Mit Zischen und Fauchen fuhren sie, die ersten Dampfbahnen. Es ist fast zweihundert Jahre her (1825), dass im hohen Norden von England, zwischen Stockton und Darlington die erste öffentliche Eisenbahn in Betrieb genommen wurde. Das standen sie, mit Zylinderhüten und Reifröcken, und beklatschten die Eröffnungsrede des Bürgermeisters. Vierzig Kilometer lang war die Strecke, auf eisernen Bahnen, und – kleines Kuriosum – die dort gewählte Spurbreite von 1435mm ist bis heute Standard für alle „regelspurigen Geleise“.
Für die Menschen von damals, die sich große Stille gewohnt waren, war dieses Ungetüm, Kind der Industriellen Revolution, ein furchterregendes Geschöpf. Bei der Entwicklung des Bahnnetzes wollten in der Folge viele Orte nicht, dass dieser Rauch und Lärm durch ihr Dorf führe, und die Linie wurde gelegentlich in großem Abstand zu den Siedlungen gebaut!
Ich erinnere mich an die ersten Nächte in Jajarkot (Nepal)*. Man musste sich richtig an diese Stille gewöhnen. Manchmal begann das Trommelfell (oder das Gehirn?) eigene Geräusche zu erzeugen. Es gab dort im Umkreis von mehreren Tagesmärschen keine Straße und auch keine Motorsägen oder andere Maschinen. Nur einmal die Woche (immer am Mittwoch) hoch oben am Himmel ein kleiner Flieger, unterwegs nach Jomoson oder Mustang. Der klang wie ein Drache.
Und sonst waren da nur die Geräusche, die es dort schon seit hundertausend Jahren gab.
An was für einen unglaublichen Lärm haben wir uns hierzulande „gewöhnt“! Flüsse und Seen sind zwar sauber, Umweltschutz ist ein Thema, Lebensmittel werden auf Gift geprüft. Aber der Lärm? Irgendwie ein ambivalentes Thema!
Moderne Fenster sind absolut schalldicht, aber wenn die Menschen nach Hause kommen, schalten sie eine Geräuschquelle an und die Reportage bringt über die Boxen wieder allerlei Motorengeräusche in die Wohnung. Direktübertragung von außen. Oder beim Auto: sie werden leiser, aber deshalb gibt es den „Soundaktor“. Zum Beispiel der VW GTD erzeugt und verstärkt gegen Aufpreis die Lärmkulisse des Motors elektronisch im Wagen drin. Je nach Fahrstil und Drehzahl. Man kauft sich so Lärm dazu. Interessant.
Suche die Stille.
Dafür sind wir seit Jahrmillionen geschaffen.
Aquarellbild ganz oben: Die Stille oder der Lärm über der Landschaft. Sie lässt ihre Perlen fallen und wenn wir lauschen, dann sehen wir sie.
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BILD
Treugott / 46cm x 66cm / Aquarell (Figur), Mischtechnik auf Zeichenpapier / 2011, Nr.11-015
Das Bild kostet 250.- CHF
Hier habe ich mit meiner Familie einige Jahre gelebt (Jajarkot/Westnepal)