Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael Bay

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael Bay


Wohl kein anderer Regisseur ist so erfolgreich und wird gleichzeitig so von der Kritik bestraft wie Michael Bay. In unserer kleinen Retrospektive lassen wir die bisherigen Filme des Michael Bay Revue passieren und stellen uns die Frage: ist wirklich alles schlecht was er gedreht hat?Bad Boys (1995)

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayMit dem vermessenen Publikumsliebling Will Smith in der Hauptrolle und dem salopp-voreiligen Ruf einer der talentierteres Action-Regisseure zu sein, durfte der heutige Zerstörungsguru und Drehbuchverweigerer Bay mit seinem Spielfilmdebüt „Bad Boys“ und einem verhältnismäßig überschaubaren Budget die Kinosäle zum ersten Mal vibrieren lassen. „Bad Boys“ hat noch den Vorteil, ein ambitionierter Krawallmacher seiner aufstrebenden Ära zu sein, der sich nicht an postmoderne Standards klammert, sondern auf handgemachtes Getöse setzt – Welches auch noch durchaus solide inszeniert wurde und den staubigen Charme vergangener Streifen atmen darf. In der Exposition zeigt sich aber bereits, dass „Bad Boys“ die Coolness gerne gepachtet hätte, diese in Wahrheit aber nie wirklich ausfüllt. Wenn die beiden Protagonisten Marcus und Mike ihre Knarren aber mal für einige Minuten in ihren Halftern verstaut haben und nicht ballernd durch Miami hetzen, dann möchte „Bad Boys“ seine humoristische Dynamik auf Biegen und Brechen aus den verbalen (Situations-) Gefechten ziehen, doch wirkt sich dabei zuweilen höchststrapaziös auf das Nervenkostüm des Konsumenten aus. Hauptsache laut ist die Devise. Während Smith eh nur sein akzentuiertes Womanizer-Image mit der sich spiegelnden Sonnenbrille Gassi führt und so neben dem weitaus sympathischeren Kollegen Martin Lawrence komplett in den Seilen hängt, sind die überspitzen Sprüche gelegentlich so schrecklich gewollt, dass jede amüsante Passage geradewegs durch eine aufgesetzt-dämliche Plattitüde wieder verdrängt wird. Letztlich ist das alles akzeptabel, doch die enervierenden Mäkel wiegen zu schwer, als dass „Bad Boys“ ein wirkliches Highlight darstellen könnte.

5 von 10 Rangeleien im Planschbecken


 
The Rock – Fels der Entscheidung (1996)
Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayMichael Bays zweite Regiearbeit „The Rock“ ist quasi der Inbegriff, oder vielmehr ein Mitverantwortlicher für diesen generalisierten Musterfall, des hochwertigen Action-Kinos der vielfältigen 1990er Jahre. Mit „Bad Boys“ hat Bay bereits sein fähiges Inszenierungshändchen für stattliche Actionmontagen bewiesen, blieb seinem Publikum aber auf Charakterbasis diese Qualität schuldig. In „The Rock“ wird dieses Manko vortrefflich umwandert. Man muss sich natürlich von vornherein darüber im Klaren sein, dass auch „The Rock“ mit einer vollkommen dämlichen Grundhandlung auffährt, die sich der Logik weitestgehend verweigert und bereits in der Aufblende den Patriotismus frönt: Nur fällt das hier nicht weiter ins Gewicht. „The Rock“ hat nämlich zwei Protagonisten im Repertoire, die nicht nur wunderbar harmonieren, sondern auch für sich genommen reichlich charismatisch auf den Zuschauer wirken. Da wäre Nicolas Cage als Chemiewaffenspezialist sowie Sean Connery, als ehemaligen britischen Spion. Das klingt, als würde „The Rock“ reichlich Augenmerk auf seine Charaktere legen. Nicht wirklich, er fährt nur zum einen ein erhebliches Tempo auf, in dem einfach keine Langeweile entsteht und zum anderen vernachlässigt er seine Figuren über die gesamte Laufzeit zu keiner Sekunde, wenngleich natürlich keine Entwicklung stattfindet. Resultat dieser signifikanten Balance aus Rabatz. Michael Bay hatte hier einfach das inszenatorische Gespür für packend konzipierte Sequenzen und initiiert seinem Film tatsächlich so etwas wie eine Seele.

7 von 10 Ausflügen auf die GefängnisinselArmegeddon – Das jüngste Gericht (1998)

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayAufgesetzten und äußerst muffigen Nationalstolz gibt es in amerikanischen Produktionen immer wieder, prekär und riskant wird er nur dann, wenn er das eigentliche Sehvergnügen erheblich einschränkt – oder sogar komplett vernichtet. „Armageddon“ ist einer dieser Filme, der zwar jeden Amerikaner, der bis in die Haarspitzen mit seinem Land verwurzelt ist, zu tosendem wie befürwortendem Applaus animieren wird, doch wenn Michael Bay seinen Geschichte ohne jede Scham oder Rücksicht auf sein internationales Publikum kopfüber in das bis zum Rand gefüllte Pathosbecken drückt, dann ist das nicht nur unfreiwillig komisch, sondern auch ein absoluter und unausweichlicher Krampf. Es ist hier so, dass es nur die Amerikaner und eine Handvoll Wissenschaftsheinis der NASA vollbracht bekommen, sich dem Asteroiden anzunehmen, während der Rest der Menschheit tumb zum Himmel glotzt und den ausgewählten Helden, ein Bohrteam, bestehend aus einem Haufen Chaoten mit Kämpferherz, ganz fest die Daumen drückt. Wahnsinn. „Armageddon“ ist verlogen und logikbefreit von Anfang bis Ende, doch wenn er sich auf seine Schauwerte konzentriert, dann hat er tatsächlich – hin und wieder – interessante und unterhaltsame Bilder zu bieten, gerade wenn die Truppe auf dem Asteroiden gelandet ist und das recht amüsante Astronautentraining im Schnelldurchlauf abgeschlossen hat. Da ist es dann auch wenig verwunderlich, dass die Charaktere in „Armageddon“ ein Sammelsurium an Prototypen bereithält, in denen Bruce Willis, Ben Affleck und Liv Tyler das entscheidende wie unglaubwürdige (Beziehungs-) Dreieck mit zuweilen hohem Fremdschämfaktor darstellen - von Aerosmith ganz zu schweigen.

3,5 von 10 betrunkenen, russischen AstronautenPearl Harbor (2001)

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayMichael Bay und Jerry Bruckheimer haben mit "Pearl Harbor" ihre wohl langweiligste und großkotzigste Arbeit abgeliefert, inkl. eindimensionale Figuren: dort die Guten und drüben die Bösen. Es lässt sich darüber vortrefflich darüber streiten, ob Bay mit seiner Inszenierung den richtigen Ton getroffen hat, doch eigentlich ist "Pearl Harbor" nicht mehr wie "Titanic" im Kriegsgebiet. Es gibt eine (hölzerne) Liebesgeschichte, einen zuckrigen Titelsong und junge Darsteller, für die der Film teilweise der große Schritt zum Ruhm bedeutet und die große private Tragödie am Ende ist bereits nach einer halben Stunde so gut wie sicher. Natürlich sind der Sound und die Effekte eine Klasse für sich, aber was nutzen die besten Illusionen wenn der Film so spröde, verkrampft patriotisch und über alle Maßen dumm ist, dass es Schmerzen bereitet, die größtenteils einschläfernden drei Stunden anzuschauen? Zum Schluss bleibt nur noch eins übrig, eine Warnung: Halten sie sich von diesem 150 Millionen Dollar teuren Schund fern. Bay und Bruckheimer haben für all das Geld nur Langeweile in den Geschmacksrichtungen Fragwürdig und Stupide erschaffen.

0,5 von 10 echten MännerfreundschaftenBad Boys 2 (2003)

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayEgal wie beeindruckend die Verfolgungsjagden im zerstörungswütigen Korsett des Gigantomanierausches auch krachen, „Bad Boys II“ ist ein menschenverachtender Hochglanzprolet, gefangen in seiner bis zum Scheitel geleckten MTV-Ästhetik, der sich in seiner ekelhaft-gewissenlosen Selbstüberschätzung eigenhändig zur Schlachtbank führt und durch seine pubertär-zynischen Späßchen eine einzige Peinlichkeit für jeden Erwachsenen darstellt. Wenn Marcus und Mike mit Vollgas in ihrem wuchtigen Hummergeschoss durch die kubanischen Favelas bollern, nur um Bay die perfekte Einstellung zu ermöglichen, der Film aber jeder Humanität (eigentlich schon von Beginn an) abgeschrieben hat, dann kristallisiert sich auch endgültig die eigentliche Moralvorstellung der Strippenzieher heraus, die es sicher auch äußerst amüsant fanden, inmitten einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd mit adipösen Leichen um sich zu werfen. Würde man „Bad Boys 2“ auf seine formalen Werte reduzieren, dann hätte man einen hektisch geschnittenen Poser, der seinem leibeigenen Schädelvakuum Beifall spendiert, denn Hauptsache es kracht, es fließt Blut und es ist durchgestylt fotografiert.

2 von 10 Muskelentspannenden SitzkringelnDie Insel (2004)

Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayEin Sci-Fi Spektakel dass seine Story zwar bei anderen Filmen wie etwa "Gattaca"und "2022... die überleben wollen" zusammenklaut, dafür aber gut unterhält und neben einigen heftigen Logikfehlern auch viele gute Actionszenen parat hat. Michael Bay, der hier erstmals mit Steven Spielberg zusammenarbeitet, entwirft keine sonderlich kreative Zukunftsvision, aber dadurch, dass das Heldenduo (Ewan McGregor, Scarlett Johansson) nicht komplett wie aus Plastik wirkt und es dem Film gelingt Empathie zu ihnen aufzubauen, entwickelt sich bei der wilden Jagd durch eine semi-futuristische Großstadt ein durchaus akzeptabler Spannungsbogen. Leider versucht Regie und Buch alles um ernst genommen zu werden, was zur Folge hat, dass große Emotionalität oftmals eher lächerlich als bewegend wirkt. Insgesamt ist „Die Insel“ kein Film für die Ewigkeit, aber ein netter, krawalliger Zeitvertreib und der erste Michael Bay, der so hemmungslos Product Placement einsetzt, dass die Einblendung „Dauerwerbesendung“ in der oberen Bildecke durchaus angebracht wäre.

6 von 10 OrganspendenTransformers (2007)Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael Bay"Transformers" ist eine laute Zerstörungsorgie ohne einen Funken Charme, der lustlos die typischen Konventionen aufgreift und sie nur dazu benutzt eine krachende Effektszene nach der anderen zu zeigen. Dass wäre nicht weiter schlimm, einen anspruchsvollen Film hätte man aus den Roboters auch nicht machen können, doch dem Film fehlt jeglicher Rhythmus und der Humor des Films, der anfangs noch für etwas Abwechslung sorgt, wird gegen Ende immer beliebiger und attackiert das Nervenkostüm. Das männliche Geschlecht darf auf Megan Fox freuen, die sieht zwar nur hübsch aus und hat ansonsten nichts zu bieten, aber wenigsten gibt es eine optische Auffälligkeit im Film die nicht aus dem Computer stammt. Das größte Ärgernis ist aber, dass es sich bei „Transformers“ eigentlich um einen Werbespot für die Armee handelt, statt um einen Kinofilm. Wer die werbewirksame Botschaft nicht erkennt, wenn eine Gruppe tapfere U.S. Soldaten aus dem irakischen Krisengebiet es schaffen die bösen Riesenroboter zu bekämpfen oder die Zivilisten Sätze wie „Kein Sieg ohne Opfer“ von sich lässt, wurde wohl vom bunten, explosiven Drumherum bereits geblendet. Michael Bay, Steven Spielberg und die Army (die den Dreh sichtbar unterstützt hat) machen aus den damaligen Trickserie mit Kultcharaktere einen sterilen Werbespot für die Armee. Das haben weder die Autobots noch die Decepticons verdient.3 von 10 hormongesteuerte Teenager

Transformers 2 – Die Rache (2009)Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayDie Fortsetzung der erfolgreichen Zerstörungsorgie von 2007 erhöht die Anzahl der Titelgebenden Transformers kräftig. So gibt es die sprechenden Kampfroboter jetzt in allen Größen und Variation. Dies ist auch schon die einzige wirkliche Neuerung die das Sequel zu bieten hat. Der Rest, bestehend aus schematischen Figuren, öden Slapstick, sexistischen Hochglanz, Hurra- Patriotismus und Special Effects Overkill, reicht nicht aus um das viel zu lange, seelenlose Spektakel ausreichend auszufüllen. Die meisten Actionszenen, vor allem die Kampfszenen zwischen den verfeindeten Roboterclans sind dazu viel zu unübersichtlich. Wenn Autobots und Decepticons gegeneinander prallen um sich mit gigantischen Kanonen und Schwerter zu beharken dann sieht man eigentlich nur einen Haufen von glänzenden Metall und irgendwo dazwischen blaue oder rote Augen. "Transformers- Die Rache" ist wie sein Vorgänger so großkotzig wie ideenlos und der pseudo-coole Soundtrack von Linkin Park und Green Day macht dieses Gelage aus klebrigen Kitsch und dumpfen Krawall auch nicht besser.2 von 10 roten AugenTransformers 3 (2011)Special: Master of Desaster - Unsere Retrospektive zu Michael BayHossa. „Transformers 3“ ist – wie nicht anders zu erwarten war – ein Effektfeuerwerk das seines Gleichen sucht. Die große Schlacht zwischen Autobots und Decepticons läuft nach dem Paradigma „destruktiv ist das neue konstruktiv“ ab. Alles was in die Luft gejaget oder zerschreddert werden kann wird auch zu Kleinholz verarbeitet. Michael Bay lässt dabei mal wieder uneingeschränkt die Technikmuskeln spielen. „Transformers 3“ ist kein wirklich guter Film, aber er ist eine höchst beeindruckende Technik-Demonstration die endlich mal wieder aufzeigt wie man die neue 3D-Technologie einsetzen sollte. Der dritte Robo-Krieg ist ein Blockbuster, der die Blues-Brothers-Memorial-Brillen nicht nur zu einem kruden, überteuerten Gimmick macht, sondern aufzeigt, dass 3D durchaus förderlich in Sachen Atmosphäre ist. Vor allem die Flugszenen sehen unheimlich gut aus. Wer sich das dritte Hasbro-Roboter-Battle anschauen will sollte dies in 3D. Unter seiner tricktechnischen Perfektion leidet Teil drei aber an denselben Fehlern wie seine Vorgänger.3,5 von 10 Tschernobyl-Ausflügen

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