So ist das nun mal. Oder vielleicht auch nicht.

So ist das eben mit den Neugeborenen: Sie weinen, wenn sie hungrig sind und dieses Weinen ist so herzzerreissend, dass man alles stehen und liegen lässt, um sich dem hilflosen kleinen Menschlein anzunehmen. Ist die Windel voll, wird sie sofort gewechselt und nicht erst dann, wenn der Hintern wund ist. Nachts, wenn das Baby ausnahmsweise etwas länger als üblich schläft, kommt man nicht zur Ruhe, weil man immer mal wieder nachschauen muss, ob auch wirklich alles in Ordnung ist. Das Baby ist alles, die Mama nichts. Vor elf Uhr morgens kommt Mama kaum unter die Dusche, weil immer dann, wenn sie eigentlich einen Anlauf zur Körperhygiene nehmen möchte, das kleine Menschlein einen Wunsch anmeldet. Und den kann Mama nicht ignorieren, sei ihr Haar noch so strähnig, ihr Gesicht noch so ungewaschen. Gegessen wird irgendwann, manchmal gar im Versteckten, weil das Baby, kaum sieht es die Mama essen, auch gleich wieder Hunger kriegt. Den Tag zu planen kann man in dieser ersten Zeit ganz vergessen und  schon eine kleine Erledigung kann zu einem Stunden dauernden komplizierten Unterfangen werden, weil das Baby die Windel voll hat, kaum hat man es warm eingepackt und dann, wenn man es nach dem Wickeln wieder eingepackt hat und sich auf den Weg machen will, meldet sich der Hunger und danach wieder der Darm und dann muss geschlafen werden und dann…. Ja, so sind sie, die Neugeborenen: Sie fordern alle Aufmerksamkeit der Welt und man gibt sie gern, auch wenn man dabei selber zu kurz kommt.

Bis vor Kurzem hatte ich gedacht, nur neugeborene Menschlein seien so. Inzwischen aber weiss ich, dass neugeborene Familienzentren ganz ähnlich sind. Sie fordern alles und sie kriegen auch alles, weil man weiss, dass sie noch nicht auf eigenen Füssen stehen können. Man erledigt Kleinkram, Grosskram, Aufgaben, die man delegieren könnte und Aufgaben, die man nur in Eigenregie durchführen kann. Das Familienzentrum bestimmt, wie der Tag verlaufen wird und wenn es sich in einem ungünstigen Moment meldet, dann springt man, weil man schon längst nicht mehr die Ruhe hat zum Überlegen, ob das nun wirklich dran ist oder ob man die Sache auch noch warten lassen könnte. Man plant den Tag und am Abend stellt man fest, dass man alles Mögliche erledigt hat, nur nicht das, was man eigentlich vorgehabt hätte: Mal wieder einfach Mama von fünf Kindern sein.

Und das ist es, was mich nachdenklich stimmt: Ich weiss, dass ich all das, was ich für die Kinder aufgeopfert habe, nie bereuen werde, denn sie sind es mehr als Wert. Aber werde ich das, was ich im Moment für meine Arbeit aufopfere, auch nie bereuen? Klar, auch meine Arbeit ist wichtig und richtig. Aber bei aller Wichtigkeit und bei aller Leidenschaft, am Ende handelt es sich eben doch nur Arbeit und nicht um einen Menschen, den ich über alles liebe.

So ist das nun mal. Oder vielleicht auch nicht.



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