So gut, dass es keinen Titel braucht

25 April 2019, Berlin: Rammstein begeistert auch zehn Jahre nach dem letzten Album «Liebe ist für alle da». Das Musikvideo zu «Radio» feierte an der Ecke Torstrasse/Prenzlauer Allee Premiere. Foto: Christoph Soeder/dpa (KEYSTONE/DPA/Christoph Soeder)25 April 2019, Berlin: Rammstein begeistert auch zehn Jahre nach dem letzten Album «Liebe ist für alle da». Das Musikvideo zu «Radio» feierte an der Ecke Torstrasse/Prenzlauer Allee Premiere. Foto: Christoph Soeder/dpa (KEYSTONE/DPA/Christoph Soeder)

In den letzten Wochen habe ich nichts sehnlichster erwartet, als das neue Rammstein-Album. Es trägt offiziell keinen Titel, was irgendwie zu dieser deutschen Schwermetall-Band passt. Mit grossem Brimborium hat die Marketing-Maschinerie die Fans in Bann gezogen. Die erste Album-Auskopplung «Deutschland» sorgte entweder für rote Köpfe oder grossen Applaus. Das amerikanische National Public Radio stellte «Deutschland» gar in Zusammenhang mit der Europawahl. Selbst Historiker mussten sich mit dem Lied beschäftigen. Die grosse Frage stand im Raum: Ist «Deutschland» nun als Zeichen gegen Nationalismus zu verstehen oder einfach eine gelungene PR-Aktion? Die Mitglieder von Rammstein dürften sich so oder so ins Fäustchen lachen: Das Video wurde millionenfach angeschaut und das Album verkauft sich bestens.

Zwischen totaler Begeisterung und grosser Verachtung gibt es bei der Rammstein-Analyse sowieso wenig. Das passt zu unserer Zeit, in der entweder alles schlecht oder super toll ist. Was nur dreieinhalb Sterne erhält, kann sich quasi beerdigen. Es ist kein Geheimnis, dass der deutschsprachige Feuilleton seit jeher Mühe hat mit dem Sextett. Aus diesem Grund scheinen die Musikjournalisten von ihrem Hassobjekt mehr künstlerische Genialität zu verlangen, als von jeder anderen Band.

Zwischen totaler Begeisterung und grosser Verachtung gibt es bei der Rammstein-Analyse sowieso wenig. Das passt zu unserer Zeit, in der entweder alles schlecht oder super toll ist. Was nur dreieinhalb Sterne erhält, kann sich quasi beerdigen.

Für die zweite Single «Radio» – das einige hartgesottene Ur-Fans mit einer poppigen Note erschütterte – luden die Ex-DDRler zur öffentlichen Liveübertragung. Das Musikvideo wurde zur Premiere unter anderem in Berlin an eine Hauswand projiziert. Und das tonlos. Wer die Musik hören wollte, musste zeitgleich den Sender Radioeins einschalten. Klar, dass dadurch die Erwartungen noch höher geschraubt wurden.

Das siebte Album von Rammstein überzeugt musikalisch – trotz etwas sanfteren Tönen. Es ist aber nicht die grosse Offenbarung. Doch das habe ich persönlich nicht erwartet. Im Gegensatz zu anderen Bands, die sich während den Jahren immer wieder den Strömungen angepasst haben, ist Rammstein Rammstein geblieben.

Rammstein hat den richtigen Riecher bewiesen, «Deutschland» und «Radio» als erste Singles zu veröffentlichen. Sie sind klar die stärksten Songs auf dem neuen Album. Auch das kirchenkritische «Zeig dich», die augenzwinkernde Ballermann-Hymne «Ausländer», das düstere «Puppe» oder die Dampfwalze «Tattoo» gefallen. Die restlichen Lieder sind keineswegs schlecht – aber mehr vom gleichen. Doch selbst als langjähriger Fan muss ich gestehen: Das war eigentlich schon immer so. Kein Album, das mich je komplett begeistert hätte.

Natürlich gibt es unter den Fans auch kritische Stimmen: Es gibt diejenigen, die sich mehr im Stil des sehr harten Albums «Mutter» erhofft haben und die anderen, die sich das melodischere «Sehnsucht» zurückwünschen. Für mich ist das siebte Werk von Rammstein die perfekte Mischung – ich habe von allem etwas.


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