Lebensplanungen beginnen immer mit „ich werde …“, „ich möchte …“ oder „ich will …“. Meine Lebensplanung setze ich zurzeit eher moderat an. „Sollte ich …“ entspricht mir zurzeit eher. Sollte ich noch einmal ein Buch schreiben, dann wird es den Titel „unclean“ tragen.
Ist das Resignation? Nein, große Visionen und Projekte mag ich mir nicht zumuten. Es gibt Zeiten, in denen man schonender als zuvor mit sich umgehen sollte. Die Fotografie, wenn man engagiert und mit vollem Einsatz dabei ist, zehrt aus. Verwunderlich finde ich immer diejenigen, die anscheinend sorgenfrei und kraftstrotzend von Sprosse zu Sprosse permanent weiter auf der fotografischen Perfektions- und Perfektionsleiter hinauf hüpfen. Zu viele von ihnen habe ich schon verbrennen sehen. Wahrscheinlich ist einer der Gründe dafür, dass sie irgendwann an den Grenzen der Perfektion nichts mehr nachlegen können. Schließlich werden die Anforderungen immer höher und dann kommen Selbstzweifel, die bis zur Arbeitsunfähigkeit führen. Da bleibe ich lieber vage und sage „sollte ich …“.
Unclean, eine interessanter Gedanke. Seit über hundert Jahren streben Fotografen nach Perfektion. Schon der kleinste Fussel auf einem Bild stört den Seelenfrieden. Dies mag für viele Fotografierenden richtig sein. Andere entdecken für sich die Lomografie und glauben an die Freiheit dieser Bewegung, ohne sich bewusst zu sein, dass sie sich einem anderen Streben nach Perfektion unterwerfen. Unclean ist das exakte Gegenteil des Perfekten. Ich weiß nicht, ob ich das in meinen Bildern durchhalten würde. Aber sollte ich … dann könnte ich … vielleicht ein neues Buch schreiben. Aber warum soll ich meine Fotografie durch diese Erkenntnis einengen? Mein Interesse an vielen anderen Dingen in der Fotografie ist so groß, dass ich lieber alle sich bietende Eindrücke sammele, ohne durch eine selbst definiertes Ergebnis meine Kreativität einzugrenzen. Noch ist meine Neugier so groß, dass ich in allen Richtungen sammeln kann. Und vielleicht wird daraus dann das Buch „unclean“. Der aufmerksame Leser wird erkennen, dass hier meine Revolution fortgesetzt wird, weil es einen Ausstieg aus der Schöner-Besser-Gesellschaft bedeutet.
