So nicht, kleiner Prinz

Von Beautifulvenditti

Mein lieber kleiner Prinz

Dass du dich vom Fussballfieber, das auf den Pausenhöfen grassiert, hast anstecken lassen, ist ein herber Schlag für mich. Würdest du bloss in der Freizeit mit deinen Freunden dem Ball nachrennen, wäre das zwar noch kein Problem für mich. Ob du nun mit dem Velo herumkurvst, oder das Tor zu treffen versuchst, ist mir einerlei. Hauptsache, du hängst nicht unmotiviert herum. Dass aber ausgerechnet du, der Liebhaber von klassischer Musik und antiken Denkmälern, erst den Marketing-Gurus von der Firma Panini auf den Leim gekrochen und dann dem Lockruf der Mattscheibe erlegen bist, will mir gar nicht gefallen.

Verzweifeln werde ich deswegen natürlich nicht gleich. Der FeuerwehrRitterRömerPirat schafft es ja auch irgendwie, sich brennend für Weltgeschichte zu interessieren und zugleich mit der Squadra Azzurra mitzufiebern. 

Wenn aber du, mein Jüngster, dich in deinem Fussballwahn an meiner Qualitätszeitung vergreifst, die in diesen Tagen leider auch nicht gänzlich ohne Bilder von verschwitzten Fussballern auskommt, geht mir das entschieden zu weit. Zumal du das Blatt nicht etwa sorgfältig von vorne bis hinten durchblätterst und dann, nach dem Ausschneiden deiner Heiligenbilder, wieder säuberlich gefaltet zurücklegst. In deiner Gier nach Bildern reisst du meine kostbare Lektüre in Fetzen. Vor dem Ausbruch des Fussballfiebers hättest du wenigstens noch den einen oder anderen Artikel im Wissensteil überflogen, aber jetzt zählen für dich nur noch Bälle, Tore und die Farben der Trikots. Lesbar ist meine Zeitung nach deinem Raubzug nicht mehr, dafür ist deine Zimmerwand vollgepflastert mit Zeitungsschnipseln. 

So etwas, mein Sohn, tut mir im Innersten weh und glaub bloss nicht, es mache für mich einen Unterschied, ob du mein Leibblatt wegen eines Italieners oder eines Schweden in Fetzen reisst. Wenn es um Fussball geht, lässt mich sogar Schweden kalt.