten eines Fremden, Menschenfremden, des Außen, das Äußerste dagegen zu set zen. Ist dieses in der sogenannten "Freiheit" sogar noch schwerer als in der Diktatur? Wo der Feind andauend droht, zum Teil sogar sichtbar ist.
Emigration also als Chance, als Erkenntniszuwachs? Sogar die Soziolo gen be haupten, jede Art von Identität entstehe erst über das Ausgeschlossen sein, Identität  bestimme sich nicht mehr wie früher über Zugehörigkeit. EXIL wäre das Extreme die ser Exklusion des modernen Menschen, schmerz lich erfahrenen Vakuums, in dem der Einzelne sich selbst finden muß, ohne Stütze und äußere Hilfe, um das, was man sein könnte, aber nicht ist, zu erkennen: "daß man nicht das ist, was man ist",  wie der heute wohl bekannte ste deutsche Soziologe Niklas Luhmann  formuliert, denn ohne diese totale Loslösung vom Ge wohnten, das blind macht, gäbe es den Sog nicht, daher auch die etwas seltsame Chance je ner nicht, die den sozialen Boden unter den Füßen verloren haben, wirklich in die historische Gegenwart zu kommen "Ohne ein solches Defizit bestünde überhaupt kein An laß, die eigene Identität zu re flektieren, so wie auch umgekehrt die Refle xion das Defizit als Dfferenz zwi schen dem, was man ist, und dem was man nicht ist, produziert. Indivi dua lität ist Unzufriedenheit." (Luhmann).
 Und doch - ich  hatte natürlich Heimweh, in der Mattscheibenwelt von Frankurt: das Eigentümliche,  schmerzhaft erinnert die ganz andere Landschaft, Farben,  Gerüche, Bäume, ganz andere Men schen, der Dialekt.  Adam Mickiewicz, sagte schon im vorigen Jahrhun dert: meine Heimat, du bist wie die Gesundheit. Nur wer dich verloren hat, weiß, was du bedeu test."  Als das Verlorene erst wird also Heimat be wußt? Eigentlich war ich ja froh,  die Enge der realen Heimat, alte Gefühle, Gewohnheiten los zu sein, nicht etwa nur die Diktatur, Zensur und Geheimpo lizei, ein Zugewinn von Freiheit war ja auch das Ungewohnte, Fremde, Offene. eine Art Glück der Ferne. Ich war also gespalten. Hat sich da nicht etwas abge koppelt, war an jene Enge, nicht geradezu ödipal eine Be setzung gebunden, die ganz anderswohin gehörte? Sehnsucht, Widerschein. Wie die Ferne auch? Emigration, Heimat verlust also  als Trauma, aber auch als Zugewinn! Was hatte ich also verloren? Eine "Heimat".? Eine Kol legin sagte, das sei wohl ein nautischer Begriff "Hai, Maat." Ein Hai, beißt und tut sinnlos weh.  Wonach hatte ich Heimweh. Doch kaum nach dem Ceau sescu-Staat!
Heimat und Staat sind ja zwei paar Schuhe.  Und der Staat muß dazu gar nicht so ex trem sein, wie es eine Diktatur ist. Staat, Politik, ja Gesellschaft, vor allem die heutige In dustrie- und Massengesellschaft bleiben eine Art Fremde, ein Au ßen. Und ich empfand dies als Kulturschock, sogar als Bedrohung.  Schlimmer ists, wo Staat und Heimat vermischt werden, zum "Land", gar zum "Vaterland", zum "Volk" zur Nation so ent steht Zwang,  ja, Verbrechen, wie in den Dikta turen braun und rot. Oder jetzt etwa  in Bosnien. Im Hitlerstaat wars die soge nannte Ur-Scholle, Boden, Wurzel, und wehe den Entwurzelten, Intellektuel len, gar Juden. Oder wehe jenen, die das sozialistische Vaterland, diese Heimat verrieten, Abhauten. Die Staatsgrenze als metaphysischer Li mes. Heimatbe griffe also sind gefährlich, man denke auch an die jahrzehntelange rühr selige Hetze der "Heimatvertriebenen", deren Heimat zu einem anderen Staat gehört!
Heimat, wie wir sie aus den Liedern kennen, ist ein altmodischer, vorin dustriell- antiquierter Begriff. Vom Lauf der Zivilisationsgeschichte immer mehr zerstörte Re servat, zerstört, wie alles, was mit Gefühlen, Bindungen, Erinnerungen zu tun hat. Geblieben ist die Heimatlosigkeit,  täglich die vielen Millionen Emigranten, Flüchtlinge, Arbeitsemi granten die riesige Völkerwan derung,  Tragödien der Nichtidentität heute, Haus- und Heimatlosen,  Verhun gernden. Wi derstand in mir meldet sich an, vielleicht, weil ich mich jahrzehntelang selbst als Opfer fühlte, es nun ganz sicher nicht mehr bin. Innerer Widerstand auch, wenn ich beim  Soziologen Zygmunt Bauman XE "Bauman" ,  Professor an der Uni Leeds, apropos Heimat und Fremde und Identität lese: "Wir sind alle Landstreicher", Bauman, der die "Moral" im "Zeitalter der Beliebig keit" beschreibt, Zitat: "Die Postmoderne ist der Punkt, wo das moderne Freisetzen aller gebundenen Identi tät zum Abschluß kommt: Es ist jetzt nur zu leicht, Identität zu wählen, aber nicht mehr mög lich, sie festzuhalten. Im Augen blick des höchsten Triumphs muß Befreiung erleben, daß sie den Gegenstand der Be freiung vernichtet hat. Freiheit wird zur Belie bigkeit, bindungs- und verantwortungs los. Alles, was ist, ist bis auf weiteres."
Dazu ein eigenes Emigrantenlied über meinen eigenen gespaltenen Zu stand der "Zwischenschaft":
GENAU DIES WEISS ICH NUN NACH SIEBEN JAHREN:
Zuhause kann ich sein
Nur hier - im Flug. Als wär ich damals in der Luft,
Und schwebend zwischen meinen Vaterländern,
Trotz all der Schüsse auf der Grenze stehengeblieben.
Ein Vogel aber bin ich nicht.
Der Grüne Wagen blüht mir. Doch ich wollt ein Haus.
Gern wär ich nur ein Bürger, - bin sein Waisenkind.
Ich lieb die Länder, Orte, Frauen nur,
Wenn ich die Freiheit auch zum Abschied hab;
Nur in der bitteren Flucht und ungeschützt -
Im Freien kann ich Zeit erfahren :
Die Zeit der Zeit, - Vorläufigkeit.
In all den Leuten ist sie heute auf der Flucht -
Den Himmeln schrecklich nah.
Und nicht mehr auf der Erde.
 Stimmt es etwa nicht? "Und nicht mehr auf der Erde" Ist die schöne Erde mit Wäldern und Meeren, Vögeln und Blumen etwa nicht im Verschwin den?! Und mit all dem Klang und Schwingen, wahrgenommen vom Menschen. Sondern eher eine Art Himmeln.
 Diese seelische Verarmung dabei aber  ist heute zwingend, sie ist eine Folge des hochentwickelten industriellen Systems; Norbert Elias hat diesen Tribut an den Lauf der Zivilisation in seinen Büchern beschrieben. So ist auch  Die schlimmste Erfah rung beim Welt-Wechsel von Ost nach West, der "Kulturschock",  der Wahrneh mungsverlust und das grauenhafte Gefühl, eine lebende Leiche zu sein.  Der seelische Reflex dessen, was  mit der Natur ge schieht, es geschieht auch mit uns. Vor allem Günter Kunert hat über diese "neuen Leiden", die "tatsächlich neu sind", geschrieben: "Wir werden ständig  auf eine Weise ums Leben gebracht, welche eine Novität dar stellt. Jeder wird zum Phantom seiner selbst... den Verlust dieser unserer Ursprüng lichkeit haben wir als `kleines Sterben empfunden, vergleichbar dem innern Absterben der Kindheit in uns, von der bestenfalls Sehnsüchte oder Komplexe zurückblei ben."
Leben wir also alle in der Fremde? Heimatverlust ist ja kein Privi leg von Emigranten, nur spüren sie vielleicht als Weltwechsler den  Schock stärker, wenn sie aus dem Süden oder aus einer durch Stacheldraht vor dem Zivilisa tionszerstörung ge schützen armen und archaischen Welt in die hochentwickel ten Zonen kommen. Heinrich Böll hat einmal gesagt, er habe drei mal seine Heimat Köln verloren, einmal durch die Nazis und ihre Haß-Aufmär sche, dann durch den Bombenkrieg, und nach dem Krieg durch die Spe kula tion des Kapitals, die neue häßliche Architektur und die unmenschli che Tech nik.
Nur oberflächlich war es die Schönheit Italiens, die mich  diese Fremde meines Wohnortes hat wählen lassen; tieferer Grund war die Natürlichkeit je nes Landes.
 Doch der eigentliche Grund waren meine "Achtuhrschmerzen" nach meiner Aussiedlung in Deutschland, wie ich den täglichen innern Druck genannt hatte, der sich zur Uhr-Zeit der "Tagesschau" ins Unerträgliche steigerte. Die Ursache dafür war mir von Anfang an kein Rätsel. Ich gebe zu, die Wahl eines neutralen Ortes und einer neutralen Lebensumgebung hing mit jener erwähnten Lebensaus einandersetzung zusammen, die mir nach der Aussiedlung aus dem Osten in Deutschland zu nahe kam, quälend nahe: Sei es ganz unmittelbar der die Sinne verarmende Umgebungsverlust in den von Krieg und Nachkrieg kaputten deutschen Städten, der Künstlichkeit in einer Mattscheibenwelt, in denen auch die Natur und die Seelen zu frieren schienen, sei es das Gefühl des Verrates, mein Land, mein bisheriges  Leben verlassen zu haben, sei es das erst in Deutschland eintreffende  starke Mit-Schuldgefühl, das eng mit meiner Herkunft, ja, mit meiner siebenbürgisch-deutschen Familie zusammenhing, da vier Verwandte und Bekannte in der SS und in KZ eingesetzt gewesen waren, und zu einer schmerzhaften Korrektur meiner Erinnerungen und Kindheits erinnerungen, meiner Landschaftsgefühle und meiner bisherigen Selbstgewiß heit führte, die bis hin zur deutschen Sprache bodenlos wurde.
Zu Hause sah ich mich als Opfer einer Diktatur, hatte einen anderen Feind und andere Prioritäten im Alltag, im Denken, diese veränderten sich jedoch grundlegend in Deutschland, ich kam in andere Verbindlichkeiten und zu anderen Denkgründen, was meine Existenz betraf: eben weil ich in Deutschland lebte, ein Bürger dieses Landes bin, dessen gespaltene Existenz schon logisch zurück in den Krieg und in die Nazizeit zurückführte und die Ratio seiner Existenz war - auch das Verdrängen der eigenen Vergangenheit! -  Diese schmerzliche Vehemenz des Abwesenden, des "Nichtseins" jenes eigenen Bodens war spürbar, obwohl ich zwischen den Ländern lebte und die Illusion hatte, mich  für eine Heimkehr aufzusparen. Eine Illusion! Denn nach dem Sturz der Diktatur kann nun paradoxerweise erstrecht keine Rede mehr von Heimkehr sein; zuviel gelebte Zeit in der Fremde ist vergangen, zu entvölkert ist das Land, zu verändert der Gegenstand meiner Erinnerung, zu fremd jene gewesene NÄHE! Und noch etwas: solange es die Diktatur gab, war es ja immer noch "mein" Land, in dem ich aufgewachsen war, geliebt und gelitten hatte, traumatisiert worden war, ja, voller Illusionen selber anfangs mitgemacht hatte, als könnte ich so auf die andere Seite der Front kommen, die weniger schuldhafte, und  wurde selber in einem verbrecherischen System in meiner Jugend durch Teilnahme, ja, schon durch Mitleben, indem ich glaubte, einer schimärenhaften "Zukunft" und "besseren Welt" zu dienen, naiv mitschuldig. Das Erwachen daraus war ein Schock.  Was mir im Verhältnis zum Land meiner Herkunft bleibt, ist das Bewußtsein ein Emigrant in Pension zu sein,  bei dem die Heimkehr überholt ist.  Doch auch das Wissen  von  der Unmoral des Vergessens und dem Zwiespalt des Gedächtnisses; die "Chance des Verlustes" schärft nun Bewußtsein an, hebt diesen Abschied auf eine allgemeinere menschliche Ebene, nämlich ihm, um mit Rilke zu sprechen, voran zu sein, Heimat nicht im Sichtbaren suchen zu wollen.  Weiter:  Als Bürger der Bundesrepublik war ich nicht wie frü her in der Diktatur Opfer, sondern Täter, dessen gespaltene Existenz schon lo gisch zurück in den Krieg und in die Nazizeit zurückführte, und weiter in eine neue Schuld, Lebensstandard auf Kosten der Vernichtung der Natur, der Erde und anderer Völker. Ein Lebensstil, der einer Raubritterfestung ähnlich: eine Oase und eine Insel geschaffen hat, an deren Rändern und langsam sich schlie ßenden Grenzen, nicht mehr Ideologie, keine Waffen drohen, sondern jene, de nen diese Oase ihre Existenzgrundlage im Gleichgewicht der Un gleichheit von Erster und zweiter und Dritter Welt zu zerbrechen droht, das bisher durch Atomwaffen-Gleichgewicht gesichert war. Ein umgekehrter Eiserner Vorhang. Oase und Insel im Weltmeer der Not und des Elends.
Ihm fühle ich mich immer noch zugehörig. mit der traumatischen Erinne rung in Siebenbürgen und Bukarest, doch auch hier gespalten, denn mit  den Sinnen und dem Körper lebe ich im Süden, in Italien als Luxusemigrant, mit der Sprache, der Arbeit, dem Finanzamt im reichen Deutschland. Und vor ihm flüchten zu wollen, wäre unmöglich. Schon mein Arbeitsinstrument, die Sprache und meine deutsche Herkunft binden mich unausweichlich an Deutschland. Es geht mitten durch meine Bücher, durch mich durch. Mit dem Kopf  aber bin ich viergeteilt, drei Länder und ein Herzland nämlich, das an allen Grenzen steht. Was aber wäre dieses, außer dem Gewissen, das mich umtreibt?  "Heimatfähige Lebensräume", wie es in einem Staatslexikon  heißt, dies gehört zu Natur, Landschaft, Boden, Atmosphäre, Aura, ich würde auch die in nere Landschaft des Menschen dazuzählen. Ist das alles antiquiert? Gehörte es einmal zu bäuerlichen Strukturen im Gegensatz zur geplanten Geschichte, Staat, Nation, formales Recht., Zivilisation, Industrie als das Fremde. Und können wir heute "Heimat" neu definieren? Oder ist das lächerlich. Schon jenes Staatslexikon sagt ganz nüchtern, Heimat in jenem Sinn sei umfassender als Nation, Heimat, ich zitiere, sie "allein vermag über alle größeren Komplexe der Geschichte hinweg, in unmittelbare Korrespondenz zur Ewigkeit zu treten".
Identität ist nach Ernst Bloch etwas völlig anders als nur soziale oder psychi sche Identität:, er schreibt: "So liegt diese Identität allen Wachträumen, Hoffnungen, Utopien selber im Dunkeln Grund... jeder solide Tagtraum  meint diesen Doppelgrund als Heimat; es ist die noch ungefundene... in jeder bisher  gewordenen Erfahrung." Bloch widmet den ganzen dritten Teils seines großen Werkes "Prinzip Hoffnung" die ser Identität als Antrieb: "Aus dem bloßen In nern greift etwas hervor... Wird das Stre ben gefühlt, so ist es `Sehnen´, der einzige bei allen Menschen ehrliche Zustand... Von früh auf will man zu sich. Aber wir wissen nicht, wer wir sind. Nur daß keiner ist, was er sein möchte oder könnte, scheint klar.... (Es) Meldet sich als die Unruhe, nicht hinreichend  bestimmt zu sein....weil keiner mit sich ins reine kommen kann, wenn alle Ver hältnisse unter Menschen unreinlich sind."
Ist der Heimatbegriff Ein alter Hut? Ich meine nein, schon weil Heimat das Gegenteil davon ist, als das erwähnte unmenschliche, menschenunwürdige, heute, Gegengift,  Rückbild für das verlorene Men schengemäße, die Nähe, das Vertraute, Sinnliche, ja Schö ne, Erinnerbare eines klein sten Erfahrungs kreises. Er ist ambivalent. Nähe, Heimat wird aufgelöst, Ortswechsel er zwungen. Mobilität  in der weltweiten Arbeitswelt, enorme Migration im Ost-West, Süd-Nord.- Gefälle politisch und wirtschaftlich, ja, durch brutale Kriege bedingt. Ni vellierung, Unmenschlich keit. Die andere Seite, der Gewinn dabei klingt fast wie Hohn, zumindest wie Luxus: Daß dieser Heimat-, ja, Boden-Verlust notwendig sei, "die äu ßersten Grenzen des Menschseins" zu erfahren, "seinen Status peregrinationis", den ihm eine falsche Geborgenheit und gesicherte Lebensenge täuschend verbirgt."
Hat sich im Verlust der Heimat nicht etwas abgekoppelt, war an jene Enge, nicht geradezu ödipal eine Besetzung gebunden, die anderswohin gehör te? Emigration,  Heimat verlust  als Trauma, aber als Zugewinn loseisen dieser Energien. Emigration also eine Chance?  Ernst Bloch schließt sein Riesenwerk "Das Prinzip Hoffnung" mit der Überzeugung, der Mensch lebe "noch überall in der Vorgeschichte", und erst wenn er sich erfaßt habe, "und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung  in realer Demokratie begründet, entsteht in der Welt etwas, das allen in der Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat".
Heimat also als paradoxester Zeit- und Grundbegriff, eine Art Anam nese und noch aussteht,  Heimat also als Zukunftsbegriff?
Und bei Kleist lese ich, wir müßten "Wieder vom Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zu rückzufallen", und dieses sei "das letzte Kapitel von der Geschichte der Welt."
Heimat, dieser Ort der Zugehörigkeit., Herkunft und des Ursprungs ist ver wandt mit dem griechischen Wort "Ethos". Und läßt an Bindung oder Rückbindung, re-ligio denken. Wie aber wäre dieser immaginäre Ort denn heute zu erreichen? Durch eine große, aber zwingende Unmöglichkeit: Alles verlieren zu wollen, was uns einge redet wird, daß es  so wichtig sei. Dies wäre erstens innere und äußere Ökologie. Also Mut, dort nicht mitzumachen, wo die Wurzel des heutigen Weltruins ist, unsere Zeit einteilung, unser Verbrauch, un ser chronokratischer Lebensstil. Das wäre zweitens der Widerstand gegen die ontologische Zensur, die von allem und jedem, allen Institutio nen, öffent li cher Meinung, Universitäten, letztendlich aber der Seelenpolizei Psychia trie ausgeübt wird, die alle grenzüberschreitenden Erscheinungen und Abgründe die ser Zeit der Boden losigkeit, und erstaunlicher Entdeckungen und Wissenser kennt nisse einer zweiten Aufklärung, die eine neue Hoffnung möglich machen würde, mit Aus- und Einsperrung bestraft. Wie etwa die Einbrüche nicht mehr zu leugnender Parallel welten in unsere, die Mehrdimen sionalität des Kosmos, daß es auch da das FREMDE gibt, und sei es noch so un-heimlich. Damit verbunden: Ein neues Verhältnis zu Tod und Sterben und Überleben, die die Zeithast abschaffen würde.Und drittens zum Fragenkomplex Identität und das Fremde eben unser Verhältnis zum eigenen Körper und der schönen sinnlichen Körperwelt und Sinnlichkeit,  die von der riesigen franken steinähnlichen Mutation jetzt an der Jahr tausendewende lang sam abgeschafft werden. Der alte Fall Adams ins Ungemessene bis zur Vernich tung von Spra che, Phantasie, Natur und Erinnerung - totaler Heimat verlust auf der ganzen Erde in einer wüstenartigen Roboterfremde.
 Die ganze Menschheit geht langsam ins Exil. Als hätte sich die Zeit, wie ein Roman, zu Ende geschrieben. Der Autor ist vielleicht jener, der  stellvertretend eine alte Stel lung  hält,  jene Traurig keit, von der Walter Benjamin sprach, aufzuschreiben, die das erzwungene Mit-Spielen mit dem Sieger in uns hervorruft.  Heute aber im neuen Okzident muß der Wider stand umfassend sein, nie mand kann sich freilich an den Gummiwänden den Kopf einschlagen, der Feind , das Gift liegen IM KOPF selbst, denn die stärkste Macht heute ist der men schenvernichtende Irr glaube, daß das Sichtbare mit seiner gemach ten Bilder flut "alles" sei. Jürgen Habermas spricht von einer neuen Lebens lüge; es ist viel mehr. Es ist der Horror eines Science-Fiktion-Films in dem wir zu leben beginnen: Sprache als letztes Relikt der "alten Zeit" verschwindet langsam, er setzt durch optische Signale. Und anstatt der Namen herrschen nun die "Markennamen", "die Welt ist nur noch durch Markennamen zu erkennen," heißt es in der FAZ: "Banken vertreiben Ethik-Founds genauso wie Kunst-Fonds..." die Wirtschaft integriere "immer weitere Bereiche des öffentlichen Lebens," der "öffentliche Diskurs aber (folge) immer mehr den Spielregeln der Markenkommuni kation." "Nur eine Kritik ist noch möglich: der Warentest." So also allen Ernstes die FAZ. Wirtschaft, "Umweltschutz, Literatur, Gastro nomie, Philosophie, Wissenschaft, Ethik, KRIEGSKUNST und Stadtplanung die eng ste Kommunikations gemeinschaft." Und das Fazit: "Bei aller Vielfalt gibt es keine Zerrissenheit mehr. Wer da noch unzufrieden ist, dem kann nie mand hel fen." Ist das nun die neue Heimat? Gar das Paradies? Die Wirklich keit sieht anders aus.  Die alte Gesellschaft liegt im Sterben, ja, in den letzten Zügen seit 89,  Diese Welt verän dert ihre Grundlage, sie ist "vernetzt",  welt weit  Kommunikation- und Informations gemeinschaft, die eine Erleichterung, Befreiung  ist, für den der sie hat, die elek troni schen Haus- und elektronischen Sozialtiere, Datenautobahnen bald, Computer schon massenhaft,  die Reichen und die rei chen Länder und In stitutionen haben sie, und sie nützen sie aus, set zen sie  für ihre Interessen brutal ein, Menschen werden bald nicht mehr ge braucht, eine riesige Arbeitslosen- und Altengesellschaft ist im Kommen.
Meine Damen und Herren,  fast alles, was bisher wichtig zu sein schien, ist wie überholt, unwichtig, fast schon lächerlich,  in bisheriger Form.  Das, was uns um gibt, ist  eine völlig andere, immaterielle  Welt an einer unvorstell baren Grenze zu ei nem neuen Weltmuster und Paradigma. Beispiel: Denken wir nur an unsere "elektronischen Haustiere," Compu ter, Radio, Fernsehen usw. Sie beruhen auf For meln, die einmal "Einfälle", Intuitionen von genialen Menschen waren, es sind ähnliche "Gedanken blitze" wie in der Kunst,  aus ei nem großen kosmischen Informationssy stem, das alles bestimmt. Das Nicht-Ma terielle, das "Geistige" bestimmt heute mehr denn je alles, was geschieht, mentale Prozesse ma chen mit einer durchschlagenden Evidenz Geschichte, Denken wird "objektiv", lernt sich als mathematische Struktur selbst denken, erfährt sich als Ort, wo Naturgesetze offenbar werden, wird praktisch, be herrscht im Gerät die Natur und Gesellschaft. Völlig im Gegensatz dazu be herrscht der krasseste Materialismus die Köpfe und das Handeln. Die Men schen der Gegenwart  bewegen sich und handeln in dieser neuen immateriellen Umgebung  weiter so, als wäre es im mer noch die alte Körperwelt. Das herr schende materielle Denken ist anti quiert, denn es wird immer deutlicher, daß die Welt intelligente Information ist, und Geist, der nicht als Geist erscheint, wie ein bekannter Physiker formuliert!  Und jeder von uns hat diese Kraft in sich, Geist und Phantasie. Ein Grund zur Hoffnung?
Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Das Märchen liegt in der Hand fran kensteinscher gewinnorientierter Teufel. In dieser entstehenden Zivilisa tion des  abso luten "Befreiung" ist die des Scheins und Scheinens, der wir uns erst so richtig tele kommunikativ und multimedial einer totalitären Marktwirt schaft via Pflichtunterhal tung in der Telekratie zubewegen, um diese Antiquiertheit des Denkens, der Begriffe, der Namen, auch Probleme wie heute Abend mit "Heimat" und "Sprache", gar Kultur und Buch, wo doch das total Fremde im schlechtesten Sinne des Wortes als "unmenschlich" existentiell wird. Enteignung der schönen sinnlichen Umwelt,  Vertrei bung aus der Natur, auch aus der eigenen Natur: Es droht der Raub der sinnli chen Umwelt, des Körpers und des Hirns durch direkten Anschluß der Verkauf- und Macht zentralen via Gerät direkt an den Körper, ja, mit Sonden der Mikroelektronik in den Körper, nicht mehr äußere Prothesen, wie Com puter, Telefone, Fernseher, ja, Autobahnen, Flugzeuge, son dern innere Zurüstungen, etwa eines sogenann ten "Da tenhandschuhs", gar eines "Datenanzuges". Der Mensch in lebens langer Intensiv station als Kopfgespenst, der nicht nur Fernsehen sieht, sondern es mit erschafft, in einer Art weltumspannenden "Telepräsenz", wirkliche Blumen, Men schen, Tiere, Dinge verschwinden.  Die Träger des Sehens, Holz, Stein, Menschen, Landschaft, wo man immer wieder hinsehen kann, und es steht im mer noch da, auch wenn wir wegsehen, gibt es nicht mehr, es gibt nur noch das Inbild, also die Erinnerung daran, gespeichert auf Band. "Die Dinge existieren, weil ich mich an sie erinnere, und nicht deshalb, weil es sie irgendwo (wirklich) gibt," schreibt der Architekt Paul Virilio, der diese entstehende Horrorwelt am genausten beschrieben hat. Zurüstung, mit neuen Eingriffen bis in die letzte Intimität  des Denkens und Gefühls, totale Fernüberwa chung, wie es stümperhaft die alten Diktaturen  mit Zensur und  Geheimpolizei ver sucht hatten. Und ein Ekel packt mich jetzt vor allem Apparathaften, sogar vor Scien ce-ficti on, so wie mich früher ein Ekel vor den Losungen, der täglichen Zei tungs papier ge ruch  der gemachten, alles erfassen wollenden  sekundären Realität der KP erfaßt hatte. Wer ist jetzt der gemachte Mann?
Ansätze zum Verschwinden der Körperwelt erleben wir ja "außen" längst: im Verschwinden der Natur: in ihrer Vernichtung durch Bomben. Atom, Raketen durch Ökologie In der Architektur, im  Zubetonieren von Landschaft, im  Umweltverlust. Ei ne  Heimat: Lachhaft.  Die Apokalypse ist keine, sie ist all täglich, gleich nebenan.
Vor einigen Wochen sah ich einen Science-Fiction-Film, der Film nun wie ein diagnostisches Stimmungsbild, das bald Realität sein wird, unaus weichlich. Eine Fami lie, dann ein junges Liebespaar war da zu sehen, sie wa ren in unterirdischen Wohnun gen eingeschlossen, konnten sich nur auf Entfer nung mit "Datenhandschuhen" und in "Datenkleidern" auf Distanz berühren, nie körperlich, und sahen sich nur auf einem riesigen Bildschirm , der eine ganze Zimmerwandseite einnahm, auf der auch Nachrich ten kamen, Schauspiel, Filme, Musik usw. Praktisch gab es nur diese Fernsehhalluzina tion und Berüh rungen via Computer.
Es wäre ja die totale Fremde  und das Fremdsein im eigenen Haus eingeschlossen, denn Heimat ist jene offene Berührung im Nicht gemachten, natürlichen Raum, Abglanz, es ist Aura: Etwa ein Morgen draußen im Freien, starke Wahrnehmung der Umge bung; ein Hahn schon ganz früh morgens um fünf, und dann der erste Sonnenstreif, der auf eine weiße Seite und auf den Tisch fällt, und die Vögel, aus denen es her aussingt,  in diesem Alter der Welt scheint es gut, sich darum zu bemühen, möglichst unmittelbar nahe die Umge bung aufzunehmen, es ist der letzte Widerschein von Glück; der Morgen scheint so taufrisch jung zu sein, wie das Barfußgehen  im Gras als Kind, "Einfühlung" wie eine glückliche Fügung des Au genblicks, das Vibrieren mit dieser umgebenden Duft- und Klang-Aura, Aufmerk samkeit als "Gebet der Seele". Es scheint der wichtigste Widerstand des Einzelnen in dieser Spätzeit zu sein, in der Nähe Ferne, das Rätsel da zu sein: Distanz durch verwunderte Sensibilität, und scheues Auftreten angesichts des unfaßbaren Ab grundes bei jedem Schritt, Respekt, anstatt des heute üblichen Zynis mus bei all den Ent-Täu schungen. Erleuchtung der Langsamkeit. "Nie, nie schnell werden"  Abta sten der Städte und Landschaf ten, Zart heit, Zärtlichkeit, schon mit den Men schen und den ein fachsten Dingen des Alltags durch die, wenn wir es merken, etwas Un denkbares durchscheint. oweit es überhaupt noch Landschaften,  Meere und Dinge gibt. Klingt das nicht schon jetzt wie eine Utopie? In einer sich anbahnenden Welt mit dem häuslichen und beruflichen "Cockpit", der "Luxuszelle", der telebe wußte So lipsismus  des Invaliden und Krüppels eines "modernen Menschen". Und wäre nicht hier die Aufgabe der Literatur, der Kunst, falls es überhaupt noch so etwas geben sollte, Anzugehen wider die ses furchtbare radikale Exil, eine FREMDE, das Wirk lichkeit zu werden droht?
Zeit, Gespenst meines Kopfes,
grausamer Herr, der mich jagt,
ich glaube an dich.
Herr der Zeitersparnis, Herr, der Hetze,
der Wahnzeit, Herr der Augenblicke, elendes Paradies.
ER aber, läßt Er sich überlisten
auf Matt Scheiben, er,
von dem niemand nichts weiß.
Hinter seinem Rücken vorbeijagen, die Ewigkeit
erreicht auf die Schnelle?
Du alter müder Herr,
wir leben nicht, wir leben
im Zeitkrieg.
( Vortrag im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf,  27.April 1995)
Vortragsreihe: Die Heimat und das Fremde. )

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