spannend anders: „die aussätzigen“ von daniel bachmann
Von Nic4u
Jerome Guéche alias Quetsch ist anders: Mit seinem vierschrötigen Kopf und einer alleinerziehenden Mutter ist er bereits als Kind Zielscheibe von Spott und diversen Gemeinheiten. Als an seinem 18. Geburtstag seine Mutter durch einen Verkehrsunfall ums Leben kommt, gibt es für Quetsch kein Halten mehr – fortan vagabundiert er als Lokal-Journalist von Ort zu Ort, von Job zu Job und auch von Frau zu Frau. Im Auftrag eine ominösen Gräfin reist er eines Tages widerwillig in sein Heimatdorf Schilberg – und wer denkt nicht sofort an Schiltach oder Schramberg? – zurück, um den Tod eines amerikanischen Anwalts aufzuklären: Jack Hinkley vertrat ehemalige NS-Zwangsarbeiter und starb ebenfalls bei einem Autounfall. Schnell merkt Quetsch, dass seine ehemaligen Peiniger zwar erwachsen, aber keinesfalls ehrenvoller geworden sind – unter Einsatz seines verzweifelten Lebens fördert er pikante Dorfgeheimnisse und kriminelle Verstrickungen der örtlichen Waffenfabrik zutage, die mit aller Kraft unterm Teppich bleiben sollen. Gut, dass Quetsch doch einige alte und neue Freunde hat, die ihm äußerst tatkräftig helfen. Daniel Bachmanns neuer Baden-Württemberg-Krimi „Die Aussätzigen“ ist kein Krimi im herkömmlichen Stil, auch wenn es Tote, Verletzte und einige böse Buben gibt. Vielmehr ist der spannende Plot ein Soziogramm diverser Außenseiter, einer skrupellosen Unternehmsleitung sowie eienr Stadt und dem „Filz“ auf dem schwäbischen Land, der das Kleine mit dem Großen verbindet. Von dieser Seite lernt man die saubere Landeshauptstadt normalerweise nur kennen, wenn man gezielt nach Abgründen sucht. Und Quetsch geht keinem davon aus dem Weg, bis er die ganze Wahrheit herausgefunden hat, die auch seine eigene Biografie im wahrsten Sinne des Wortes mit der Abrissbirne streift – eine atemberaubende Geschichte die dank handlichem Paperback-Format überall mit hin kann. Dass der mehrfach preisgekrönte Daniel Bachmann auch Hör- und Drehbücher schreibt sowie weltweit Filme dreht, kommt dem ungewöhnlichen Krimi sehr zugute: Leichfüßig und präzise reihen sich einzelne Szenen aneinander und ergeben zusammen mehrere rasante und verflochtene Lebensgeschichten, die man größtenteils lieber liest als selbst erleben möchte.
Silberburg-Verlag, 182 Seiten, € 9,90