Im Studium war ich mal mit meiner Freundin in einem Kieler Einkaufszentrum Unterwäsche kaufen. Was Schickes. Um unsere Freunde zu überraschen. Wir packten uns also die Arme voll, verschwanden jede in eine eigene Kabine und probierten die wunderschönen, mit Spitze besetzten, klitzekleinen Stücke an.
Nach einiger Zeit kamen wir gleichzeitig aus unseren Kabinen:
Ich: „Und? Was nimmst Du?“
Sie: „Gar nichts. Hat mir nichts gefallen. Und Du?“
Ich: „Ach. Ich weiß nicht. Ich hab noch so viel. Ich glaub, ich nehm auch nichts.“
Dann schwiegen wir beide eine Zeit, mir fiel aber auf, dass meine Freundin, genau wie ich, etwas angespannt wirkte. Vielleicht sogar ein bisschen traurig.
Wir gleichzeitig: „Also, diese Spiegel gehen ja gar nicht! Fünf Kilo fetter sieht man aus! Und dann auch noch die Beleuchtung von oben! Jede einzelne, noch so kleine Beule am Po sah aus, wie ein riesiger Krater! Da geh ich nie wieder hin.“
Und bis heute wanke ich ab und an völlig desillusioniert und verstört aus Umkleidekabinen, weil es anscheinend Leute gibt, die dafür sorgen, dass mein Burger beim Reinbeißen einen bestimmten Sound macht, damit ich noch mehr Appetit kriege, aber keine, die es schaffen, in Umkleidekabinen vernünftige Spiegel und eine schmeichelnde Beleuchtung zu zaubern. Da bleibt mein Portemonnaie zu und ich geh da nie wieder hin. So. Und wenn das jetzt einer liest, der einen Modeladen hat: Zieh Dich bis auf die Unterwäsche aus und stell Dich mal vor Deinen eigenen Umkleidespiegel. Und? Was siehst Du? Wenn Du jetzt Deinen Partner anrufst und ihm sagst, er soll sich für heute Abend nichts vornehmen, Du siehst so scharf aus, dass Du ihm oder ihr das unbedingt zeigen möchtest, hast Du alles richtig gemacht. Wenn Du Dir jetzt aber ein Tränchen von der Wange wischst und Dich beim nächsten Weight Watchers Kurs anmeldest, dann häng Dir gefälligst neue Lampen und Spiegel in Deine Umkleide! Selbst mein meist unumstößliches Selbstwertgefühl macht das nicht mehr lange mit.
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