Essen nur noch per Kleingeld, das aus einem Automaten purzelt, und der Weg zur Freiheit hinter den Schaufenstern hängt davon ab, welcher Stempel, der grüne oder der rote, das Einreiseformular verschönert oder verschlechtert: Das ist ein Flughaufen in seiner gespenstischen Routine, ein uneinnehmbarer Regierungsersatz, in dem ein Menschengedränge wie nach Drehbuch aneinander vorbeirauscht, um als lebendes Dokument wieder herauszustürzen, in dem tonnenweise kryptische Zahlen und verschlüsselte Botschaften auf merkwürdig wirren Informationstafeln das Schicksal lenken, ein Ort der Erwartung und des Wartens, der Bewegung, der Begegnung, des Innehaltens, des schweifenden, frustrierten Blickes, dort , wo das namenlose Miteinander das Individuelle des Einzelnen erdrückt. Flughäfen können deprimierend sein.
Doch Spielbergs "Terminal" gibt sich nicht sehr tadelnd, nicht sehr deprimierend, und als direkter stilistischer Nachfahre von "Catch Me If You Can" übt er sich im Austausch dafür in der Konzeption eines tendenziell romantisierenden Lebensgefüges, umringt von der Freude an der Lockerheit – trotz der Hölle bürokratischer Paragraphenwut in einem Einwandererland. Nicht nur "Catch Me If You Can" verstand sich als gelöste Groteske, auch "Terminal" reflektiert den komödiantischen Schalk folgerichtig, die Trivialität ebenso wie das Pathos des freien Willens. Mittendrin die Traumhochzeit zweier Angestellter, ein, natürlich, unbelehrbarer Sicherheitsdirektor (Stanley Tucci), Napoleon und ein osteuropäischer, unverkrampfter, aufgewühlter Spaßvogel und Heimatloser (Tom Hanks), der kein Wort versteht, dem Geheimdienst zufolge jedoch keiner vom Geheimdienst ist, da mit Crackern und Ketchup und Senf bewaffnet.
Soviel zur echten Flughafentristesse, aber die Klasse seines inoffiziellen Vorgängers kann Spielberg dagegen nicht halten, zu gelangweilt handelt er die absehbaren Muster einer Feel-Good-Beglückung im feindlichen Territorium ab, die bewusst das Hysterische sucht, das witzige Getöse durch fremdländische Kommunikationsklischees. Indem sich Viktor Navorski (Hanks) regelmäßig an seiner stupiden Naivität stößt, unterstreicht der Film die zum Haare raufenden Situationen seines Scheiterns und Gewinnens fortwährend derart infantil, dass Navorski fast zur amerikanischen Vorurteilsblaupause des an und für sich sowieso begriffsstutzigen Ausländers verkommt. Eine ideologisch durchaus kritisierbare Parodie.
Langweilig für ein Komplettierungswerk, für eine vergnügliche Fingerübung gerät "Terminal" dabei aber niemals, sondern spielt sein Hollywood-Programm bis zum Ende durch. Besonders sein reizender Charme zwischen Vitalität und Verlorenheit wickelt den Zuschauer warm ein, und den ersten Lippenkuss mit Werbepüppchen Catherine Zeta-Jones (die allerdings nicht viel zu melden hat) kleidet Kaminski in funkelnden Lichtschein. Es spricht für sich selbst und steht symbolisch für den Film, dass "Terminal" dennoch in der Masse der Spielbergs untergegangen ist. Zumindest erinnert man sich an ihn nicht (gern).
5 | 10