Geburtstage sind doch immer die besten Ausreden, dekadente Torten zu backen. Wie gut, dass mein Kölsche Mädel neulich ihren feierte und ich diesen pinken Mädchentraum nachbacken konnte, den ich schon seit einigen Tagen bei helllilablassblau bestaunt habe. Bestaunt? Okay, ich habe sabbernd vor dem Bildschirm gesessen und Geräusche gemacht, die sonst nur aus mir rauskommen, wenn ich fluffige Katzenbabys sehe. Und junge Hunde. Und eben totally awesome Torten. Pinke Torten. Mit Himbeeren. Get it? Ich mutierte zum absoluten Mädchen.
Ich muss also zugeben, ich habe dieses tolle Törtchen auch aus reinem Egoismus gebacken. Das Girly Girl in mir wollte sie einfach haben. Allerdings passte es doch ganz gut, dass mein Kölsche Mädel eben auch ein echtes Mädchen sein kann (wenn sie mir nicht gerade in Boxhandschuhen und Schienbeinschonern gegenüber steht) und Rosa voll ihre Farbe ist. Wie es sich gehört, liebt sie Himbeeren und Schokolade gleichermaßen. Erkennt ihr die Parallelen zu dem Träumchen eines tollen Törtchens? Passt. Wie die Faust aufs Auge…
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Projekt Tolles Törtchen pünktlich zum Geburtstag von meinem Kölsche Mädel fertig werden sollte. Für sie (und das Törtchen) würde ich sogar einmal auf eine Stunde Kickboxen und an einem Tag sogar komplett auf meine kleine Sucht verzichten. Der Plan sah folgendermaßen aus: Mittwoch: Feierabend, Sport, Einkaufen, Boden backen. Donnerstag: Feierabend, Torte fertig machen. Wie das Leben nun mal so spielt, wurden meine Pläne durchkreuzt. Mit einem dicken, fetten, roten Edding. Phase Eins lief so gut an, nach dem Feierabend ging ich wie gewohnt zum Sport, bis…. Zack! Bumm! Peng! Meine Wade im Eimer war. Nach einem Umweg ins Krankenhaus war ich um halb elf — ausgestattet mit einem Muskelfaserriss, einem Gips und Krücken — wieder Zuhause. Mit dem Einkaufen war das wohl nichts.
Doch was wäre ich für eine Kickboxerin, wenn ich keinen Kämpfergeist hätte? Ziemlich aufgeschmissen, denn ohne Auto musste ich am nächsten Morgen mit dem Bus und dann noch einen knappen Kilometer zu Fuß zurück zum Krankenhaus. Völlig verschwitzt und aus der Puste kam ich dort an. Wie gut, dass ein Lidl direkt an meinem Rückweg lag, denn so konnte ich ohne Umwege das Projekt Traumtörtchen doch noch retten. Die Welt der Krückenbestückten ist allerdings voller Tücken, denn wie einen Einkaufswagen schieben oder einen Korb tragen? Gewitzt wie ich manchmal sein kann (ja, solche Momente gibt es) schnallte ich mir meinen Rucksack auf die Brust, machte ihn auf und warf einfach fröhlich alles hinein, was ich so brauchte. Gut, dass Lidl wirklich alles da hatte, was mir noch fehlte, sonst wäre das Projekt rosarotes Mädchentörtchen doch noch den Bach runter gegangen, woanders wäre ich nicht mehr extra hingehoppelt. Ausgestattet mit Bio-Eiern, frischen und eisigen Himbeeren, haufenweise leckerer Zartbitterschokolade (gerade wenn so viel Schokolade im Teig und auf dem Törtchen ist, greife ich gern zu der Zartbitter von J.D. Gross, die eignet sich wunderbar für Schokotorten, Mousse au Chocolat und Co.) und anderen Dingen machte ich mich dann auf, auch noch den Rest meines Weges mit eisernem Willen zu bezwingen. Für die 20 Minuten, die ich im Krankenhaus verbracht habe, war ich drei Stunden auf Krücken unterwegs. Seitdem hüpfe ich lieber.
Bei solchen Verletzungen ist eine kleine Küche ein unglaublicher Vorteil, denn: Die Strecken sind kurz. Die kann ich auch hüpfen. Ich sags euch, mein rechtes Bein wird nach der ganzen Geschichte so gestählt sein wie nie zuvor. Und: Das mit dem Edding war vielleicht etwas übertrieben, schließlich ist das tolle Törtchen ja doch noch fertig geworden. Jetzt aber genug erzählt, hier folgt das Rezept! Es ist übrigens etwas anders als das von hellilablassblau, hier und da habe ich Kleinigkeiten abgewandelt. Im Originalrezept ist beispielsweise kein Espresso, ich finde aber, dass er die Schokolade wunderbar unterstreicht und den Teig kräftiger werden lässt.
Das brauchts für die Dunkle Seele im Himbeermantel
…für die dunkle Brownie Seele
4 Bio-Eier
1 Päckchen Bourbon Vanille-Aroma
225 g Butter
350 g Rohrzucker
200 g Zartbitterschokolade (mind. 70% / z.B.: J.D. Gross von Lidl)
1 Tässchen Espresso
50 g reiner Kakao
270 g Weizenmehl
1 TL Backpulver
1/2 TL grobes Salz
100 g TK-Himbeeren
…für den Himbeermantel (a.k.a. Meringue Buttercreme)
250 g sehr weiche Butter
250 g Zucker
4 Bio-Eier
Salz
100 g TK-Himbeeren
…für die Glasur und die Deko
100 g Zartbitterschokolade
50 g Butter
1 Schälchen frische Himbeeren
So wirds gemacht
…für den Brownie-Teig
- Eine 20 cm Springform mit Backpapier auslegen und den Rand fetten. Wer zwei hat, macht es mit beiden Formen.
- Mehl, Kakao, Backpulver und Salz in eine Schüssel sieben und bereit stellen.
- Die Schokolade und die Butter zusammen mit dem Espresso in einen Topf geben und auf niedriger Stufe schmelzen. Alles gut miteinander verrühren, so dass sich eine homogene Masse ergibt.
- Die Eier mit dem Vanillearoma in eine Rührschüssel geben und mit dem Schneebesen auf höchster Stufe schaumig schlagen. Dabei langsam den Zucker einrieseln lassen. Weitere 2-3 Minuten schlagen.
- Nun die abgekühlte, flüssige Schokolade in den Teig einfließen lassen und kurz einrühren.
- Jetzt die Mehlmischung portionsweise zum Teig geben (gern wieder mit dem Sieb) und unterheben.
- Jeweils die Hälfte des Teiges in eine Springform geben und Himbeeren in den Teig drücken. Ich nehme gern gefrorene Himbeeren, sie gehen dabei nicht so schnell kaputt. (Wer nur eine Springform hat: Die zweite Portion wird danach gebacken) und für mindestens 40 Minuten in den Ofen schieben. (Stäbchenprobe)
- Den Teig vollständig auskühlen lassen, die Oberfläche mit einem langen Brotmesser begradigen und jeweils einmal quer durchschneiden (ich habe den Teig so ungleichmäßig in die Formen gefüllt, dass ich nur einen Teig geteilt habe und letztlich nur drei Böden hatte, hat aber auch super funktioniert).
…für die Himbeercreme
Die Meringue Buttercreme ist das Einzige an dem Törtchen, das etwas komplizierter ist. Aber keine Bange, um Quantenphysik handelt es sich bei ihr auch nicht. Wert kein Thermometer hat, macht es eben ohne. Sollte die Buttercreme versehentlich gerinnen, das heißt flockig werden, muss sie auch nicht aufgegeben werden. Einfach die Schüssel erwärmen und rühren, rühren, rühren. Auf gehts!
- Die Himbeeren sollten aufgetaut sein. Dann werden sie mit einem Stabmixer püriert und anschließend durch ein Sieb passiert. (Da der Stabmixer in der WG-Küche mit Abwesenheit glänzt, habe ich mich auf das Passieren beschränkt.)
- Die Eier werden getrennt und das Eiweiß gemeinsam mit dem Zucker in eine hitzebeständige Schüssel gegeben, die auf einen mit Wasser gefüllten Topf passt. Das Wasser wird zum köcheln gebracht und die Schüssel darauf platziert. Mit einem Schneebesen wird das Eiweiß schaumig geschlagen, bis sich der Zucker aufgelöst hat und die Masse etwa 65°C erreicht hat. Das kann mehrere Minuten dauern.
- Die Schüssel wird jetzt vom Topf genommen und der Eischnee mit dem Mixer weiter auf mittlerer Stufe geschlagen, bis die Meringue wieder abgekühlt ist, das dauert etwa 5-7 Minuten.
- Nun wird Stückchenweise die Butter dazu gegeben und jedesmal so lange eingerührt, bis sie sich gleichmäßig verteilt hat.
- Zum Schluss kommt das Himbeerpüree hinzu. Kurz einrühren, fertig.
…Törtchenbau
Ich habe das Törtchen gleich auf der Tortenplatte zusammen gebaut, wer es noch versetzen können möchte, legt ein mindestens 3 mm starkes Cakeboard unter, das ist stabil genug, die Torte zu halten.
- Auf die Platte oder das Cakeboard wird ein kleiner Klecks Creme gegeben, der sorgt dafür, dass die Torte nicht verrutscht.
- Der unterste Boden wird platziert und dünn mit der Himbeer-Buttercreme bestrichen, dann mit dem nächsten Boden belegt. Den Schritt so lange wiederholen, bis alle Böden aufeinander gestapelt sind.
- Jetzt wird das Törtchen rundherum mit einer dünnen Cremeschicht eingestrichen. Sie bindet Krümel und sorgt so dafür, dass später keine dunklen Schatten durchblitzen. Das Törtchen kommt jetzt für eine halbe Stunde in den Kühlschrank, dort wird die erste Cremeschicht schön fest.
- Nun wird das Törtchen gleichmäßig mit der restlichen Creme eingestrichen, so dass eine glatte Oberfläche entsteht und der Teig nicht mehr durchscheint. Ich benutze dazu ein Palette-Messer und einen glattem Spatel.
- Ist die Cremeschicht drauf, wandert die Torte erst einmal in den Kühlschrank.
…für die Glasur und Deko
- Das Törtchen sollte gut durchgekühlt sein, ich habe sie die Nacht über im Kühlschrank geparkt. So wird die Schokolade schön schnell fest.
- Die Schokolade und die Butter zusammen in einem Topf zum Schmelzen bringen und gut verrühren. Vom Herd nehmen und gut abkühlen lassen, so dass die Schokolade nur noch lauwarm und leicht dickflüssig ist.
- Das Törtchen aus dem Kühlschrank nehmen und die Schokolade langsam auf die Oberfläche kippen. Währenddessen die Schokolade mit einem Messer oder einem Spatel auf der gesamten Oberfläche verteilen und vorsichtig über die Ränder laufen lassen.
- Sobald Du merkst, dass die Schokolade nicht mehr von selbst verläuft, lässt Du die Finger davon, denn sonst sieht man hinterher die Spuren und man hat keine glatte Glasur mehr.
- Jetzt noch ein paar frische Himbeeren in der Mitte stapeln und auf der Tortenplatte verteilen.
Natürlich war mein Kölsche Mädel hin und weg von ihrem zuckersüßen Mädchentörtchen. Glücklicherweise war ich in Begleitung von Mr.J., der die schwerwiegende Verantwortung des Törtchentransports auf seinen breiten Schultern trug. Nach viel Bewunderung der Mädchentruppe (Ja, mit Backen kann man wunderbar Angeben, ohne ein einziges Wort zu verlieren) wurde im Verlauf des Abends nach dem Anschneiden des Törtchens verlangt. Mein Kölsche Mädel kam der Aufforderung nur zu gern nach und versengte Stolz ein langes Messer im saftigen Teig, aber nicht, ohne vorher noch ein paar Beweisfotos zu knipsen:
Bei so viel Begeisterung ist das Beschenken gleich doppelt schön und das Backen erst recht. Und das Girly Girl in mir hat auch bekommen, was es wollte. Das nenne ich eine Win-Win-Situation.
Eines der schönsten Komplimente, die man sich als Tortenbäckerin wünschen kann, sind Worte der “Bekehrung”. So unvorstellbar es für einen Chocaholic wie mich auch sein mag, es gibt Menschen, die nicht so sehr auf Schokoladentorten abfahren. Mit der dunklen Brownie Seele fällt auch dieses Schätzchen in jene Kategorie, da darf man sich von dem rosaroten Mantel nicht täuschen lassen. Wenn mir dann ein Non-Chocaholic sagt, dass sie das Törtchen trotzdem super fand, bin ich stolz wie Oskar.