Die Korruptionsfälle “Gürtel” und “Bárcenas” hängen zusammen und paralysieren die regierende Partido Popular seit Jahren. Ich will die zahllosen Fälle von Korruption und Bestechung hier nicht im Einzeln aufführen. Nur eine grundsätzliche Überlegung sei mir erlaubt. Im Falle “Bárcenas” wurden Parteispitzen geschmiert mit monatlichen Bargeldzahlungen. Damalige Regierungsmitglieder waren meines Wissens nicht darunter. Luis Bàrcenas hat – soweit bisher bekannt – keine 20 Prozent der ihm verfügbaren Auslandsgelder ausgezahlt.
Wenn man mal unterstellt, dass er sich den anscheinend unversiegbaren Geldzufluss nicht persönlich einverleiben wollte, dann muss es mit großer Wahrscheinlichkeit noch weitere Empfänger und Verwendungszwecke gegeben haben. Da fällt mir die Regierung ein. Da fallen mir die Präsidenten ein.
Auffallend wie still die alle sind, gleich welcher Partei sie auch angehören mögen?
Das sechs-Augen-Prinzip eines Bárcenas hätte wohl kein Präsident akzeptiert, da es zu viele Zeugen beinhaltet. Auch auf der Geber- oder Spenderseite hätte es Zeugen gegeben. Man käme vielleicht weiter, wenn man die Bevollmächtigten von Bárcenas Schwarzkonten im Ausland vollständig kennen würde?
Auffällig ist jedenfalls die Diskrepanz zwischen Zufluss und Abfluss und gleichzeitig ist davon die Rede, dass regelmäßig gezahlt wurde, wenn der Bestand es erlaubte. Das alles passt nicht zusammen. Mir sind vor vielen Jahrzehnten Geschichten von Bestechungen in der spanischen Privatwirtschaft erzählt worden, wo jede Hierarchieebene einen eigenen, unabhängigen Empfängerkreis und Kontaktmann besass. Die waren untereinander abgeschottet und nur die Person an der Spitze hatte den ganzen Überblick, der im entscheidenden Moment nützlich werden konnte.
Wenn man die Empfänger der Bárcenas-Gelder als zweite oder gar als dritte Garnitur der PP bezeichnen darf, dann muss es Strukturen oberhalb gegeben haben, die die Proportionen der Gelder erklären könnten? Vielleicht, vermutlich sogar, gibt es einen weiteren “Bárcenas” im Umfeld der Partido Popular?
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PS:
Die spanischen Medien leisten hier saubere, bewunderswerte Arbeit, während die Politik, quer durch die Parteien, von Ausnahmen abgesehen, mehr oder weniger versagt!