Populärphilosophische Bücher haben Konjunktur; einige gelangen sogar auf Bestsellerlisten (z.B. Sofies Welt” von Jostein Gaarder), wenige sind aber so beschaffen, dass das Lesen nicht nur profundes Wissen vermittelt, sondern auch Vergnügen bereitet. Michael Schmidt-Salomon und seiner Tochter Lea ist mit dem vorliegenden Buch beides geglückt, indem sie die schon vor 2.500 Jahren von den Griechen entwickelte Methode zur Vermittlung philosophischer Einsichten verwenden: Den Dialog!
Die großen und kleinen Fragen des Lebens, der Philosophie und unserer Existenz werden auf höchst unterhaltsame Weise im Frage- und Antwortspiel zwischen Vater (44) und Tochter (20) erörtert; erläuternde Einschübe vermitteln philosophiegeschichtliches Grundwissen wie auch vertiefte Kenntnisse und Einsichten zum jeweils besprochenen Thema.
Dem Vorwort nach ist das Buch für Menschen gedacht, “die sich scheuen, lange philosophische Abhandlungen zu lesen”. “Es soll aber auch philosophisch Versierten gefallen, die Spaß daran haben, abstrakte Konzepte auf knappe, prägnante Formulierungen herunterzubrechen” – ein Vorhaben, das als gelungen bezeichnet werden kann. Die erfrischend unkonventionell und klug formulierten Fragen werden sehr direkt und teilweise auch provokativ kritisch beantwortet; mit viel Humor, manchmal auch mit einer guten Portion Ironie.
Das Buch ist in 3 Abschnitte mit jeweils mehreren Unterkapiteln unterteilt:
- Über das Leben, das Universum und den ganzen Rest
- Die Kunst des Lebens
- Der Traum von einer besseren Welt
Als herausragende Themen diverser Unterkapitel seien hier kurz genannt:
Vom Sinn und Unsinn des Lebens, Glücksstrategien (Hedonismus – Achtsamkeit, Selbstverwirklichung, Leben im Dienst einer höheren Sache), Ich-Bewusstsein, soziale Intelligenz, Gut und Böse, Willensfreiheit (Freiheit von Zwängen bedeutet nicht Freiheit von Ursachen), Ethik versus Moral, Wissenschaft versus Weisheit, Gerechtigkeit versus Selbstgerechtigkeit, Gedanken über den Freitod, zu Toleranz versus Akzeptanz, zu “dürfen wir töten” und “warum sind Menschen oft grausam”. Größere Abschnitte sind auch der “Stufentheorie der Entwicklung moralischen Verhaltens” und dem “Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleichrangiger Interessen” gewidmet. Neben all diesen – und noch vielen anderen -Themen werden auch Fragen nach dem Sein und Nichts, der Außen- und Innenwahrnehmung, dem “Ding an sich” sowie möglicher Wahrheitsfindung durch Logik und Empirie aufgeworfen und eingehend beantwortet.
Wie diverse negative Rezensionen zeigen, können nicht alle Leser den Ausführungen des Buches zustimmen; besonders die religionskritischen Anmerkungen werden z.T. sehr aggressiv (als “neu-atheistische Jugendpropaganda”) abgelehnt und auch Aussagen z.B. zur Sexualmoral und zum Drogenkonsum sowie die Empfehlung, die Welt (ethisch) ohne Moralismus zu betrachten, erregt offensichtlich manche Gemüter. Diesen wäre zu empfehlen, bei allem – unterstellt “ehrlichem” – Bemühen, Schwachstellen des Buches, bzw. der Argumentationen, aufzuzeigen, auch die Motivation ihrer Kritik und Ablehnung zu hinterfragen.
Das letzte Kapitel des Buches beinhaltet den gut begründeten Appell, sich der großen Emanzipationsbewegung der Menschheit anzuschließen, aus dieser Welt einen besseren, humaneren, lebenswerteren Ort zu machen! Ein Aufruf, dem aus Sicht des Rezensenten der Wunsch hinzuzufügen ist, dass auch dieses Buch in Bestsellerlisten aufscheinen möge.
Gerfried Pongratz
[Erstveröffentlichung: GBS Österreich]