So speisten die Tudors: Königliche Tafel im 16. Jahrhundert

Wie ging es an der königlichen Tafel der Tudors zu? Was wurde gegessen, wie wurde gegessen? Welchen Zweck hatten die Mahlzeiten am Hof, außer der Ernährung? Im kostenlosen Online-Kurs „A History of Royal Food and Feasting“ der University of Reading in Zusammenarbeit mit Historic Royal Palaces wurde jede Woche ein anderer Monarch, sein Hof, seine Paläste und seine Tafelfreuden und Sitten unter die Lupe genommen. Los ging es mit Heinrich VIII. und Elizabeth I., und heute will ich mein neugewonnenes Wissen mit Euch teilen und Euch davon erzählen, was sich zu jener Zeit an der königlichen Tafel und drum herum tat.

So speisten die Tudors: Königliche Tafel im 16. Jahrhundert

Credit: The ceiling of the Great Hall of Hampton Court Palace., by Diliff, under CC BY 3.0, title and URL added and cut

Leben und Essen am Tudor-Hof

Der Hof des Königs war das Zentrum der Macht. 500-600 Personen lebten und arbeiteten dort, intrigierten, machten Politik und feierten rauschende Feste. Eine Schar von Bediensteten hielt alles am Laufen und sorgte dafür, dass zweimal täglich alle Höflinge und natürlich der König selbst eine opulente Mahlzeit vorgesetzt bekamen.

Die beeindruckenden Küchen aus der Tudor-Zeit, beispielsweise in Hampton Court Palace, zeugen von der Betriebsamkeit, die damals dort herrschte. War der Hof das Zentrum der Macht, waren die Küchen das schlagende Herz des Hofes. Dort wurde nicht nur gekocht, sondern es wurde auch dafür gesorgt, dass die Wäsche gemacht, alle Räume mit Feuerholz versorgt und der Palast mit Kerzen erhellt wurde. Heinrich VIII. ließ die Küchen Hampton Courts im Jahr 1529 erweitern, sodass 200 Personen dort arbeiteten und die Küchen ganze 55 Räume umfassten.

Die Küchen in Hampton Court hatten zur Tudor-Zeit nur männliches Personal. Das lag zum einen daran, dass die Arbeit schwer war und es so keine potentiellen Beziehungsprobleme gab. Zum anderen wollte man schlicht angeben: Frauen bekamen weniger Lohn für die gleiche Arbeit. Um also zu zeigen, wie reich man war, und dass man überall nur das Beste hatte, wurden nur Männer beschäftigt. Das Zurschaustellen von Reichtum war eine wichtige Aufgabe des Hofs: Es war nicht einfach nur Luxus und Bequemlichkeit, sondern es war ein Indikator dafür, wie gut es dem Land ging und wie mächtig der Herrscher ist.

Dies spiegelte sich auch in den Lebensmitteln, die am Hof auf den Tisch kamen, wider. Während Fleisch aufgrund seines Preises eher selten auf dem Speiseplan des „gemeinen Volkes“ stand, galt dies für die Aristokratie nicht, ganz im Gegenteil. Am königlichen Hof verspeiste man pro Jahr 1.240 Ochsen, 8.200 Schafe, 2.330 Stück Rotwild, 760 Kälber, 1.870 Schweine und 53 Wildschweine. Besondere Festivitäten nicht mitgerechnet. Konnte ein Adliger bei einer Mahlzeit am Hof nicht aus mindestens 20 Fleischgerichten wählen, fühlte er sich herabgewürdigt!

Vor offenem Feuer gebratenes Fleisch war nur der wohlhabenen Oberschicht vorbehalten. Diese Herstellung verbrauchte die meiste Energie, da die meiste Hitze verloren ging. Außerdem musste permanent jemand das Fleisch auf dem Röstspieß drehen. Der Großteil der Bevölkerung konnte von einer dermaßen teuren Zubereitung nur träumen und konnte sich, wenn überhaupt, nur gepökeltes oder geräuchertes Fleisch leisten.

So speisten die Tudors: Königliche Tafel im 16. Jahrhundert

Credit: Fish Court, Hampton Court Palace A court leading to the palace kitchens, by John S Turner, under CC BY-SA 2.0

Die riesige Menge an Lebensmitteln, die der königliche Hof verschlang, wurde zum Großteil von lokalen Produzenten geliefert. Dies ist auch einer der Gründe, warum der Hof nie lange an einem Ort bleiben konnte: Keine Region hätte lange so viel Nahrung liefern können.

Wenigstens war die Lagerung von Lebensmitteln kein wirkliches Problem. Denn mit 500-600 Personen und zwei Mahlzeiten täglich lag nichts lange genug herum, um zu verderben. Hampton Court hatte zur Tudor-Zeit quasi einen begehbaren Kühlschrank. Der Flügel trägt heute den Namen Fish Court. Er bestand aus kleinen, steinernen Vorratskammern und bekam wenig Sonne ab, so war es dort immer kühl.

Königliche Tafel Heinrichs VIII.

Wie wurde also nun getafelt? Es saßen am Tudor-Hof nicht einfach alle Höflinge an einem Tisch. Der Großteil aß gemeinsam, z. B. in der Great Hall von Hampton Court Palace. Es gab zwei Mahlzeiten täglich, um 10 und um 16 Uhr. Das Essen wurde in Schüsseln für je vier Personen serviert, und der Höchstrangigste teilte die Portionen auf.

Die Upper Class der Höflinge und die, die in besonders hoher Gunst standen, speisten im kleineren Rahmen in der Great Watching Chamber. Sie bekamen sowohl feinere Speisen als auch eine größere Auswahl. Die Höflinge in der Great Hall sahen und rochen die guten Sachen, die in die angrenzende Great Watching Chamber getragen wurden, mussten jedoch mit ihrem einfacheren Mahl vorlieb nehmen.

König Heinrich VIII. selbst hatte ganz andere Tischmanieren als ihm angedichtet wurden. Er stopfte keineswegs alles Essen wild in sich hinein, warf Knochen über seine Schulter und wischte seine Hände an seiner Kleidung ab. Er aß sehr ordentlich, die Speisen wurden ihm von knieenden Bediensteten gereicht, und er wusch seine Hände sorgfältig vor, während und nach jedem Gang in Fingerschalen mit Rosenwasser.

Hast Du Lust, jetzt einmal selbst ein Rezept aus der Tudor-Zeit auszuprobieren? Es ist gar nicht schwierig: Diese Käse-Pastete wurde nach Ende der Fastenzeit gegessen und enthält vieles, auf das man vorher verzichten musste: Käse, Butter, Sahne… was kann mit solchen Zutaten schon schiefgehen?

Hier findest Du das Rezept: http://bit.ly/2ftw50i

Was passierte mit den Resten?

Bei solch opulenten Mahlzeiten ist es kaum vermeidbar, dass an der königlichen Tafel Reste anfallen. Es galt sogar als unhöflich, seinen Teller leer zu essen! Die Tudor-Zeit war jedoch keine Wegwerfgesellschaft, und so gab es mehrere Verwendungen für Reste der königlichen Tafel.

Die Reste der edlen Speisen, die dem König und den hochrangigsten Höflingen serviert wurden, konnten an die Höflinge von niederem Rang gehen. Die übrigen Reste gingen zurück in die Küche. Dort wurden sie dazu verwendet, Höflingen, die eine weitere Mahlzeit wollten oder eine Mahlzeit verpasst hatten, ein kaltes Mahl in ihre Gemächer zu schicken. Viele Reste konnten auch für die Hauptmahlzeiten des nächsten Tags recycelt werden. So wurden Fleischreste z. B. zu Pasteten.

So speisten die Tudors: Königliche Tafel im 16. Jahrhundert

King Henry’s great Tudor kitchens swing back into action with a series of live cookery events to run throughout the year. Our food historians and archaeologists will once again be experimenting with Tudor recipes, utensils and cooking methods. See www.hrp.org.uk for event dates. News Team International 24.03.2004. Picture by Richard Lea-Hair.

Viele Reste wurden als Almosen an die Armen gegeben. Dies war so bedeutend, dass es dafür sogar ein eigenes Amt gab: Den königlichen Almosenier. Er war dafür verantwortlich, dass übriggebliebene Nahrung an die Armen verteilt wurde. Almosen zu geben, war für die Könige der Tudorzeit eine wichtige Angelegenheit. Nicht nur gute PR, sondern eine altehrwürdige Tradition, die vom König erwartet wurde. Zudem zeugten viele Reste für die Armen vom Reichtum des Königs und seiner üppigen Tafel.

Kam ein Höfling dieser Verpflichtung, seine Reste dem Almosenier zukommen zu lassen, mehrfach nicht nach, konnte er sogar das Recht, am Hof zu leben, verlieren.

Elizabeth I.

Zur Zeit Elizabeths I. brachte der Aufstieg Englands zur Seefahrernation auch den englischen Tafelfreuden einigen Wandel: Beim Gewürzhandel war man nun nicht mehr vom Handel der Venezianer mit Arabien abhängig, sondern brachte die Waren auf eigenen Schiffen aus aller Herren Länder nach England. Schließlich brachte man sogar Länder in seinen Besitz, in denen man selbst Zucker anbauen konnte. Die ersten Zuckerfabriken entstanden in England, und der Preis für das einstige Luxusgut sank deutlich.

Am elisabethanischen Hof gab es drollige Dinger namens „Banqueting Trencher“: Tellerähnliche Holzscheiben, die auf einer Seite kunstvoll bemalt waren. Stand man in hoher Gunst, wurde man vielleicht nach der Hauptmahlzeit zum „Bankett-Gang“ geladen. Diese Ehre wurde nur den hochrangigsten Gästen zuteil. Jeder Gast bekam einen solchen Trencher, auf dessen unbemalte Seite er die süßen Delikatessen, die er sich aussuchte, legte. Pralinen, Konfekt, Zuckerwerk, kunstvoll gestaltete Marzipanfiguren – eine wirklich edle Angelegenheit. Nachdem die Leckereien verzehrt waren, drehten die Gäste ihre Trencher um. Auf der bemalten Seite befanden sich Zitate, Texte, Witze oder Frechheiten, die vorgelesen und diskutiert wurden.

Zu Zeiten Elizabeths I. waren zuckrige Delikatessen groß in Mode. Man benutzte Zuckerpaste sogar zum Zähneputzen – das Ergebnis kann man sich vorstellen. Elizabeth selbst war ein ausgesprochener Süßschnabel. 1598 beschrieb ein deutscher Reisender mit sehr ehrlichen Worten, die Zähne der Königin seien „schwarz“.

Weihnachten am Tudor-Hof

So speisten die Tudors: Königliche Tafel im 16. Jahrhundert

Das Weihnachtsfest war ein großes Ereignis zur Tudor-Zeit. Unter anderem bedeutete es das Ende der Fastenzeit, die sich über die Adventszeit erstreckte. Während dieser Zeit durften keine tierischen Erzeugnisse verzehrt werden. Außer Fisch, der nicht als solches galt. Seltsamerweise galt auch Gans als Fisch.

Die Weihnachtsfeierlichkeiten begannen am 25.12. und dauerten zwölf Tage. Am Heiligabend dekorierten die Menschen ihre Häuser mit immergrünen Pflanzen und besuchten dann am Weihnachtsmorgen die Messe, bevor die Festivitäten begannen. Jeder der folgenden Tage war nach einem Heiligen benannt, und an mehreren wurden besondere Feste begangen. So ernannten Gemeinden am Fest der unschuldigen Kinder (28.12.) ein Kind zum Bischof oder zur Äbtissin, das der Gemeinde dann für einen Tag vorstand. Es herrschte ein wenig Anarchie, und die soziale Ordnung wurde während der Feiertage durchgeschüttelt.

Ähnlich wie heute aß man damals zur Weihnachtszeit viel Geflügel, am Hof auch teure Delikatessen wie Pfau oder Schwan. Aber auch Wild und Schwein kamen auf den Tisch.

Heinrich VIII. feierte ausnehmend gern Weihnachten und amüsierte sich die vollen zwölf Tage lang. Und er war es auch, der das Überreichen von Geschenken zum Teil des öffentlichen Rituals am Hof machte. Die Geschenke gab es jedoch erst zu Neujahr. Die „Zwölfte Nacht“ (Heilige Drei Könige) am 06.01. beendete die Feierlichkeiten, und das Königreich kehrte wieder zur Normalität zurück.

Heinrichs Tochter Elizabeth I. war Tafelfreuden nicht so zugetan wie ihr Vater. Kein Wunder also, dass das elisabethanische Weihnachten nicht so üppig ausfiel. Es wurde auch großer Wert auf die Fastentage gelegt, um die englische Fischerei (denn Fisch durfte ja gegessen werden) zu unterstützen. Die religiöse Ordnung war in der Zwischenzeit auch komplett umgeworfen worden, und der kirchliche Fokus der Weihnachtstage war größer. Statt an zwölf Tagen wie unter Heinrich VIII. feierte man unter Elizabeth I. nur noch an sechs Tagen Weihnachten: 26. bis 28.12., 01. und 06.01. So wie ihr Vater, ließ Elizabeth die Geschenkübergabe an Neujahr stattfinden. Wollte man in der königlichen Gunst bleiben (oder dorthin gelangen), war man gezwungen, der Königin ein kostspieliges Geschenk zu machen. Doch da Elizabeth ihre Geschenke oft von Anderen entgegennehmen ließ, bedeutete dies noch nicht einmal, dass man der Königin persönlich begegnete.

Am Hof sowohl als im einfachen Volk genoss man viel Unterhaltung an den Weihnachtstagen: Musik, Theaterstücke, Maskenspiele und die damals sehr beliebte Tierquälerei „Bear Baiting“ waren an der Tagesordnung.

Doch bereits zu Zeiten Elizabeths I. kam ein Vorwurf auf, den man bis heute hört: Weihnachten sei viel zu kommerziell geworden, und es gehe gar nicht mehr um den spirituellen Anlass des Festes. Teil des Problems waren damals die Orangenhändler, die vor Weihnachten regelmäßig ihre Preise erhöhten.

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