Sofia Coppola bringt Colin Farrell in DIE VERFÜHRTEN in die Bredouille

In 1971 war noch Clint Eastwood der Hauptdarsteller in Regisseur Don Siegels Betrogen, die Geschichte eines Unionssoldaten, der während des amerikanischen Bürgerkriegs Zuflucht in einem Mädcheninternat findet. In der Neuzeit heißt der Film Die Verführten und der Fokus von Regisseurin und Drehbuchautorin Sofia Coppola wechselt von der männlichen zur weiblichen Perspektive, so dass Darsteller Colin Farrell es mit schauspielerisch starken Damen wie Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning und einer wunderbaren Oona Laurence zu tun bekommt.

Die Verführten basiert dabei auf dem Roman A Painted Devil von Autor Thomas P. Cullinan. Regisseurin Sofia Coppola (Lost in Translation, Somewhere, The Bling Ring) wurde bei den Filmfestspielen von Cannes 2017 für ihren Film als beste Regisseurin ausgezeichnet, eine Ehre die das Festival bisher nur einmal zuvor an eine Frau vergeben hat: vor Coppola durfte sich lediglich Yuliya Solntseva in 1961 darüber freuen, dass Cannes sie für ihren Film Flammende Jahre als beste Regisseurin ausgezeichnet hat.

Und so nehmen wir bei Coppola von Beginn an den Blick der Frauen auf, zuallererst von Oona Laurences Amy, die beim Pilze sammeln im Wald den verwundeten Unionssoldaten John McBurney (Farrell) findet und ihn mit in Miss Martha Farnsworths (Kidman) Mädcheninternat im ländlichen Mississippi nimmt, wo er gepflegt, dann aber an die Konföderierten übergeben werden soll. Die Mädchen, vor allem Alicia (Fanning) fangen aber an, Gefallen an dem männlichen Besuch zu finden. Auch ihre Französischlehrerin Edwina (Dunst) kann sich den Reizen des Mannes nicht widersetzen. Natürlich kommt es zu Streitigkeiten, die aber schon bald schwinden, als die Frauen erkennen, dass der Mann einen erheblichen Einfluss auf sie alle ausübt.

John McBurney (Colin Farrell) findet Gefallen an der jungen Alicia (Elle Fanning).

Coppolas Kameramann Philippe Le Sourd fängt gespenstisch die vernebelte Südstaaten-Atmosphäre ein. Die ländlichen Bilder mit ihren bedrohlich, verwinkelt wachsenden Bäumen, dem hohen Gras und weitläufiger Einsamkeit ziehen uns nicht nur in diese Welt hinein, sondern sorgen auch für ein erweitertes Gefühl der Hilflosigkeit auf weiter Flur. Diese Qualitäten konnte Le Sourd bereits für Regisseur Kar-Wai Wong und dessen The Grandmaster unter Beweis stellen, wenn auch etwas stilisierter.

Derweil hat Coppola die Band Phoenix zurückgeholt um den Soundtrack zu Die Verführten beizusteuern. Bereits in Somewhere (2010) arbeitete sie mit der französischen Band um Thomas Mars, Deck d’Arcy, Christian Mazzalai und Laurent Brancowitz zusammen, um die Einsamkeit eines Schauspielers (Stephen Dorff) zu untermalen, der mit der Ankunft seiner Tochter (Elle Fanning) frischen Wind in seinem Leben spürt.

Die Ruhe und bedrückende Stimmung, die Phoenix damals über den Film gelegt hat, kommt nun hier ebenso wieder zum tragen. Es geht darum, trotz der Gruppendynamik im Mädcheninternat spürbar zu machen, wie einsam diese Frauen im Angesicht der Ankunft eines einzelnen Mannes sind. Aber auch wird musikalisch deutlich, wenn diese Frauen sich wieder zusammenfinden, wenn sie gemeinschaftliche Entschlüsse gegen den Verbleib des Eindringlings schließen. Die Verführten mag streckenweise langatmig erscheinen oder cheesy Dialoge bereithalten, umso mehr entwickelt sich der Film zum Ende zu einem wahren Horror – zumindest für Colin Farrell.

Die Verführten

Martha Farnsworth (Nicole Kidman) passt sehr gut auf ihr Mädcheninternat auf.

Nicole Kidman spielt großartig die starke, schützende Hand über all ihre Mädchen, die es sich in kleinen, nuanciert gespielten Momenten aber ebenso erlauben darf, Schwäche zu zeigen. Elle Fanning übernimmt ihre stets gut gespielte Paraderolle als junge Lolita, während Kirsten Dunst vielleicht das schwächste Glied der Kette darstellt. Oona Laurence (Southpaw, Elliot der Drache, Bad Moms) stiehlt ein wenig den Film. Als engste Vertraute des Soldaten setzt sie sich besonders für ihn ein, muss aber irgendwann seine Abartigkeit erkennen, wodurch sie wohl die größte Charakterentwicklung des Films durchmacht, was äußerst sehenswert von der Jungdarstellerin gespielt wird.

Die Verführten ist ein ruhiges, aber gerade am Ende bedrohliches kleines Stück Drama-Kino.


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