Das muss man sich mal vorstellen. In einem nicht ganz unbedeutenden, nicht ganz kleinen Land Südwesteuropas, das seit Jahren von einem dichten Netz von Korruptionsskandalen überzogen ist, deren unendlich schleppende Aufdeckung das Land in immer kürzeren Abständen wie durch Zeitbomben erschüttert, aber keineswegs etwa eines Besseren belehrt, hat der Regierungschef jahrelang öffentlich den Skandal geleugnet, die Fakten und Umstände bestritten und den Hauptbeschuldigten versucht totzuschweigen.
Mariano Rajoy hat seine Bevölkerung und die gesamte Weltöffentlichkeit permanent belogen. Medien wiesen seine eigene Beteiligung nach. Er selbst und die Parteispitzen der Partido Popular (PP) sollen durch eine systematisch betriebene doppelte Buchführung regelmäßig, zum Teil vierteljährlich oder monatlich Schwarzgelder in Bar im Briefumschlag erhalten haben.
Der Hauptverantwortliche Luis Barcenas, der Kassenwart der Partei, hat als zentrale Person in diesem Korruptionssystem womöglich hunderte, zumindest aber viele Dutzende Millionen Schwarzgelder, wohl hauptsächlich aus der Bauindustrie stammend, während des Baubooms der vergangenen Jahre, im Ausland, zum Beispiel in der Schweiz deponiert. Wer wissen will, welche Gegenleistungen die PP für diese Millionen erbrachte, der braucht sich nur Spaniens verschandelte Küsten und Satellitenstädte ansehen…
Dieser arme Tropf von Regierungsschef gibt vor das Land Spanien zu regieren, doch in Wahrheit verwaltet er es nicht einmal. Er wurstelt sich – mehr schlecht als recht – durch eine von der EU, der EZB und dem IWF vorgegebene neoliberale Grusel-Agenda. Millionen Arbeitslose, Armut, ein skelletiertes Gesundheitssystem, all das kümmert diese Blutsauger nicht, solange sie selbst ihren prall gefüllten Briefumschlag bekommen…
Jetzt haben spanische Medien erneut zugeschlagen. Sie veröffentlichten die skandalöse Tatsache, dass der Regierungschef seit über zwei Jahren, während praktisch der ganzen Entwicklung des bestrittenen Skandales, eifrig und persönlich in SMS-, Telefon- und persönlichen Kontakten mit dem mittlerweile inhaftierten Ex-Schatzmeister stand und ihn sowohl taktisch als auch moralisch beriet.
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, so hat es zumindest den Anschein, ist offenbar Teil einer kriminellen Vereinigung, einer Polit-Bande, die das gebeutelte Land wie ein Krebsgeschwür durchsetzt hat.
Die ebenfalls von Korruptionsskandalen erschütterten abtrünnigen Katalanen wollen die Gelegenheit beim Schopf packen und den spanischen Ministerpräsidenten ganz offen erpressen, in dem sie seine weitere Unterstützung von einem Entgegenkommen bei ihren Separationsbestrebungen abhängig machen. Käme er ihnen entgegen, dann hätten sie mit seiner Korruption offenbar kein größeres Problem. Man kennt das ja selbst in Barcelona. Die dort teil-regierende CiU ist ebenfalls in mehrere, jahrealte aber noch immer offene, Korruptionsskandale verstrickt.