Sie ist wieder da, sie ist wieder „in“ – Sportbekleidung aus Merinowolle. Galt sie doch lange Zeit als nicht mehr zeitgemäß – zu stark war seit Anfang der 1980er Jahre der Run auf die vergleichsweise dünnen und atmungsaktiven Kunstfasertextilien. Doch seit einiger Zeit zeichnet sich bei Sportbekleidung wieder ein starker Trend in Richtung Merinowolle ab – dabei handelt es sich um feinste Merinowolle. Ihr Comeback als neue Faser in Sachen Funktionsbekleidung ist offenbar geglückt: Sie wird inzwischen auch als „Zehnkämpfer der Faserwelt“ bezeichnet. Die alten Zeiten mit den schweren und verschwitzten Wolltrikots gehören damit endgültig der Vergangenheit an.
Vorteile ohne Ende
Was zeichnet Merinowolle aus – was macht sie gerade für den Sportbereich so attraktiv? Die Liste der Vorteile von Merinowolle ist lang. Zu allererst ist es der feine, seidige Griff, welcher diese Wolle so unvergleichlich macht: Der Durchmesser von Fasern der feinsten Merinowollen bewegt sich im Bereich von lediglich 16 Mikron. Wie fein diese Faser tatsächlich ist, erschließt sich bei einem Vergleich mit dem menschlichen Haar: Dieses kommt nämlich auf etwa 100 Mikron. Damit sind diese super beziehungsweise extra feinen Wolltypen für funktionelle Wollunterwäsche bestens geeignet. Für Mützen, Pullover und Socken kommt hingegen feine Merinowolle mit einer anderen Faserfeinheit zum Einsatz: Diese liegt bei 19 bis 23 Mikron.
Unbestritten sind auch die regulierenden Eigenschaften der Merinowolle: Sie zeichnet sich einmal durch Thermoregulierung aus, welche verhindert, dass äußere klimatische Bedingungen den Körper zu schnell beeinträchtigen und behindern: Bei Kälte im Winter hält die Wolle also warm, während sie bei Hitze im Sommer den Körper angenehm kühl hält. Auch der Feuchtigkeitstransport stellt kein Problem dar – ist die Faseroberfläche (Schuppen) doch hydrophob und damit feuchtigkeitsabweisend. Zudem kann die Wollfaser viel Feuchtigkeit aufnehmen und nach außen abgeben – bis zu ein Drittel des eigenen Gewichts, ohne dass dabei ein Nässegefühl entsteht und ohne Verlust ihrer thermoregulierenden Eigenschaft. Merinowolle zeichnet sich darüber hinaus durch besondere Atmungsfähigkeit aus – diese ist vor allem auf ihre schuppige Faseroberfläche zurückzuführen. Als natürliche Hohlfaser zeichnet sich Wolle ohnehin durch eine starke Wärmeisolierungsfähigkeit aus. Die schützende Wirkung vor UV-Strahlung lässt jeden Träger am Ende freudig strahlen – LSF 50 inklusive.
Mit Eigenschaften wie antibakteriell und antiallergisch kann Merinowolle ebenfalls punkten: Da Wolle eine Proteinfaser ist, kann sie viele schädliche Substanzen – zum Beispiel Bakterien und Viren – binden und so deren Zersetzung und Vermehrung in Grenzen halten. Dieser Tatsache ist es auch zu verdanken, dass ein Wollkleidungsstück in der Regel nicht unangenehm riecht – selbst nach häufigem Tragen. Allergische Reaktionen auf Schafwolle sind (bisher) nicht bekannt – allerdings nicht zu verwechseln mit der sogenannten „Allergie“ auf den Griff der Wolle. Doch auch hier kann Abhilfe geschaffen werden – via spezieller, sich seidig und superfein anfühlender Merinowolle. Ein großes Plus der Wollfaser im Vergleich zu den meisten Chemiefasern ist auch ihre Elastizität – sie ist schon von Natur aus elastisch: Eine Beimischung elastischer Materialien tut nicht not – Wolle ist in der Lage, sich bis zu 30 Prozent auszudehnen und anschließend in ihre Ursprungsform zurückzukehren. Und ihre Reinigung scheint unkompliziert – in der Maschine bei lediglich 30 Grad. Empfehlenswert erscheint allerdings ein Wäschesack, in dem die Kleidungsstücke dann auch garantiert unversehrt den Waschgang überstehen. Wer auf der ganz sicheren Seite sein möchte, der kann auch auf spezielle Waschmittel für Merinowolle zurückgreifen – zum Beispiel WOOL WASH mit seiner insgesamt revitalisierenden Wirkung: Es wirkt dabei nicht nur schonend, sondern neutralisiert auch Gerüche spielend.
Ein paar Nachteile
Natürlich hat auch Merinowolle ein paar Nachteile gegenüber Kunstfasern.
Diese beginnen beim sogenannten Mulesing: Dabei handelt es sich um ein vor allem in Australien angewandtes Verfahren, das einen Befall mit Fliegenmaden bei den Merino-Schafen verhindern soll. Dieses grausame und auch tierquälerische Verfahren wurde dort zwar Ende 2010 verboten, aber dies schließt nicht aus, dass es doch anderswo – zum Beispiel in Asien – weiterhin zur Anwendung kommt. Zumindest bei billiger Merinowäsche dürfte dies der Fall sein. Bekannte Hersteller wie SmartWool, Icebreaker, Mammut & Co. haben sich auf eine Produktion ohne Mulesing verpflichtet. Dies schlägt sich natürlich auch in einem höheren Preis für deren Produkte aus Merinowolle nieder.
Im Vergleich zu Kunstfaser ist Merinowolle gegenüber Beanspruchung in der Regel empfindlicher. Die Knötchenbildung an einzelnen Druckstellen ist ein bekanntes Beispiel. Auch das Waschen der Wolle gestaltet sich nicht immer so unkompliziert wie es von manchen Herstellern gern dargestellt wird: Ein spezielles Waschmittel, das den besonderen Bedürfnissen der Merinowolle gerecht wird, erscheint daher empfehlenswert. Und hinsichtlich der Trocknungszeit liegt die Kunstfaser auch vorn.
Keine Frage auch: Unterwäsche/Funktionsbekleidung aus Merinowolle kostet im Normalfall einfach mehr als jene aus Kunstfasern. Ein gewisser finanzieller Ausgleich ergibt sich im Nachhinein, wenn man die Langlebigkeit der Produkte aus Merinowolle berücksichtigt.
SmartWool & Co. – Pinoniere der Funktionsbekleidung mit Merinowolle
Bekannte Firmen wie SmartWool, Icebreaker oder Bergans haben die Vorteile der Merinowolle längst erkannt: Sie haben sich auf die Herstellung von Sportbekleidung – aus Merinowolle – spezialisiert. Doch auch X-Bionic glänzt mit neuer Funktionsbekleidung aus Merinowolle wie zum Beispiel das „X-Bionic IAP003 Apani Merino Longsleeve Shirt Herren“ belegt (95 % Saxon-Merinowolle, 5 % Natur Kautschuk). Auch Haglöfs, Craft und nicht zuletzt Ortovox setzen stark auf Merinowolle – die „Ortovox Merino 185 Long Pants Men black raven Modell 2014“ aus 100 Prozent Merinowolle seien hier stellvertretend genannt. Auch innovative Stoffentwicklungen wie das von der Australian Wool Innovation (AWI) erst 2010 eingeführte Konzept „MerinoPerform“ stehen für Merino im Sportbekleidungsbereich.
Beim Label SmartWool hingegen ist schon der Name Programm: Bereits 1994 erkannte das Unternehmen aus Steamboat Springs (Colorado) stammende Unternehmen die Bedeutung der Merinowolle – smarter Merinowolle – als technische Faser für Ski-, Bergsport- sowie Outdoorbekleidung. Was dort einst mit einer Skisocke aus Merinowolle begann und einen neuen Trend begründete, hat sich inzwischen weltweit durchgesetzt – nicht nur auf der Skipiste. Mit fast 100 Prozent Merinoanteil – genau sind es 86 Prozent – bei der warmen Wintersocke Snowflake Flurry bleibt SmartWool der Merinowolle auch heute treu. Auch wer eine Berg- und Skitourenjacke mit Kapuze aus dem Hause SmartWool mit Merinowolle sein Eigen nennen möchte, der wird nicht enttäuscht: Das „PhD SmartLoft Divide Hoody Sport“ besteht zwar außen aus wasserabweisendem Nylon, auf der Innenseite findet sich jedoch feinste Merinowolle – und dies sogar zu 100 Prozent.
Auch spezielle Internetshops wie Merino (merino-shop.com) oder Merino-Store (merino-store.com)haben sich ganz der Funktionsbekleidung aus Merinowolle verschrieben.
Fazit
Kein anderer textiler Rohstoff verfügt über so viele verschiedene positive Eigenschaften – kein anderer textiler Rohstoff verfügt über so viele All-in-one-Eigenschaften wie die Wollfaser. Keine Frage: Merinowolle gilt als absolutes Multitalent. Getrübt werden die zahlreichen Vorteile im Prinzip nur durch den vergleichsweise hohen Preis. Doch spätestens nach der nächsten Tour weiß man, dass man mit Merinowolle auf dem richtigen Weg war: Wer einmal Produkte aus Merinowolle getragen hat, der vergisst den Weg nie mehr. Wie heißt es doch so schön bei SmartWool: „Feels good.“