Nur mit Hilfe solcher Derivate aber gelang es dem hochverschuldeten Sachsen-Anhalt offenbar, "die alljährlich anfallenden Zinsausgaben" nicht nur zu senken, sondern etwa mit dem rund 850 Millionen schweren Sondervermögen „Altlastensanierung“ rund 5,5 Prozent Gewinn einzufahren. Die Einsparung für das Jahr 2009 habe "insgesamt 28,5 Millionen Euro" betragen - Geld, das nun vielen Kleinsparern, Armen und Unterprivilegierten fehlt, weil sie nicht in der Lage sind, mit Hilfe von hochgehebelten Finanzmarktinstrumenten zu spekulieren.
Auch Sachsen-Anhalt ist auch auf diesem Feld ein Spätstarter. Erst auf dem Höhepunkt der Börsenblase hatte sich Finanzminister Bullerjahn die Genehmigung geben lassen, im Kampf gegen den grassierenden Raubtierkapitalismus Landesgelder in Aktien und Wandelanleihen anlegen zu dürfen. Das "neue Gesamtkonzept für eine zukunftssichere Anlage von Landesvermögen" (Bullerjahn) sah vor, Gelder des neu geschaffenen Pensionsfonds, Gelder der Steuerschwankungsreserve und Kapital des Altlastensanierungsfonds nicht mehr nur in Anleihen mit niedrigem Risiko, sondern auch Aktien und Wandelanleihen anzulegen. Eine regionale Begrenzung gibt es nicht, auch ist der Spekulant Land nicht auf bestimmte Branchen festgelegt. Sachsen-Anhalt kann sich damit weltweit in Rüstungsfirmen, Atomkraftwerkhersteller und Palmöl-Produzenten einkaufen.
Mit großem Erfolg, wie Bullerjahn jetzt meldet. Das Ministerium der Finanzen habe schon "frühzeitig eine umfassende Risikoinventur für Kapitalmarktgeschäfte durchgeführt und in der Konsequenz ein Gesamtkonzept für die Geldanlage und ein Risikotragfähigkeitskonzept für den Einsatz von Derivaten entwickelt", kontert der bekennende Motörhead-Fan etwas verspätet Angriffe aus dem Landesrechnungshof, der dem Land vorgeworfen hatte, mit Steuergeldern zu spekulieren.
Das neue Konzept begrenze "das Risiko zukünftiger Verluste aus derivativen Geschäften für zukünftige Haushalte sehr konkret" und mache es trotzdem "möglich, weiterhin von diesen Geschäften profitieren zu können". Es ist das klassische Konzept des "Wasch mich, aber mach mich nicht nass", nach dem Großbanken wie Lehman, West LB, die IKB und die HVB jahrelang vergebens gesucht haben. Jens Bullerjahn, gelernter Elektroingenieur und Arbeiterführer, hat es wie nebenher erdenken lassen und ihm den schönen Namen "Risikotragfähigkeitskonzept" gegeben.
Ziel sei es „ das Risikomanagement des Landes" mit dem "Einsatz von Derivaten" weiter zu optimieren und sich "an die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen" anzupassen. Damit sei die Grundlage gelegt, "um auch weiterhin am Kapitalmarkt erfolgreich agieren zu können“, erteilte Bullerjahn allen Mitgliedern des SPD-Bundesvorstandes eine Absage, die immer wieder gefordert hatten, den doch so einträglichen Handel mit Zertifikaten und Derivaten zu verbieten.