Sozialgericht Hamburg: Leistungserbringer müssen den GWQ-Vertrag nicht unterzeichnen

Sozialgericht Hamburg: Leistungserbringer müssen den GWQ-Vertrag nicht unterzeichnen

© Gerd Altmann / pixelio.de

Leistungserbringer können Versicherte der City BKK nicht mehr zu den alten Vertragsbedingungen des Vertrages zwischen der Landesinnung für Orthopädieschuhtechnik Nord und der Krankenkasse versorgen – aber sie müssen sie auch nicht zu dem Bedingungen des GWQ-Vertrages versorgen – und sie müssen diesen schon garnicht unterzeichnen; dies ist das Ergebnis einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Hamburg am 02.12.2010.

Welche Konsequenzen diese Auffassung für die Leistungserbringer und die Verbände hat, sollten diese sehr genau prüfen und abwägen.

Der Hintergrund: Die Landesinnung für Orthopädieschuhtechnik Nord und der Landesverband der Betriebskrankenkassen, bei der auch die City BKK zum damaligen Zeitpunkt Mitglied war, schlossen vor einigen Jahren einen Rahmenvertrag; unter anderem vereinbarten sie dort, dass bei der Kündigung dieses Vertrages die Vertragsparteien verpflichtet seien, in neue Vertragsverhandlungen einzutreten und sich für den Fall des Scheiterns einem Schiedsverfahren zu unterwerfen.

Die inzwischen aus dem Verband der BKK ausgeschiedene und in erheblichem Masse in finanzielle Schieflage geratene City BKK kündigte diesen Vertrag einseitig und lehnte es ab, über den 01.04.2010 hinaus Versorgungen nach den alten Vertragspreisen durchzuführen; sie verlangte eine Versorgung ihrer Versicherten zu den abgesenkten Preisen des GWQ-Vertrages. Gleichzeitig lehnte sie zunächst Vertragsverhandlungen mit der Landesinnung ab; nach Druck durch das Bundesversicherungsamt (BVA) führte sie zwar Vertragsverhandlungen, als diese aber scheiterten, lehnte sie trotz des eindeutigen Votums des BVA ein Schlichtungsverfahren ab. Auf Durchführung eines solchen Schlichtungsverfahrens wird sie inzwischen klageweise vor dem Sozialgericht in Anspruch genommen.

Für die Leistungserbringer stellten sich aus dieser unerfreulichen Situation eine Reihe von Fragen:

  • Muss ich dem GWQ-Vertrag beitreten?
  • Kann ich Versicherte der City BKK überhaupt noch versorgen, wenn ich nicht dem GWQ-Vertrag beigetreten bin?
  • Und wenn ich versorge bzw. versorgen kann, zu welchen Konditionen – denen des alten Vertrages oder denen des GWQ-Vertrages?

Um diese Frage zu klären, nahm ein Leistungserbringer die City BKK klageweise in Anspruch, und das Sozialgericht Hamburg terminierte die Angelegenheit dankenswerterweise kurzfristig, sodass die Betriebe jetzt eine vorläufige Einschätzung des Gerichts haben, an der sie ihr weiteres Handeln ausrichten können:

  1. Das Sozialgericht Hamburg hält die Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die City BKK für rechtens.
  2. Es sieht die City BKK aber an die nachvertraglichen Regelungen gebunden und ist deshalb der Auffassung, dass ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss.
  3. Allerdings habe die Verhandlungs-  und Schlichtungsklausel nicht zum Ergebnis, dass bis zu einem Abschluss dieses Verfahrens der alte Vertrag – und damit die alten Vertragspreise – Fortgeltung hätten.
  4. Trotzdem treffe den Leistungserbringer natürlich keine Verpflichtung, dem GWQ-Vertrag beizutreten. Tue er dies nicht, habe er eben mit der City BKK einen vertragslosen Zustand und könne deshalb nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung versorgen.

Das Gericht äusserte sich aber auch zu der Frage, wie sich das Leistungsverhältniss gestalten würden, wenn der Leistungserbinger im vertragslosen Zustand trotzdem versorgen wolle:

  1. Wenn ein Versicherter der City BKK versorgt werden wolle, könne der Leistungserbringer darauf hinweisen, dass er aufgrund des fehlenden Vertragsverhältnisses nicht versorgen könne und dürfe, der Versicherte müsse sich dann an die City BKK wenden, die dem Versicherten sodann einen zur Versorgung berechtigten Leistungserbringer benennen müsse – wenn es diesen dann in einer für den Versicherten zumutbaren Art und Weise gebe.
  2. Wenn der Leistungserbringer versorgen wolle, könne er (nach Information des Versicherten) der City BKK einen auf den Einzelfall hin kalkulierten Kostenvorschlag als Vertragsangebot unterbreiten; diesen könne die City BKK annehmen.
  3. Lehne sie ihn ab, müsse sie für eine anderweitige Versorgung sorgen.
  4. Genehmige sie ihn, allerdings nicht zu den preislichen Konditionen des Leistungserbringers, käme kein Vertrags- und Versorgungsverhältnis zustande, sondern es handele sich um eine Ablehnung des Angebots des Leistungserbringers mit einem gleichzeitigen Angebot für einen neuen Vertragsabschluss, den der Leistungserbringer annehmen oder ablehnen könne.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass das Gericht sehr grosses Verständnis für die missliche Situation des Leistungserbringers zeigte, aber sich nicht in der Lage sah, juristisch zu helfen, da es sich letzlich um ein Problem handele, welches auf Innungsebene gelöst werden müsse. Es sagte allerdings zu, noch im Dezember eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu treffen.

Es verbleibt den Innungen, hieraus die richtigen Rückschlüsse zu tun; dabei dürfte im Vordergrund die Frage stehen, ob ein gemeinsames Vorgehen der Betriebe koordiniert werden kann: sollten die Betriebe in ihrer überwiegenden Mehrheit sowohl eine Unterzeichnung des GWQ-Vertrages als auch eine Versorgung der Versicherten zu den GWQ-Konditionen ablehnen (wozu sie nach der Auffassung des Sozialgerichts Hamburg berechtigt sind), dann dürfte eine nicht ganz unbegründete Aussicht bestehen, die City BKK wieder an den Verhandlungstisch zu holen.

Sollten die Betriebe allerdings keine gemeinsame Linie finden, werden sie über kurz oder lang alle die ihnen einseitig auferlegten Konditionen des GWQ-Vertrages akzeptieren müssen.

Es liegt an den Betrieben, wie es weiter geht. Der einzelne Leistungserbringer jedenfalls wird über die Sozialgerichte angemessenere Vertragskonditionen nicht erstreiten können.


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