Someone New | Laura Kneidl

Von Livereadlove

Titel: Someone New

Autorin: Laura Kneidl

Format: Hardcover (Special Edition) | Broschur

Preis: 18,00 € (HC) | 12,90 € (Broschur)

Seitenzahl: 533 Seiten

Verlag: LYX

ISBN: 978-3-7363-0955-5

Bewertung: 5 Sterne

Inhalt

Um sich von ihren Eltern zu distanzieren und langsam auf eigene Beine zu kommen ist Micah für ihr Studium ausgezogen. Als sie auf ihren neuen Nachbarn trifft ist es ausgerechnet Julian, der einige Zeit vorher ihretwegen seinen Job verloren hat. Micah ist es ein Bedürfnis sich zu entschuldigen, doch Julian hält sie auf Abstand und ist abweisend und kühl. Diese undurchdringliche Art fasziniert Micah allerdings sehr und sie möchte herausfinden, was hinter der Fassade von Julian steckt und je näher sie sich kennen lernen, desto klarer wird, dass Julian alle Menschen auf Abstand hält. Er hat ein Geheimnis, das die Sicht auf ihn für immer verändern würde, sollte jemand es lüften…


Ja, ich gebe es zu: der Hype hat mich dazu gebracht die Special Edition von Someone New zu kaufen. Ich habe lange überlegt und kurz bevor die Ausgabe ausverkauft war, habe ich sie bestellt. Ich mochte die Zeichnungen und war einfach unfassbar gespannt was für ein grandioses Buch Laura Kneidl da geschrieben hat. Denn genau das haben quasi alle Blogger / Instagrammer / Leser gesagt. Der Inhalt klang für mich wie jedes andere New Adult Buch und trotzdem musste es ja irgendeine wichtige Botschaft haben. Und so bin ich an das Buch gelangt und habe es dann direkt gelesen.

Für mich war schon nach knapp 50 Seiten klar, dass das Buch ein Wohlfühlbuch wird. Ich kannte den Schreibstil der Autorin schon, da ich bereits ihre „Elemente der Schattenwelt“ Trilogie und „Light & Darkness“ gelesen habe. Es war mir nichts Neues, dass Laura Kneidl mit Worten umgehen kann und in Someone New hat sie dies auch wieder mehr als deutlich gezeigt. Doch nicht nur an der Art und Weise wie Kneidl erzählt konnte ich erkennen, dass ich mich in dieser Geschichte wohl fühlen würde, sondern auch an den Charakteren, die Teil der Geschichte waren.

Allen voran Micah. Sie ist ein verwöhntes reiches Mädchen, das immer alles bekommen hat was sie wollte. Nichts ist ihr im Weg gestanden, denn ihre Eltern sind reich. Als sie beschließt nicht nach Yale zum studieren zu gehen, sondern an der Uni in ihrer Stadt, kaufen ihre Eltern ihr, trotz Vorbehalte wegen Yale, eine Wohnung. Sie zieht ein und ist die Unselbständigkeit in Person. Sie weiß nicht wie man Wäsche wäscht, sie hat noch nie selbst auch nur ein Möbelstück aufgebaut und eigentlich ist ihr sowieso alles zu viel. Man könnte jetzt meinen, dass ich Micah so gar nicht leiden kann, doch das stimmt nicht. Sie ist neugierig, aufgeschlossen und selbstbewusst. Sie lässt sich nicht so einfach unterbuttern und versucht auf die ein oder andere schräge Weise ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. In meinen Augen fügt sie sich sehr stark in die Rolle der „guten Tochter“, die sie eigentlich gar nicht sein möchte. Doch im Laufe der Geschichte entwickelt Micah sich weiter. Sie merkt, dass sie nicht glücklich wird, wenn sie weiterhin das tut, was ihre Eltern verlangen und beginnt auszubrechen. Micah liebt es zu zeichnen, Comics und Graphic Novels zu lesen und ist noch dazu unfassbar talentiert. Anwältin zu sein steht ihr überhaupt nicht, doch um ihre Eltern glücklich zu machen beginnt sie das Jura Studium. Nur in einem hat sie sich durchgesetzt: sie wollte nicht nach Yale.
Natürlich hat es einen Hintergrund, wieso sie nicht in Erwägung gezogen hat nach Yale zu gehen: ihr Zwillingsbruder Adrian wurde von ihren Eltern rausgeschmissen, da er Homosexuell ist. Micah möchte ihn unbedingt finden, um den Streit zwischen ihm und ihren Eltern irgendwie bändigen zu können. Doch Adrian möchte nicht gefunden werden.
Zuerst dachte ich Micah würde sich niemals richtig für ihren Bruder einsetzen und immer klein bei geben, wenn es um ihre Eltern geht, doch auch da kann man im Laufe der Geschichte eine Entwicklung erkennen. Micah beginnt selbstständiger zu werden, sie wird erwachsen und versucht ihren Eltern den Kopf zu waschen. Ob das tatsächlich gelingt kann ich an dieser Stelle nicht sagen, da das ein Spoiler wäre.

Julian ist zunächst ein sehr geheimnisvoller Charakter, der manchmal verschlossen, kühl und wütend erscheint und mal unglaublich liebevoll, sorgsam und sensibel ist. Ich habe die Verbindung zwischen ihm und Micah, die sich wie ein zartes Pflänzchen durch die Erde gekämpft hat, deutlich gespürt. Ich mochte es, wie Laura Kneidl die Beziehung zwischen den beiden sich selbst entwickeln lies. Sie wurden langsam Freunde und gaben erst recht spät ihren wahren Gefühlen nach. Natürlich nicht ohne das gewisse Drama, das bei New Adult Büchern nicht fehlen darf, doch darüber konnte ich gut hinweg sehen. Julian scheint genau zu wissen was er will, doch der Weg dorthin ist schwer: er hat wenig Geld zur Verfügung und muss sich mit mehreren Jobs über Wasser halten. Durch einen Deal mit Micah hilft er ihr, endlich Ordnung in ihre Wohnung zu bringen und so kommen sich die beiden auch immer näher. Ich mochte seine Art und Weise, die manchmal hart und manchmal zärtlich war. Er schien immer recht genau zu wissen wie es Micah geht und was sie braucht. Manchmal jedoch wirkte er überfordert und verließ die Situation dann, um sich wieder in Distanziertheit zu üben. Dass ihn sein Geheimnis belastet war deutlich zu spüren aber auch, dass es unsäglich schwer für ihn ist, darüber zu reden. Es wird recht spät im Buch gelüftet und ist eigentlich der Grund weshalb das Buch 5 Sterne von mir bekommen hat. Die Thematik um die es geht ist unwahrscheinlich wichtig und sollte viel mehr Aufmerksamkeit bekommen. Man sollte lernen normal damit umzugehen, wie es in dieser Geschichte vorgelebt wird. Alles wirkt authentisch, echt und greifbar und es ist unglaublich traurig zu wissen, dass es im echten Leben eben nicht so abläuft. Dass Menschen so viel Hass für andere Menschen übrig haben.. Man sollte sich ein großes Beispiel an Micah und den anderen Charakteren nehmen und Menschen so akzeptieren wie sie sind. Mit allem was dazu gehört. Und genau das vermittelt mir dieses Buch.

Doch nicht nur die Protagonisten Micah und Julian haben mir sehr gut gefallen, sondern vor allem die beiden Mitbewohner von Julian: Auri und Cassie. Ihre Beziehung ist etwas ganz besonderes. Cassie ist eine sehr zierliche Frau, die es liebt zu Cosplayen und bei LARPs mitzumachen. Auri ist PoC, groß und muskulös, da er Football spielt aber eben dieses Hobby mit Cassie teilt: auch er liebt es sich zu verkleiden und bei LARPs dabei zu sein. Die beiden haben eine ganz eigene Dynamik, die in einem weiteren New Adult Roman von Laura Kneidl dann selbst zu Wort kommen werden. Daher möchte ich nicht viel mehr zu den beiden sagen. Sie bekommen ihre eigene Geschichte, die ich bestimmt auch unglaublich toll finden werde.

Es gibt auch noch die beste Freundin von Micah, die als Teenager Mutter geworden ist und die neue Freundin und Studienkollegin Aliza, die Muslima ist. Alles Themen, die recht sensibel sind und doch überall existieren. Für meinen Geschmack war das alles irgendwie zu viel des Guten. Ich habe verstanden, wieso Laura Kneidl das alles in ein Buch gepackt hat. Schließlich ist es auf der Welt ganz genau so. Es gibt homosexuelle Zwillingsbrüder, es gibt PoC die Football spielen und gerne Cosplayen, es gibt Muslimas die einen Foodblog haben und es gibt Teenie-Mütter. Aber der Fokus war in meinen Augen einfach nicht klar genug gesetzt. Als Leser war es für mich einfach etwas überladen und gleichzeitig ist die Frage in meinem Kopf aufgetaucht, die ich schon öfter über Twitter gelesen habe: ist Laura Kneidl als cis, weiße Deutsche diejenige, die diese Geschichten erzählen sollte? Sie hat mit Betroffenen gesprochen, was für sie spricht und doch kann sie das ja nicht nachfühlen. Nicht komplett jedenfalls. Allerdings hat sie eine unwahrscheinliche Reichweite. Sie kann solche sensible Themen publik machen und aufzeigen, wie man damit umgehen kann und soll. So bekommen diese Themen eine Plattform und werden vielleicht eher diskutiert, weil sie einfach gelesen werden. Und in meinen Augen hat sie jede Thematik wirklich toll dargestellt. Allerdings bin ich selbst, wie Laura Kneidl, eine deutsche, weiße cis Frau. Und ich bitte inständig darum, dass man mich auch auf Fehler hinweist, damit ich selbst lernen kann besser damit umzugehen und mich besser auszudrücken.

Fazit

Someone New hat eine unwahrscheinlich wichtige Botschaft. Die Geschichte ist einfühlsam, toll geschrieben, authentisch und kommt zur richtigen Zeit. Es ist wichtig sich mit solchen Themen auseinander zu setzen und zu erkennen, dass jeder Mensch wichtig ist, mit allem was zu diesem Menschen dazu gehört. Es spiel keine Rolle wie man aussieht, wie alt man ist oder welche Sexualität man hat. Das alles ist egal, denn Mensch ist Mensch und ich finde dieses Buch spiegelt diese Botschaft schön wider. Ich hoffe, dass sich viele an Micah und Julian ein Beispiel nehmen und kann das Buch wirklich nur empfehlen.