Schülervortrag damals: Die Lehrerin erklärt der Klasse, was ein Vortrag ist, welche Themen in Frage kommen, gibt den Kinder Zeit, sich in Zweierteams aufzuteilen und ein Thema zu suchen. An einem schulfreien Nachmittag setzt man sich gemeinsam hin, teilt auf, wer was machen wird, sucht sich ein paar Bücher aus der Bibliothek, vielleicht hat noch jemand ein Poster mit einem zum Thema passenden Bild, dann wird geschrieben – von Hand, versteht sich. Am Vorabend die grosse Nervosität, dann endlich der Auftritt. Zehn Minuten reden, vielleicht eine Folie auf dem Hellraumprojektor, einige Stichworte an der Wandtafel und die gute Note hatte man auf sicher.
Schülervortrag heute: Der Lehrer führt die Klasse in die Kunst der Power Point Präsentation ein, die Schüler wählen ein Thema, danach wird im Internet recherchiert. Bilder, Musik, Filme, Zusammenfassungen – alles wird zusammengetragen und zu einer ersten Präsentation verwurstet, äähm, Pardon, verarbeitet. Diese Präsentation geht per Mail an den Lehrer, der einige Tage später eine Rückmeldung gibt. Im Laufe der Wochen geht die Präsentation noch mehrere Male zwischen Schüler und Lehrer hin und her, bis endlich alles perfekt ist. Da die Unterrichtszeit für die Fülle des Materials nicht reicht, sind Überstunden angesagt und zwar sowohl vor als auch nach dem Unterricht. Ein Vollzeitjob ist ein Klacks im Vergleich, aber Perfektion hat eben ihren Preis. Der Redetext muss niedergeschrieben werden, es braucht ein Quiz, damit die Mitschüler bis zum letzten Satz dranbleiben und dann muss man sich natürlich noch Gedanken machen, ob alle eine kleine Belohnung bekommen, oder ob man nur einen Hauptpreis für den Quiz-Sieger mitbringt. Schliesslich noch die Kontrolle, ob auch wirklich nichts aus dem Internet abgeschrieben ist und ob der Link von der Präsentation zu youtube funktioniert.
Am Vorabend dann die grosse Präsentation vor den Eltern, die völlig erschlagen dasitzen und denken, dass es früher deutlich einfacher war, ein guter Schüler zu sein.