Für gewöhnlich ist es
so, dass die SPD eine Partei ist, in der man sich gerne mal so
richtig fetzt. Ja, manchmal fliegen derart die Fetzen, dass man fast
täglich damit rechnet, es könnte sich mal wieder ein Flügel von
der guten alten Tante SPD abspalten, wie schon einmal geschehen.
Damals trennte sich ein Teil der SPD-Linken von der Sozialdemokratie
und bildete mit der WASG eine linke Alternative, die sich später mit
der PDS zur „Linken“ zusammenschloss!
Dieser Aderlass macht der
SPD heute noch zu schaffen, wenn man die politischen Eckpunkte
betrachtet. Wirkliche linke Positionen, die die Interessen der
Arbeiter und Angestellten vertreten, gibt es nicht mehr. Arbeitslose,
Hartz-IV-Empfänger, Geringverdiener wählen, wenn überhaupt, nur
noch die Linke oder rechtsradikale Parteien um ihrem Protest Ausdruck
zu verleihen. Die SPD leidet nicht nur an Auszehrung, sondern an
galoppierender Schwindsucht. Da nützt es überhaupt nichts, wenn man
pro forma einen rechten SPD-Kandidaten wie Peer Steinbrück mit einer
pseudolinken Programmatik knebelt und ihn in die Kanzlerkandidatur
treibt, die ihm wohl von Anfang an nicht schmeckte. Jedenfalls nicht
so!
Was ihm an einer
Übernahme der Kanzlerschaft liegt, kann man am sogenannten
Kompetenzteam erkennen. Nichtssagende Namen, völlig unbekannte und
offensichtlich auch absolut bedeutungslose Personen, die bestenfalls
die Aufgabe haben, Steinbrück, den Problempeer, besser dastehen und
kompetenter aussehen zu lassen, als sein Team!
Dazu gehört nicht sehr
viel. Ein Teil der Kompetenzgenossen hat seine besten Tage bereits
weit hinter sich gelassen, der Rest hat sie wahrscheinlich noch nicht
einmal vor sich.
Und Steinbrück, zu
Tränen gerührt durch seine Frau, hat auch nicht die geringste Lust,
die SPD in die Regierungsverantwortung zu führen. Denn das, was er
da führt, mag sicher vieles sein, ein Wahlkampf ist es nicht!
Wer nicht einmal mehr
empört aufschreit, wenn CDU/CSU, oder die FDP ein ums andere Mal
gekonnten, wenn auch sicher ungewollte, Steilvorlagen für heftige
Auseinandersetzungen liefern, der hat in den Augen der Wähler
resigniert, bevor er überhaupt angefangen hat wahlzukämpfen.
Machen wir uns nichts
vor. In der SPD gibt es nichts, was einer Führungsfigur auch nur
annähernd nahe käme. Es gibt keine jungen und unverbrauchten
Kandidaten, die man ins Rennen um ein Amt schicken könnte. Was
früher jung, revolutionär aus der SPD-Jugendorganisation der Jusos
heraus kam, ist heute aalglatt und rund gelutscht, wie es die
Parteibonzen gerne haben. Menschenmaterial, das sich nach ihrem
eigenen Vorbild formen lässt und genau das ist die Krux!
Unangepasste Jusos sind
weder erwünscht, noch gibt man ihnen die Möglichkeit, sich in die
Politik einzubringen. Schließlich könnten sie einfache
SPD-Mitglieder mit linkem oder gar revolutionärem Gedankengut
infizieren und das will schließlich keiner im mittleren und oberen
Management der ehemaligen Volkspartei SPD!
Dabei brauchen wir weder
einen Steinbrück 2.0, noch eine Andrea Nahles mit Seeheimer-Update.
Wir brauchen keine akademischen Sesselfurzer, die bereits gleich nach
dem Studium ihren Arsch irgendwie an die Wand zu drücken versuchen,
um erst einmal die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Und
erst Recht brauchen wir keine abgehalfterten, verbrauchte und im
Dienst ergraute und mittlerweile völlig desillusionierte
Funktionäre, die sich hinstellen und alte sozialdemokratische
Tugenden beschwören und mit Tränen im Knopfloch das alte Kampflied
„Wann wir schreiten Seit´ an Seit`“ zum Gehupe einer
Bergmannskapelle schmettern!
Wir brauchen Menschen,
die aus dem Berufsleben kommen, Handwerker, Facharbeiter,
Angestellte, Arbeiter, Menschen also, die ein gewisses Maß an
Lebenserfahrung besitzen! Wir brauchen Menschen, die wissen, was es
bedeutet, von der eigenen Hände Arbeit zu leben und im Schweiße
seines Angesichts sein Brot zu verdienen, anstatt mit dem güldenen
Löffel im Mund geboren zu werden, bevor sie meinen Entscheidungen
treffen zu müssen, die für die einfachen Leute bedeuten, dass ihre
Rente dramatisch sinkt und sie dadurch im Alter zu Bittstellern
degradiert werden.
Von Anerkennung der
Lebensleistung kann unter solchen Umständen keine Rede sein,
geschweige denn von einer Anerkennung für die Erziehung von Kindern!
Mit solch banalen Sorgen
brauchen sich Abgeordnete nicht zu belasten. Ihre Altersvorsorge ist
als durchaus üppig zu bezeichnen und dagegen wäre auch nur dann
nichts einzuwenden, wenn sie statt Wasser zu predigen, nicht
gleichzeitig lieber Wein saufen würden!
All diese Aspekte, die
die Sorgen und Nöte einfacher Menschen betreffen, und die sind nun
mal die Mehrheit in einem Staat, müssen eine größere Rolle in der
Politik spielen. Dabei verlange ich ja noch nicht einmal Privilegien!
Ich verlange jedoch auch die Abschaffung von Privilegien für
Konzerne, für Unternehmer, für reiche, für Besserverdiener, weil
ich nicht einzusehen vermag, dass es unmoralisch sein soll, wenn gut
betuchte Menschen prozentual deutlich mehr Steuern zahlen sollen, als
Durchschnittsverdiener! Und wenn ich „deutlich“ sage, dann meine
ich auch deutlich!
Der Abbau des
Sozialstaats, ja die Schleifung der Grundfesten dieses Sozialsystems
aber schreitet mit einer Geschwindigkeit voran, die beängstigend
ist! Begründet wird das alles mit der Globalisierung, mit der
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit., ganz so, als sei ein Staat nur
eine andere Art von Unternehmen, quasi ein Großkonzern, der nicht
nur genauso geführt werden muss, wie ein Konzern, sondern auch
Profit abzuwerfen hat.
Wenn dem nicht so ist,
wenn also die Gewinne nicht mehr sprudeln, dann wird mit denselben
Maßnahmen darauf reagiert, wie man dies bei großen Unternehmen zu
tun pflegt, obwohl man sich der Tatsache bewusst ist, dass genau
diese Maßnahmen (in aller Regel handelt es sich dabei lediglich um
Sparmaßnahmen), den Untergang nicht verhindern, sondern lediglich
hinauszuzögern imstande sind! Das Ende kommt meist unausweichlich.
Die sogenannten „Rettungsmaßnahmen“ bieten dann nur noch den
vormaligen Profiteuren die letzte Gelegenheit, sich die Taschen final
voll zu schaufeln!
Leidtragende und
diejenigen, die die Zeche bezahlen müssen, sind immer die kleinen
Leute. Im Konzern werden sie entlassen, während das Management mit
üppigen Prämien und Abfindungen ausgestattet nach oben weggelobt,
als Bürger eines Landes werden stracks die Steuern erhöht, die
Renten gekürzt, die Gesundheitsfürsorge rasiert, die
Arbeitslosenhilfe verringert.
Und es gibt noch viel
mehr, was in den Augen der Politik nicht nur überflüssig, sondern
vor allem auch lästig ist. Deswegen setzt man auch hier mit großer
Intensität das Streichkonzert fort! Mitarbeiter in Behörden,
Justiz, Polizei und Stadtverwaltungen sind nicht nur faul, sondern
auch teuer. Öffentliche Dienstleistungen schmälern die Profite, die
Infrastruktur muss unterhalten, repariert und erneuert werden, das
kann man sich sparen, wenn man PPP-Verträge abschließt (meint man,
bis man dann die Rechnungen für das zurück mieten erhält und sie
30 oder mehr Jahre an der Backe hat!).
Kultur braucht kein
Mensch, wohl aber Sportveranstaltungen nach dem Motto
„Brot-und-Spiele“, weshalb man diese Großveranstaltungen auch
großzügigst steuerlich begünstigt. Und der dieser Dinge sind noch
viele mehr. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt!
All dies hat die SPD
nicht mehr auf dem Schirm. Seit den 80er Jahren, als der „Genosse
der Bosse“ das Steuer ergriff und den Kurs radikal von stramm
links, vorwärts zum Wohle des Volkes, in stramm rechts, volle Kraft
zur Profitoptimierung der Wirtschaft änderte! Die Seeheimer setzten
sich und ihre Ideen des Pragmatismus durch, was sich in einer
bedingungslosen Hörigkeit für wirtschaftliche Interessen äußerte
und eine Abkehr von den grundlegenden Prinzipien der Sozialdemokratie
zur Folge hatte.
Noch heute ist der
unselige Einfluss dieses Seeheimer Kreises überdurchschnittlich
groß, gemessen an der Zahl seiner Protagonisten.
Arbeitnehmerinteressen sind hingegen völlig hinten runter gefallen
und finden so gut wie keinerlei Berücksichtigung mehr in der
SPD-Programmatik! Nur wenn mal wieder Wahlen anstehen, erinnert man
sich daran, dass man nur dann regieren kann, wenn man von einer
Mehrheit der Wahlberechtigten gewählt wird. Vorausgesetzt, man will
überhaupt regieren.
Und dann verspricht man
auch schon mal dem Pöbel das ein oder andere Bonbon, das dann nach
der Wahl irgendwo zwischen „kann-man-leider-nicht-finanzieren“
und „dafür-gibt-es-im-Bundesrat-leider-keine-Mehrheit“ verloren
geht!
Wahlkampf ist Kampf!
Wahlkampf ist Auseinandersetzung um das beste Programm. Wahlkampf ist
Kampf um jede einzelne Wählerstimme, nicht verzagte herumdrucksen
und weinerliches Geheule, wie böse doch alle andern sind, wie edel
aber man selbst! Wer nicht kämpfen will und nicht kämpfen kann, hat
in einem Wahlkampf nichts verloren, schon gar nicht als
Spitzenkandidat!