So ehrlich dann auch wieder nicht…

Von Beautifulvenditti

Okay, gestern Abend habe ich ja für Ehrlichkeit plädiert. Aber damit meinte ich die Ehrlichkeit in Beziehungsfragen und nicht die Ehrlichkeit siebenjähriger Töchter ihren Müttern gegenüber. Zumindest Luise würde ein klein wenig Heuchelei ganz gut anstehen.

Da steht das Kind heute Mittag hinter mir auf der Küchenbank und meint plötzlich: „Oh mein Gott!“ Erstaunt über die ungewohnte Ausdrucksweise meiner Tochter will ich wissen, was denn los sei. „Mama, das ist ja furchtbar!“, erklärt sie. „Du hast ja nur noch graue Haare auf dem Kopf. Ich sag’ dir: Nur noch Graue! Das sieht ja furchtbar aus.“

Als ob ein Überschuss an kindlicher Ehrlichkeit nicht ausreichen würde, erklärte sie mir wenig später, dass die Lehrerin gesagt hätte, sie müssten als Hausaufgabe ihre Mama bei der Arbeit zeichnen. „Ich werde dich beim Kochen zeichnen, beim Wäschefalten, wie du mit dem Prinzchen schimpfst und wie du mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten schimpfst.“ Wenig begeistert über die Art, wie sie meine Arbeit zusammenfasst, frage ich, ob sie mich denn nicht auch zeichnen würde, wie ich am Computer sitze. Immerhin erledige ich dort einen großen Teil meiner Arbeit. Luise aber sieht das ein wenig anders als ich. „Aber Mama“, tadelt sie „das ist doch keine Arbeit, was du am Computer machst.“

Mein liebes Kind, ich glaube, ich muss dich mal darüber aufklären, wie sensibel Mütter sein können, wenn es um graue Haare oder um die Frage nach arbeiten oder nicht-arbeiten geht. Nun gut, vielleicht warte ich einfach noch ein paar Jahre. Spätestens wenn du Mama bist und ich Grossmama, wirst du am eigenen Leib erfahren, wie mimosenhaft wir Mütter sind. Und ich versichere dir: Grossmamas können ähnlich undiplomatisch sein wie siebenjährige Mädchen…