Specials: Yipee Ki-Yay, ihr Schweinebacken - Jackos STIRB LANGSAM-Rückblick

Erstellt am 19. Februar 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Aktuell läuft der nun mehr fünfte Teil der „Stirb Langsam“-Serie in unseren Kinos. Die Reihe, rund um Cop und Anti-Held John McClane, gilt längst als legendär. Unsere Schweinebacke Jacko hat sich die ersten vier Filme* noch einmal vorgenommen und zu jedem Abenteuer von McClane seine Meinung hinterlassen. Wir wünschen euch viel Spaß. Ach ja, wenn ihr wissen wollt wie „Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ bei uns abgeschnitten hat, hiergeht es zu unserer Review.STIRB LANGSAM
"Vielleicht der perfekte Actionthriller"

Ein Jahr nach seinem Testosteron-Dschungelcamp mit extraterrestrischen Großwildjäger ist es John McTiernan tatsächlich gelungen, seinem Folgefilm die Krone des Actiongenres aufzusetzen, die er bis heute, trotz aller Putschversuche mit Stolz tragen darf.  An "Die Hard" muss sich alles messen, was die Bezeichnung Actionthriller für sich beanspruchen will. Nach 25 Jahren, dem enormen technischen Fortschritt und dem für Hollywoodfilmen absurd hohen Budgetmöglichkeiten lässt es sich kaum in Worte fassen, was diesen Film über die Jahre nicht nur ewig jung, sondern darüber hinaus unübertroffen macht. Den Versuch ist es trotzdem wert...

Ohne Pullover auf dem kalten Boden. Das gibt ne Erkältung

Zeitbedingt sollte dieser Erklärungsansatz wohl damit beginnen, dass er sich schon vom Ansatz von den bis dahin typischen Actionkrachern abhebt. Die Helden des 80er Actionkinos und ihre Filme waren ganz anders gestrickt. "Die Hard" beginnt nicht mit einem Knalleffekt, keiner wuchtigen Radausequenz, um das Publikum sofort auf Krawall zu bürsten. Kein lauter, knackiger Vorspann, keine fetzige oder heroische Titelmusik. Es ist ruhig, fast besonnen. Ein Mann will seine Frau zu Weihnachten überraschen und sucht sie an ihrem Arbeitsplatz auf. Dieser Mann ist vielleicht nicht der 08/15 Typ der beim nächsten Windstoß droht umzukippen, aber auch kein Übermensch. Er ist kein Muskelberg mit Sonnenbrille und langer Mähne, der in Lederjacke und Motorrad durch die Gegend knattert. Ein recht sympathischer Kerl mit schon leicht hoher Stirn. John McClane scheint nicht unverwundbar oder unbesiegbar, besonders Ersteres wird sich im Verlauf der nächsten 2 Stunden herausstellen. Allein dadurch wirkt "Die Hard" ganz anders: Er ist ernst zu nehmen, damals wie heute, von Beginn an bis zum Schluss. Was Regisseur John McTiernan und die Autoren Jeb Stuart und Steven E. De Souza hier kreiren ist ein Szenario, das sich kontinuierlich steigert, sich niemals vollkommen übertriebenen darstellt und dabei so einen Druck macht, dass das Adrenalin beim Zusehen aus der Nase läuft.

Mrs. McClane und Sirius Sn... äh, Hans Gruber

Es ist diese Situation einer gegen alle, auf vielleicht nicht engstem, aber begrenztem Raum. Dieser Eine ist barfuß und im Unterhemd unterwegs, leidet, blutet und kämpft verzweifelt gegen eine Übermacht. McClane ist der Held, der improvisiert, kurzzeitig droht zu verzweifeln, aber sich festbeißt und niemals aufgibt. Bruce Willis glänzt nicht nur durch seine Präsenz, er bringt das nötige darstellerische Talent mit, um diese Figur für den Zuschauer jederzeit glaubhaft zu verkörpern, mit ihm zu leiden und zu bluten. Dennoch geht ihm mal ein flotter Spruch über die Lippen, was seiner Figur im Bezug auf die vorherigen Punkte aber nie schadet. Es ist Galgenhumor, pure Wut, zum Teil auch Hilflosigkeit, aber vor allem eine "Leck-mich-am-Arsch-ich-gebe-nicht-auf"-Attitüde, die ihn dazu treibt. Das ist nachvollziehbar, menschlich. Eben nicht die Kampfmaschine, die über den Dingen steht. Sein Gegenpart, der eiskalte Hans Gruber, steht McClane beim Charisma in nichts nach. Ein intelligenter, durchtriebener Mistkerl, brandgefährlich und mit allen Wasser gewaschen, was der Film im letzten Drittel sehr geschickt aufgreift. Alan Rickman liefert eine Glanzleistung ab, selten waren sich Protagonist und Antagonist in ihrer Präsenz und Leistung so nahe. "Die Hard" gelingt das seltene Kunststück, in praktisch allen Punkten alles richtig zu machen. An der Stelle sei auch Jan de Bonts großartige Leistung als Kameramann und der hervorragende Score gelobt. Das trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei, die hier so knüppeldick ist wie bei ganz wenigen Actionthrillern. Wie kann es am besten beschrieben werden? "Die Hard" war seiner Zeit voraus, hat das komplette Genre umgekrempelt und wurde niemals übertroffen. Vielleicht der perfekte Actionthriller, zumindest verdammt dicht dran. Yippie Ki-Yay, Motherfucker!
10 von 10 Glasscherben in der Fußsohle
STIRB LANGSAM 2
"ein mit der heißen Nadel gestricktes Sequel" Alle Jahre wieder ist der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort. Statt einem Wolkenkratzer gilt es nun einen Flughafen von skrupellosen Gangstern zu säubern. Der Szenenwechsel war natürlich notwendig und gibt dem zweiten "Die Hard" einen nicht ganz so beengten Anstrich wie seinem grandiosen Vorgänger. John McClane ist diesmal auch theoretisch nicht vollkommen auf sich gestellt, genug Helfer sind ja nun mal vor Ort, praktisch erledigt er das Ganovenpack erneut im Alleingang. Was bleibt ihm auch anderes übrig, denn so richtig hilfreich ist hier kaum jemand. McClane wird in einer Tour angemault und ihm mit Konsequenzen gedroht, obwohl er der Einzige ist, der dem ganzen Treiben effektiv Einheit gebietet.

McClanes ganz eigene Interpretation von Santas Schlitten

Am Feinschliff des Drehbuchs lässt sich leider erkennen, dass "Die Hard 2" doch relativ schnell nach dem wahnsinnigen Erfolg des Originals geschrieben werden musste. Warum McClane von Beginn an wie ein Störenfried behandelt wird und sich die Beteiligten lange Zeit nur gegenseitig auf den Füßen stehen ist zwar "sinnvoll", um McClane erneut in ein Einer-gegen-Alle-Szenario zu schicken, glaubwürdig ist es jedoch nicht. Auch sonst hat das Skript mit dem einen oder anderen Logikfehler zu kämpfen. Warum die Flugzeuge stundenlang und bis zum letzten Tropfen Kerosin über dem Flughafen kreisen, anstatt alternative Landungsmöglichkeiten anzusteuern? Damit es spannend bleibt. In Anbetracht der Tatsache, dass "Die Hard 2" ein Schnellschuss war, ist er aber auch bemerkenswert gut gelungen. Die angesprochenen Drehbuchholperer sind zwar nicht zu übersehen, aber mal ehrlich, wen juckt es? Erstaunlich, dass vor allem der Regisseurwechsel sich nicht als Schlagloch herausstellte. Regisseur Renny Harlin, der zuvor "Nightmare On Elm Street 4" gedreht hat, also im Big-Budget Kino Hollywoods ein relativ unbeschriebenes Blatt war, lässt das (vorübergehende) Ausscheiden von John McTiernan verschmerzen. Denn Handwerklich lässt sich über "Die Hard 2" kein schlechtes Wort verlieren. Die Action ist rasant, knallhart und exzellent eingefangen. So was wie Langeweile oder auch nur kurze Längen sind nicht existent. Mit einem Mordstempo wird der mal wieder bemitleidenswerte McClane von einer Schießerei in die nächste tollkühne Halsbrecheraktion gejagt, springt dem Heldentod immer nur hauchdünn von der Schippe und muss wieder ordentlich Federn lassen. Willis geht in seiner Paraderolle erneut voll auf und festigte damit seinen Ruf als der neue Actionstar am Hollywoodhimmel. Zu Recht. "Stirb Langsam 2" erreicht nicht das fast perfekte Original, ist dennoch erstklassiges Actionkino ohne Atempause und Adrenalin bis in die Haarspitzen. Für ein mit der heißen Nadel gestricktes Sequel schon fast unheimlich gut.
8 von 10 weihnachtliche Ausflüge mit dem Schleudersitz
STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT"großartig durchkomponiert wie inszeniert"

Nachdem in Los Angeles und Washington hart und gar nicht mal so langsam gestorben wurde, darf John McClane endlich in seiner Heimatstadt die Kuh fliegen lassen. Diesmal ist jedoch einiges anders als sonst. "Die Hard With A Vengeance" geht gleich in mehrerer Hinsicht andere Wege. Weihnachten ist wieder sicher, dafür gibt es eine explosive Schnitzeljagd quer durch die Millionenmetropole. Kein Wolkenkratzer, kein Flughafen, dass Spielfeld ist größer als jemals zuvor. Mittendrin der Mann mit dem naturgegebenen schlechten Timing, doch selbst das ist nicht mehr purer Zufall. Erstmals wird McClane gezielt in die Ereignisse involviert und hat noch nicht mal Zeit, seinen Kater auszuschlafen. Wie gemein!

Zeus hat sich seinen Tag gewiss anders vorgestellt

Die entschiedenste Änderung zu den Vorläufern: Die One Man Show wird zum Buddy-Movie. McClane und sein Partner Zeus, der wohl nie wieder einen grenzwertig gekleideten Weißen ansprechen wird, jagen gemeinsam mit dem Taxi durch den Gegenverkehr, springen von Brücken und frotzeln sich dabei gegenseitig an. Diese entscheidende Änderung lässt sich unter dem Aspekt des bisherigen Geistes der Reihe sicher kritisch sehen, "Die Hard" nähert sich hier mehr "Lethal Weapon" an. Doch wenn, dann so: Es funktioniert nämlich prächtig. Die Chemie zwischen Willis und Jackson stimmt jede Sekunde und seine Identität büßt die Serie dadurch nicht ein. Regierückkehrer John McTiernan hat das Geschehen jederzeit im Griff und verliert trotz der zahlreichen Neuerungen nie seine Linie. Ohne jeglichen Vorlauf, ganz anders als bei seinem Erstling, werden die Spiele eröffnet. Mit einer enormen Rasanz und Dynamik treibt er die Handlung voran, dass Tempo hängt niemals durch. 
Die offensichtlichen, wenn auch in der Gesamtwirkung nicht so tragischen, Drehbuchschwächen von Teil 2 gehören der Vergangenheit an."Die Hard With A Vengeance" wirkt hervorragend durchdacht und verläuft nie zu vorhersehbar. Bis zum Schluss darf der Zuschauer kaum Luft holen und bekommt obendrein eine erstklassige Inszenierung. Das ist handfestes Unterhaltungskino auf ganz hohem Niveau. Doch nicht nur McTiernan kehrt zurück, auch die deutsche Gründlichkeit und Präzision erlebt ihr Comeback. Mit Jeremy Irons hat McClane wieder einen Gegenspieler auf Augenhöhe. Nichts gegen das Duo Sadler/Nero aus Teil 2, doch "Simon" ist da eine ganz andere Hausnummer. Seine erste große Szene, in der es der Film sogar wagt, McClane und Zeus minutenlang aus den Augen zu verlieren, ist großartig durchkomponiert wie inszeniert. Das sorgt für eine Qualität, die jeden Actionfilm aufwertet. Fazit: Auch wenn ich persönlich den barfüßigen McClane mit seiner Einzelgängernummer bevorzuge, der dritte "Die Hard" ist hochspektakuläres, wahnsinnig unterhaltsames Männerkino, der die Schnittstelle zwischen Oldschool und (damals) Modernem exakt trifft.
8,5 von 10 stressfreie Spaziergänge durch den Central Park
STIRB LANGSAM 4.0
"Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester Film"
Ist John McClane langsam zu alt für diesen Scheiß? Nein, nur technisch nicht mehr auf der Höhe. In 12 Jahren hat sich viel getan. Die Welt ist ein einziges Netzwerk. Wer sich dort auskennt, braucht keine rohe Waffengewalt, einfache Geiselnahmen und tonnenweise Sprengstoff, nur die entsprechende Technik und das Knowhow. Der vierte "Die Hard" geht ganz mit der Zeit und thematisiert die moderne Art des Verbrechens, Cyberterrorismus. Ganz bewusst steht dagegen der alte Haudegen John McClane, für den alles was weitergeht als Handy und Google wie böhmische Dörfer ist. Ein Dinosaurier, der sich auf handfeste Sachen versteht, angesichts dieser neuen Form der Bedrohung jedoch fast hilflos wirkt. Als Ausgleich bekommt er mit Matt Farrell einen Sidekick, für den ein aufgeschürftes Knie schon eine ernsthafte Verletzung bedeutet, sich dafür in der neuen Welt bestens auskennt.

Der Hacker und die Glatze: Justin Long und Bruce Willis

Der Versuch das Alte mit dem Modernen kollidieren zu lassen ist sicherlich nicht der falsche Ansatz, doch letztendlich leidet darunter der ursprüngliche Charme des "Die Hard" Universums. Denn nicht nur thematisch, auch inszenatorisch hat sich die Reihe dem Zeitgeist angepasst. Mit Len Wiseman sitzt nun ein Mann auf dem Regiestuhl, der für "modernes" Actionkino steht, was sich im Bezug auf das Franchise als nicht besonders glückliche Wahl herausstellt. Nicht nur die Bedrohung, auch die Action kommt aus dem Rechner. Optisch ist das natürlich spektakulärer, kann dabei aber niemals die Dynamik und Wucht erzeugen, die "Die Hard" bis dahin so außergewöhnlich gemacht hat. Gegenspieler, die katzengleich von Häuserdächern springen oder nahezu unverletzt aus einem Hubschrauber fallen, das hat mehr was von "Underworld" als "Die Hard". Autos, die fern jedem Realismus durch die Luft fliegen und als Geschoße dienen, das sieht zwar knallig aus, doch waren die ruppigen Feuergefechte und Faustkämpfe der Vorläufer nicht besser? Klar, auf jeden Fall. Dem vierten "Die Hard" gelingt es selten, den Flair der bisherigen Serie aufleben zu lassen. Trotz langer Planungsphase ist selbst das Drehbuch nicht gerade besonders gut ausgepfeilt, das Tempo wird immer wieder ausgebremst. Die Atmosphäre der Atemlosigkeit, die sonst ein Markenzeichen war, ist nicht mehr durchgehend vorhanden. Rasanz haben die Actionsequenzen zweifellos, nur auf einem ganz anderen Level als sonst. Die handwerkliche Perfektion ist technischem Aufwand gewichen. "Die Hard" hat ein gutes Stück Seele verloren, das sich nun mal nicht downloaden lässt. Woran es diesem "Die Hard" mangelt, lässt sich leider auch in seinem Antagonisten feststellen. Timothy Olyphant darf sich ganz ans Ende der sonst charismatischen Schlange von Bösewichten stellen. Mit seinem bemüht-grimmigen Froschaugenblick bleibt er blaß und konturenlos. Viel Kritik, aber ein schlechter Film ist es trotzdem nicht. Trotz aller Mängel, die in erster Linie durch den Vergleich mit den Vorgängern entstehen, ist es ein überdurchschnittlicher Actionfilm geworden, der durchaus seine Momente hat und unbestritten unterhalten kann. Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester Film, nur sieht man leider, dass es seiner ist. Ein insgesamt befremdlich steriler Beitrag, trotz seines Unterhaltungswerts. Unter anderen Voraussetzungen wohl sogar sehenswert, so nur ganz gut.
6,5 von 10 polierten Willis-Glatzen


*Alle Filme sind auf DVD und Blu-ray erhältlich.