[Der Bhagavan antwortete:] “Oh Sohn guter Erziehung, diese Große Vollkommenheit ist das Fahrzeug zur unübertroffenen Verwirklichung. Die Realisation dieser großen Realität, die alles in Samsara und Nirvana durchdringt wird der letztendliche Erleuchtungsgeist des Grundes genannt. Bloß das ist zu verstehen. Abgesehen davon ist der sogenannte Geist des Erwachens, der vom Intellekt angestrengt erzeugt wird, ein Geisteszustand, in dem man sich selbst als den Meditierenden und andere fühlende Wesen als Objekte der Meditation sieht. Diese Haltung ist begrenzt wie eine Teetasse. Im Bereich der Großen Vollkommenheit kennt man die ursprüngliche Natur der großen Gleichheit von Samsara und Nirvana, die Art und Weise des Daseins des Grundes an sich einfach durch die Mittel der großen, alles kennenden, ursprünglichen Weisheit der Allwissenheit. Zu sagen, man hätte einen Erleuchtungsgeist, der größer als die Schau der großen, alles sehenden, uranfänglichen Weisheit ist, würde gleich dem sein, man hätte Wasser und dennoch sagt man, man muss noch irgendwo anders nach Flüssigkeit suchen. Der ursprüngliche, uranfänglich reine Grund, die große Realität, die alles in Samsara und Nirvana durchdringt, ist der Geist des Erwachens. Ohne diese Kenntnis, ist das gütige Empfinden von Mitgefühl und Liebe der Eltern für ihre Kinder ein verdinglichter, begrifflicher Geisteszustand. Mit dem allein mag man nach einer glücklichen Wiedergeburt streben, aber zu hoffen, dass dies zur Buddhaschaft führen wird, ist genauso sinnlos wie die Hoffnung, dass der Sohn einer unfruchtbaren Frau ein Haushälter werden könne.”
Aus dem Vajra-Herz-Tantra des Dudjom Lingpa.
(c) deutsche Übersetzung: Ngak’chang Rangdrol Dorje (Enrico Kosmus, 2014)
