Was tatsächlich folgt, ist ein (zugegeben: ulkiger) Ausbruch aus einem Gefängnis, und "Sugarland Express" adaptiert im Anschluss daran schlicht "Duell" – im Verhältnis von Jäger und Gejagtem auf eine dementsprechend personellere Ebene gehoben, kokettiert Spielberg mit ebendiesem Thema, dass er im nächstfolgenden Kinofilm "Der weiße Hai" auf einen schöpferischen Höhepunkt treiben sollte.
"Sugarland Express" vermengt dagegen die in komprimierten Reisestationen angeordnete Charakteristik des Roadmovies mit makabren humoristischen Einsprengseln (durchaus hervorzuheben: die transportierbare Toilette) einer für das kindliche Gemeinwohl stehenden Entführungsgeschichte, die gleichermaßen Täter wie Opfer menschlich näher zusammenrücken lässt, eine Spur von Bonnie und Clyde hat das; gegen die republikanische Staatsgewalt träumt ein Paar ihren Traum vom ungehinderten, ehrbaren Familienglück. Ein Sujet, das für Spielberg maßgeschneidert ist, und das er beachtlich früh in seinem Schaffen so geschlossen erzählt, als wenn er sich auf nichts anderes verstanden hätte, als über die rebellischen Träumereien der Liebe und ihrer Suche zielgerichtet zu räsonieren.
Der Film unterstreicht zusätzlich jene Portion naive, glorifizierende Spielberg-Magie in einer der Weltlichkeit entrückten Märchenutopie: Als Volkshelden frenetisch umjubelt, zweifelt selbst ein hartgesottener, erfahrener Polizist (Ben Johnson) am moralischen Sinn seiner Motive, dem vorbestraften Ehepaar eine (tödliche) Falle zu stellen. Mit dem fluffigen Williams-Score (erste künstlerische Kooperation zwischen ihm und Spielberg), ausgefeilt inszenierten Actionszenen und ästhetischen Eindrücken einer Armada an Fahrzeugen stilistisch reizvoll, schlägt "Sugarland Express" letztlich die symbolische Brücke zu "Duell". Beide enden sentimental im Sonnenuntergang, lichtdurchdrungen.
6 | 10