SPORTBLOG.CC Reihe – Sportarten, für die sich keiner interessiert (27): Kraftdreikampf

Kraftdreikampf (int. Powerlifting) ist ein Kraftsport, der sein Dasein im Schatten der olympischen Gewicht-Disziplinen Reißen und Stoßen fristet. Dabei hat ihn fast jeder Sportler schon einmal praktiziert. Ein Wettkampf besteht aus Bankdrücken, Kreuzheben und Kniebeugen – jenen drei „Königsübungen“ des Krafttrainings also, die in Fitnessclubs und bei jedem Grundlagentraining obligat sind.

Einblicke in diesen Sport kommen diesmal von einem Profi selbst. Andreas Jandorek ist Physiotherapeut, Turnlehrer, 3-facher Staatsmeister und EM-Vierter im Kreuzheben 2012. Er erklärt, worauf es in diesem Sport ankommt und wie man dafür trainiert.

Debeanz: Was fasziniert dich am Kraftdreikampf, warum betreibst du diesen Sport?
Andreas Jandorek: Mich fasziniert vor allem die Tatsache, dass man sich innerhalb kurzer Zeit, nämlich während den ca. drei Sekunden einer einzigen Wiederholung mit maximalem Gewicht, völlig verausgaben kann. Um zu einem so kurzen Zeitpunkt maximale Leistung bringen zu können, muss man aber jahrelang trainieren.

Welche körperlichen Fähigkeiten braucht man, um im Kraftdreikampf erfolgreich zu sein?
Eine sportliche Vorbildung ist prinzipiell nicht schlecht. Die meisten kommen ohnehin erst zum Dreikampf, nachdem sie schon in einer anderen Sportart Erfahrung auf Leistungsebene gemacht haben. Eine genetische Veranlagung zum schnellen Kraftaufbau ist ebenfalls wichtig, und auch die Körpergröße spielt eine gewisse Rolle. Für Kreuzheben und Kniebeugen ist Größe ein Nachteil, beim Bankdrücken eher ein Vorteil.

Wo trainierst du?
Viele Kraftdreikämpfer trainieren daheim oder in Studios, die dafür einen eigenen Bereich haben. Ich wohne ich Kennelbach (Vorarlberg/Österreich) und habe mir meinen Keller als Kraftkammer eingerichtet. Studiomitgliedschaften sind mir zu teurer. Mein Trainingskollege Christian Baschnegger und ich haben das Equipment gerbraucht auf ebay gekauft. Die gesamte Keller-Ausrüstung hat nicht mehr als 2.500 € gekostet.

Braucht man spezielle Kraft-Geräte?
Ja. Wir trainieren ja regelmäßig mit rund 300 kg, deshalb sind Kraftdreikampf-Geräte robuster als herkömmliche Bänke und haben auch spezielle „Safeties“ eingebaut. Beim Bankdrücken z.B. wird die Stange durch ein spezielles Gerüst abgefangen damit sie nicht auf Brust oder Hals fallen kann. Und unsere Stangen sind steifer als die üblichen Gewichthebe-Stangen.

Wie führt man Bankdrücken, Kreuzheben und Kniebeugen technisch richtig aus?
Für die Kniebeuge bring man das Gewicht auf den Nacken, steht stabil und wartet, bis der Kampfrichter das Kommando „beugen“ gibt. Dann senkt man soweit ab, dass die Hüftoberkante unter der Knieoberkante ist, wieder hochkommen und stabil stehen, bis der Kampfrichter beendet.

Kniebeuge mit Langhantel
Credit: flickr/travelingmcmahans

Beim Bankdrücken senkt man ebenfalls das Gewicht ruhig auf die Brust ab, mit dem Kommando „press“ hochdrücken, oben stabilisieren und warten, bis der Kampfrichter beendet. Gesäß anheben, oder die Hantel vom Bauch statt von der Brust wegdrücken wird als Fehler gewertet.

Bankdrücken mit Langhantel
Credit: flickr/travelingmcmahans

Beim Kreuzheben wird die Langhantel in einer fließenden Bewegung hochgehoben und wieder abgesenkt, aber wieder jeweils auf das Kommando warten. Trotz Kreuzgriff besteht bei 300 kg aber immer die Gefahr, dass die Finger aufgehen. Eine Lösung sind Daumenklemmen, aber die sind relativ schmerzhaft.

Kreuzheben mit Langhantel
Credit: flickr/travelingmcmahans

Nach welcher Methode trainierst du?
Mit meiner Trainingsgruppe in Kennelbach gliedere ich das Jahr in Vorbereitungs- und Wettkampf-Phasen. Die ersten 2 Wochen im Jahr beginnen wir mit Wiederholungen über 10. Danach reduzieren wir auf 6-8 Wh/4-6 Sätze, dann 3 Wh/3 Sätze und zum Schluss 2 Wh/ 5 Sätze. Maximalbelastungen wie im Wettkampf, mit nur einer Wiederholung, kommen im Training so gut wie nie vor.

Und wie läuft so ein Training dann bei euch ab?
Am Anfang jeder Einheit steht allgemeines Aufwärmen, ein paar Vorübungen mit dem Theraband, Laufen usw., wie jeder möchte. Danach folgen Übungen mit der leeren Stange, um dann langsam bis zum Wettkampfgewicht zu steigern. Pro Trainingseinheit werden alle 3 Geräte trainiert (Bankdrücken, Kreuzheben, Kniebeugen), je nach Wettkampfperiode auch ergänzende Sachen wie Ausfallschritte, Schulter- und Trizeps-Übungen aber auch Strongman-Übungen wie Auto-ziehen usw.

Was sind deine aktuellen Gewichtrekorde?
Ich trete in der Gewichtsklasse bis 93 kg an. Mein Rekord ist bei den Kniebeugen 310 kg, beim Kreuzheben 300 kg und beim Bankdrücken 235 kg. Zum Vergleich: Ein Gewichtheber stößt etwa nur 270 kg. Das liegt aber nicht daran dass wir besser sind, sondern weil die Übungsausführung beim Kraftdreikampf technisch nicht so anspruchsvoll ist wie beim olympischen Gewichtheben.

Welche Nahrungsergänzungsmittel sind deiner Meinung nach sinnvoll?
Ich persönlich nehme relativ wenig und versuche prinzipiell alles über eine normale Ernährung abzudecken. In der hochintensiven Wettkampfvorbereitung nehme ich zusätzlich Kreatin und rund 2g Protein pro Körpergewicht am Tag. Ob Kreatin hilf, wurde ja viel diskutiert. Ich persönlich finde, dass es mir merklich bei der Regeneration hilft. Daher nehme ich ab 4 Wochen vor einem Wettkampf 5 g pro Tag.

Stichwort Schmerzen. Wie groß ist die Verletzungsgefahr bei eurem Sport?
Prinzipiell eher niedrig. Wir machen ja langsame, kontrollierte und sicher ausgeführte Bewegungen. Am meisten Verletzungen gibt’s noch beim Bankdrücken, aufgrund des hohen Gewichtsgibt es oft Schulterprobleme. Und langjähriges Training bringt natürlich wie in jedem anderen Sport Abnützungserscheinungen. Bei den österreichischen Meisterschaften im April 2011 gab es wieder eine böse Geschichte. Ein Teilnehmer hat sich bei der Kniebeuge beide Quadrizeps (Oberschenkelmuskeln) durchgerissen. Der Mann war aber leichtsinnig, er wollte sich trotz langer Trainingspause offensichtlich etwas beweisen.

Welche Nationen haben im Moment die besten Kraftdreikämpfer?
Sicher Russland und der ganze Ostblock. Die haben sich in den letzten Jahren sehr genau mit der Biomechanik und der Technik beschäftigt. Der Sport ist dort auch bekannter als bei uns. Zwar können Dreikämpfer auch dort nicht von ihrem Sport leben, aber sie haben zumindest gute Chancen auf einen honorierten Fitnesstrainer-Posten. In Österreich kräht eher kein Hahn nach dir, wenn du im Kraftdreikampf erfolgreich bist. Norwegen und Deutschland haben aber auch ein hohes Niveau.

Andreas, danke für das Gespräch! 

Portraitbild Andreas JandorekAndreas Jandorek ist erfolgreicher Nachwuchs-Turnlehrer bei der Turnerschaft Kennelbach. Nach einer Wirbelsäulenverletzung in seiner aktiven Zeit als Leistungsturner wechselte er zum professionellen Kraftdreikampf.

Credit: www.tskennelbach.at

Bildcredit Header:
www.vts.at

Link: Wikipedia Powerlifting


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