Quelle: Astrid Müller
Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch einen Text von Ulrich Schäfer zu lesen geben:
„Ich wage der Mensch zu sein, der ich bin:
unfertig, aber doch glücklich,
unsicher im Neuen und doch wissbegierig,
manchmal ängstlich in Entscheidungen,
verwirrt durch das Überangebot an Ideen,
doch auch begeistert von Kleinigkeiten.
Zweifelnd und zögernd, dann wieder mutig und ernst,
verzaubert von Worten oder schweigsam zurückgezogen.
Manchmal zerrissen und voller Widersprüche,
aber auch einseitig und naiv.
Und noch vieles mehr bin ich,
oft nicht genau zu beschreiben.
Ich wage es, mich selbst so anzusehen,
so zu lieben, wie ich es bin und mich auch so zu zeigen,
ob ich nun dafür geliebt werde oder nicht.“
Ihr Lieben,
ich engagiere mich neben meiner vielen Arbeit als Lektor auch noch in der ehrenamtlichen Jugendarbeit, um mitzuhelfen, dass junge Menschen stark und selbstständig werden und anderen Menschen ohne Angst offen in die Augen blicken können und Nein sagen können, wenn diese mit ihnen etwas machen wollen, was sie nicht wollen.
In den oft tiefgehenden Gesprächen mit diesen jungen Menschen höre ich oft Sätze wie zum Beispiel diese:
Ich möchte mich für andere Menschen einsetzen, ich möchte einmal werden wie Mutter Theresa von Kalkutta, wie Franz von Assisi, wie Nelson Mandela oder Mahatma Gandhi.
Wenn ich dann näher nachfrage, stelle ich fest, dass diese lieben jungen Menschen sich diese Vorbilder gewählt haben, weil sie glauben, dass diese Vorbilder sicher und ohne innere Zweifel, ohne Schwächen und ohne Angst durch ihr Leben geschritten sind.
Sie stellen sich unter diesen Vorbildern Lichtgestalten vor, die nur freudestrahlend durch ihr Leben gewandelt sind und Gutes getan haben.
Wenn man aber die Lebenserinnerungen der vier angesprochenen Personen liest, dann merkt man sehr schnell, dass es sich dabei um Menschen wie Dich und mich handelt, nicht um Engel in Menschengestalt, sondern, wie in dem Text von Ulrich Schäfer, um Menschen mit ihren Zweifeln, mit ihren Ängsten, ihren Sorgen und Nöten, ihren hellen und dunklen Stunden, ihrer Freude, aber auch ihrem Leid.
Das finde ich unheimlich tröstlich:
Wir müssen nicht irgendeine Rolle spielen, um etwas wert zu sein, sondern wir sind etwas Besonderes, etwas Einzigartiges, etwas wert, weil wir so sind, wie wir sind und deshalb dürfen wir uns selbst auch lieben.
Wichtig ist, dass wir ein Ziel für unser Leben haben, wie diese vier genannten Personen.
Dabei mag unser Ziel kleiner und bescheidener sein, es ist deshalb nicht weniger wichtig!
Wichtig ist allein, dass wir unser Ziel im Auge behalten und tapfer unseren Weg hin zu unserem Ziel fortsetzen.
Mögen wir auf unserem Weg zum Ziel auch oft zweifeln, oft missgestimmt sein, oft mutlos sein, oft hinfallen – das alles gehört zu unserem Menschsein dazu!
Entscheidend ist aber, dass wir nicht liegenbleiben, sondern dass wir wieder aufstehen.
Mit der Freude und der Trauer…mit der Zuversicht und dem Zweifel… mit dem Mut und der Angst…mit der Hoffnung und der Niedergeschlagenheit… mit der Liebe und den Gefühl, nicht geliebt zu sein…ist es wie mit der Sonne und dem Schatten:
Diese tiefe Erkenntnis dürfen wir niemals vergessen:
Wir können nicht die Wärme der Sonne genießen, uns nicht an ihren Strahlen erfreuen, wenn wir nicht bereit sind, auch den Schatten, den die Sonne wirft, zu akzeptieren.
Er gehört wie ein siamesischer Zwilling zur Sonne dazu:
Entscheidend aber ist, dass die Sonne das Bestimmende ist:
Sie ist die wärmespendende Quelle, der Schatten ist nur eine Begleiterscheinung.
Das sollten wir niemals vergessen:
Die Sonne in unserem Leben, die Liebe, die Freude, die Zuversicht, die Hoffnung, das ist das Bestimmende in unserem Leben, die Angst, die Zweifel, die Niedergeschlagenheit, die Trauer, das sind nur Begleiterscheinungen in unserem Leben, so wie es der Schatten bei der Sonne ist.
Ich wünsche Euch einen fröhlichen Nachmittag und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer zuversichtlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen