So blöd bin ich auch wieder nicht

Ein Anruf heute kurz vor dem Mittagessen: „Frau Venditti, wie ich in unserer Kartei gesehen habe, sind Sie schon seit langer Zeit Kundin unseres Verlags. Jetzt möchte ich Ihnen…“ Ich unterbreche, weil ich fürchte, eine Verkäuferin jenes Verlages am Telefon zu haben, der  mir mal hoch und heilig versichert hatte, ich würde bloss ein Ansichtsexemplar bekommen, doch im Begleitbrief  dieses Ansichtsexemplars begrüsste man mich als neue Abonnentin von „hochwertigen Kinderbüchern, welche die mathematischen Fähigkeiten Ihres Kindes fördern, so dass ihm eine Professur an der ETH so gut wie sicher ist“. Oder vielleicht ist es ja auch der Verlag, der mein deutliches „Nein danke, diesen Mist können Sie gerne jemand anderem aufschwatzen“ als „Oh, ja, gerne, schicken Sie mir diese wunderbare Sache gleich sofort bis zu meinem Lebensende“ aufgefasst hatte und mir daraufhin ein grosses Paket mit billigst hergestellten und überteuert verkauften Bilderbüchern ins Haus lieferte, Rechnung und Bestätigung, dass ich von nun an alle zwei Wochen eine Sendung von „tollen Kinderbüchern mit allen Helden von Walt Disney, die Ihre Kleinen so sehr lieben“ erhalten würde.

Um mich nicht wieder  gegen einen Vertrag wehren zu müssen, den ich nicht abgeschlossen habe, will ich wissen: „Was habe ich denn bis jetzt so gekauft, wo ich doch Kundin sein soll bei Ihnen?“ Selbstbewusst beginnt die Dame aufzuzählen: „Wunderbare Gartenwelt, Bastelideen für das ganze Jahr, Omas Koch- und Backrezepte…“ Ich bin mir fast ganz sicher, dass ich nie etwas dergleichen bestellt hatte, wo ich doch nicht bastle, bei Kochbüchern Wert darauf lege, dass ich sie zuerst anschauen kann und mich beim Gärtnern ganz auf meinen Instinkt verlasse und dabei meist scheitere. Ganz sicher, dass ich nie und nimmer zu den Kunden jenes Verlages gehört habe, bin ich mir aber erst, als die Dame das nächste Werk nennt, welches ich angeblich gekauft habe: Antike Kulturen. Mag ja sein, dass ich in meiner geistigen Umnachtung schon den einen oder anderen Mist gekauft habe, mag sogar sein, dass sich auch schon ein Bastelbuch bei mir eingeschlichen hat und dass ich dies aus lauter Scham verdrängt habe, aber dass ich keine pseudogeschichtswissenschaftlichen Bücher kaufe, da bin ich mir sicher. Ich bin ja zwar bloss eine halbfertige Historikerin, aber auch als Solche hat man gewisse Qualitätsansprüche. Und siehe da, kaum erwähne ich dies, gesteht die Dame, dass sie sich wohl geirrt hat und beendet das Telefonat, hoffentlich ohne dass sie mein deutliches Nein als freudiges Ja interpretiert hat. Kann ja sein, dass ich trotzdem demnächst mit „Omas Koch- und Backrezepte“beliefert werde.

Wenig später wieder ein Anruf: „Frau Venditti, wenn Sie jetzt einen Vertrag mit uns abschliessen, dann…“ Ein ganzer Wortschwall schwappt über mich und weil das Prinzchen, der Zoowärter und der FeuerwehrRitterRömerPirat sich mal wieder in den Haaren liegen, verstehe ich kaum die Hälfte davon. Irgend etwas von einem Inserat in ganz vielen Zeitschriften, die in der ganzen Schweiz erscheinen werden. So höflich wie nur möglich winke ich ab und wende mich wieder meinen tobenden Söhnen zu. Drei Minuten später wieder ein Anruf. Die gleiche Firma, die gleiche Stimme, das gleiche Angebot. Also bescheide ich der Dame knapp, dass sie mich ja eben erst angerufen hätte und dass ich meine Meinung in den letzten drei Minuten noch immer nicht geändert habe. Und was meint die Dame dazu? Vielleicht „Oh, entschuldigen Sie bitte, da habe ich mich wohl verwählt“? Oder „Ach, das tut mir aber Leid, dass ich Sie noch einmal gestört habe“? Nein, sie sagt: „Ach so, das war aber nicht ich, die Sie vorhin angerufen hat.“

Ach so, das waren nicht Sie, sondern eine andere Frau? Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich genau die Frau bin, die Ihnen vor drei Minuten klipp und klar gesagt, dass sie nicht das geringste Interesse an Ihrem Angebot hat.

So blöd bin ich auch wieder nicht

 



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