von Alexander Beier, Wolfgang Elsenbast, Wolfgang Nick und Oliver Obert
Smart Metering hat vor dem Hintergrund der verpflichtenden Einführung von „intelligenten“ Zählern in Neubauten und renovierten Gebäuden seit dem 1.1.2010 an realer Bedeutung gewonnen. Die Einführung dieser Technologie soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu CO2-Einsparungen und mehr Energieeffizienz durch Verhaltensänderungen des Endverbrauchers führen. Dabei besteht aus der Sicht kleinerer und mittlerer Unternehmen die Gefahr, dass der damit verbundene Nutzen eher gering im Vergleich zu den anstehenden Kosten ist und sich das Ganze bestenfalls mit einer längerfristigen Amortisation rechnen könnte. Eine Studie von E-Bridge für bayerische Kooperationsgesellschaften und deren Mitgliedsunternehmen bewertet die entsprechenden technischen sowie wirtschaftlichen Aspekte und entwickelt strategische Optionen für kleinere und mittlere Stadtwerke.
Neben der Einführung von intelligenten Zählern [1] besteht für die EVU in Deutschland die gesetzliche Verpflichtung, spätestens bis zum 30.12.2010 für Letztverbraucher von Elektrizität last- oder tageszeitvariable
Tarife anzubieten (§ 40 Abs. 3 EnWG), sofern technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar. Somit ist v. a. im Elektrizitätsbereich damit zu rechnen, dass Smart Metering von den Energieversorgern sowie den unabhängigen Energielieferanten dazu genutzt wird, sich etwaige Wettbewerbsvorteile beim Stromvertrieb zu sichern (z. B. Kombiprodukte aus Energielieferung, Messstellenbetrieb und Messdienstleistung(en)).
Solche Wettbewerbsvorteile sind hingegen für kleinere EVU nicht ohne Weiteres zu erzielen. Insbesondere bei einer individuellen Umsetzung durch ein Einzelunternehmen können mögliche Synergiepotenziale nicht
genutzt werden. Die Einführung von intelligenten Zählern erfordert zusätzliches technisches Know-how und ist mit einer Vielzahl von organisatorischen und prozessualen Veränderungen und damit Mehrkosten innerhalb des Unternehmens verbunden. Diese Herausforderungen und eine empfehlenswerte Reaktion darauf werden im Folgenden analysiert.
Rechtsrahmen und Marktentwicklung
Hohe Erwartungen an eine gesellschaftlich als wichtig angesehene Technologie haben oft ihre rechtlichen Folgen, insbesondere wenn die Erwartungen von allen Mitgliedstaaten der EU getragen werden. So definiert
das 3. Energiebinnenmarktpaket unter bestimmten Voraussetzungen eine 80-prozentige Abdeckung mit intelligenten Zählern im Jahre 2020. Diese Vorgabe überflügelt die deutsche Marktregulierung zur Einführung
von intelligenten Zählern, welche maßgeblich durch die gesetzlichen Vorgaben in § 21b EnWG und § 40 EnWG getragen wird. Die Messzugangsverordnung (MessZV) konkretisiert ergänzend den wettbewerblichen
Rahmen und verfolgt das Ziel, ein möglichst effektives Unbundling der Wertschöpfungskette zu forcieren.
Vor diesem wettbewerblichen Ansatz der weiteren Marktstrukturierung im Messwesen erfolgt die Einführung von Smart Metering. Dabei sind die nationalrechtlichen Vorgaben bislang zu unkonkret, um die flächendeckende Verbreitung von intelligenten Zählern, wie sie in den Meseberger Beschlüssen von der Bundesregierung angestrebt wird, zu unterstützen. Dies wird sich aber zumindest mittelfristig durch das neue EU-Ziel ändern. Dabei nimmt die individuelle Kosten-Nutzen-Relation von Smart Metering eine wichtige Rolle bei der Marktdurchdringung ein. Hier zeigt sich beim Diffusionsprozess ein typischer S-förmiger Verlauf, der sich in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedlich schnell entwickelt. Lassen sich mit der Einführung von intelligenten Zählern relevante wirtschaftliche Vorteile für die EVU und/oder die Nachfrager verbinden, so ist mit einer schnellen Verbreitung zu rechnen. Die gleiche Wirkung haben strikte staatliche Auflagen.
Technische Aspekte der zu erwartenden Produkte
Im Vergleich zu Italien und den skandinavischen Ländern steht in Deutschland das Smart Metering noch am Beginn des Diffusionsprozesses. Die Wirtschaftlichkeit – und somit der konkrete Diffusionsprozess speziell in einem marktwirtschaftlichen Kontext – hängt maßgeblich von der Standardisierung der Technologie ab, da eine solche kostensenkend wirkt. Standardisierungsbemühungen gibt es von Seiten der Industrie in bestimmten Teilbereichen [2].
Diese sind jedoch nicht bindend, d. h., jeder einzelne Anbieter und/oder Nutzer kann prinzipiell auf die Anwendung dieser freiwilligen Standards verzichten. Das europäische Ausland ist hier teils weiter. So wurde
im Netherlands Technical Agreement (NTA) 8 130 eine Festlegung von Funktionalitäten auf Mindestanforderungen bezüglich der Kommunikationsfähigkeit entsprechender Zähler beschränkt. Auf komplexere Spezifikationen wurde bewusst verzichtet. Auch in Großbritannien und Italien wurden regulatorische Vorgaben gesetzt, die auf eine Interoperabilität abzielen. Die aufgezeigten Beispiele zur Standardisierung haben Vorbildcharakter für Deutschland.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) wollte zunächst auf die Festlegung von Standards vollständig verzichten; sie hat aber zwischenzeitlich in einem Positionspapier Mindeststandards für Zähler definiert, die darauf abzielen, den tatsächlichen Energieverbrauch, die tatsächliche Nutzungsdauer, die Widerspiegelung an den Anschlussnutzer und damit auch die Schnittstellen zu Messeinrichtungen zu harmonisieren. Darüber hinaus stellt sie fest: „wenngleich die Vorgabe dezidierter technischer Schnittstellenstandards durch die BNetzA auf Basis der gegenwärtigen gesetzlichenGrundlagen nicht möglich ist, so wäre dennoch zur Gewährleistung der Interoperabilität der Systeme die Etablierung eines bundesweit einheitlichen Schnittstellenstandards (z. B. IP-Schnittstelle) wünschenswert. Nach Möglichkeit sollten hierbei auch Standardisierungsaktivitäten auf europäischer Ebene berücksichtigt werden“ [3]. Dies zeigt, dass die wichtigen Bemühungen um eine Interoperabilität, die aufgrund der Kostendegression auch gerade für kleinere und mittlere Stadtwerke
von Bedeutung ist, weiter im Stocken sind und auch durch den Regulierer nicht befördert werden (können).
Ferner ist festzustellen, dass gemäß BNetzA eine Berücksichtigung der Kosten intelligenter Zähler der EVU im Regulierungskonto auf den Kosten der Mindeststandards aufsetzt. Weitere Zusatzfunktionen wären demzufolge nicht entgeltrelevant. Hier ist zu betonen, dass lediglich die Ausgaben für die Zähler erwähnt werden. Die Umsetzung von Smart Metering verursacht jedoch weitergreifende Kosten durch die Bereitstellung (und ggf. Anpassung) der notwendigen ITInfrastruktur. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich begrüßenswert, wobei allerdings die Mindestfunktionalitäten aus unserer Sicht nicht geeignet sind, lastvariable Tarife anzubieten. Sofern dieses Angebot vom Gesetzgeber bezweckt ist, sollten auch solche Kosten abgedeckt sein. Zugleich ist eindeutig festzustellen, dass der BNetzA die rechtliche Grundlage fehlt, eine Standardisierung umzusetzen, wobei aus Wettbewerbsgesichtspunkten eine europaweite Lösung das richtige Ziel wäre.
Weitere wichtige Rahmenbedingungen für die Marktentwicklung von Smart Metering-Systemen sind in der GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Strom) und der GeLi (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel) Gas zu sehen. Die Umsetzung der neuen Geschäftsprozesse im Messstellenbetrieb und in der Messdienstleistung verbunden mit der Standardisierung entsprechender Verträge im Messwesen sowie der erforderliche Anpassungsbedarf der bestehenden IT-Systeme durch den seit dem 1.4.2010 vorgeschriebenen
elektronischen Datenaustausch und die bis spätestens zum 1.10.2010 abzuschließende Systemtrennung stellen die EVU und Netzbetreiber aktuell vor weitere Herausforderungen. Insbesondere der Messstellenbetrieb wird durch das potenzielle Auftreten neuer Messstellenbetreiber am Markt Veränderungen in der Prozesslandschaft
und somit auch in seinen Marktstrukturen erfahren.
Erfahren Sie mehr zu:
Haben Sie Interesse an weiteren Details zu WiM, Smart Metering / Smart Grid? Das liberalisierte Messwesen nach WiM und EnWG
am 24 - 26 Oktober 2011 im Swissôtel Düsseldorf/Neuss
Smart Metering hat vor dem Hintergrund der verpflichtenden Einführung von „intelligenten“ Zählern in Neubauten und renovierten Gebäuden seit dem 1.1.2010 an realer Bedeutung gewonnen. Die Einführung dieser Technologie soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu CO2-Einsparungen und mehr Energieeffizienz durch Verhaltensänderungen des Endverbrauchers führen. Dabei besteht aus der Sicht kleinerer und mittlerer Unternehmen die Gefahr, dass der damit verbundene Nutzen eher gering im Vergleich zu den anstehenden Kosten ist und sich das Ganze bestenfalls mit einer längerfristigen Amortisation rechnen könnte. Eine Studie von E-Bridge für bayerische Kooperationsgesellschaften und deren Mitgliedsunternehmen bewertet die entsprechenden technischen sowie wirtschaftlichen Aspekte und entwickelt strategische Optionen für kleinere und mittlere Stadtwerke.
Neben der Einführung von intelligenten Zählern [1] besteht für die EVU in Deutschland die gesetzliche Verpflichtung, spätestens bis zum 30.12.2010 für Letztverbraucher von Elektrizität last- oder tageszeitvariable
Tarife anzubieten (§ 40 Abs. 3 EnWG), sofern technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar. Somit ist v. a. im Elektrizitätsbereich damit zu rechnen, dass Smart Metering von den Energieversorgern sowie den unabhängigen Energielieferanten dazu genutzt wird, sich etwaige Wettbewerbsvorteile beim Stromvertrieb zu sichern (z. B. Kombiprodukte aus Energielieferung, Messstellenbetrieb und Messdienstleistung(en)).
Solche Wettbewerbsvorteile sind hingegen für kleinere EVU nicht ohne Weiteres zu erzielen. Insbesondere bei einer individuellen Umsetzung durch ein Einzelunternehmen können mögliche Synergiepotenziale nicht
genutzt werden. Die Einführung von intelligenten Zählern erfordert zusätzliches technisches Know-how und ist mit einer Vielzahl von organisatorischen und prozessualen Veränderungen und damit Mehrkosten innerhalb des Unternehmens verbunden. Diese Herausforderungen und eine empfehlenswerte Reaktion darauf werden im Folgenden analysiert.
Rechtsrahmen und Marktentwicklung
Tipp: kostenlose Artikel, Whitepaper und Präsentationen zum Thema Smart Metering, Smart Grid, WiM und Messstellen gibt es hier.
Hohe Erwartungen an eine gesellschaftlich als wichtig angesehene Technologie haben oft ihre rechtlichen Folgen, insbesondere wenn die Erwartungen von allen Mitgliedstaaten der EU getragen werden. So definiert
das 3. Energiebinnenmarktpaket unter bestimmten Voraussetzungen eine 80-prozentige Abdeckung mit intelligenten Zählern im Jahre 2020. Diese Vorgabe überflügelt die deutsche Marktregulierung zur Einführung
von intelligenten Zählern, welche maßgeblich durch die gesetzlichen Vorgaben in § 21b EnWG und § 40 EnWG getragen wird. Die Messzugangsverordnung (MessZV) konkretisiert ergänzend den wettbewerblichen
Rahmen und verfolgt das Ziel, ein möglichst effektives Unbundling der Wertschöpfungskette zu forcieren.
Vor diesem wettbewerblichen Ansatz der weiteren Marktstrukturierung im Messwesen erfolgt die Einführung von Smart Metering. Dabei sind die nationalrechtlichen Vorgaben bislang zu unkonkret, um die flächendeckende Verbreitung von intelligenten Zählern, wie sie in den Meseberger Beschlüssen von der Bundesregierung angestrebt wird, zu unterstützen. Dies wird sich aber zumindest mittelfristig durch das neue EU-Ziel ändern. Dabei nimmt die individuelle Kosten-Nutzen-Relation von Smart Metering eine wichtige Rolle bei der Marktdurchdringung ein. Hier zeigt sich beim Diffusionsprozess ein typischer S-förmiger Verlauf, der sich in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedlich schnell entwickelt. Lassen sich mit der Einführung von intelligenten Zählern relevante wirtschaftliche Vorteile für die EVU und/oder die Nachfrager verbinden, so ist mit einer schnellen Verbreitung zu rechnen. Die gleiche Wirkung haben strikte staatliche Auflagen.
Technische Aspekte der zu erwartenden Produkte
Im Vergleich zu Italien und den skandinavischen Ländern steht in Deutschland das Smart Metering noch am Beginn des Diffusionsprozesses. Die Wirtschaftlichkeit – und somit der konkrete Diffusionsprozess speziell in einem marktwirtschaftlichen Kontext – hängt maßgeblich von der Standardisierung der Technologie ab, da eine solche kostensenkend wirkt. Standardisierungsbemühungen gibt es von Seiten der Industrie in bestimmten Teilbereichen [2].
Diese sind jedoch nicht bindend, d. h., jeder einzelne Anbieter und/oder Nutzer kann prinzipiell auf die Anwendung dieser freiwilligen Standards verzichten. Das europäische Ausland ist hier teils weiter. So wurde
im Netherlands Technical Agreement (NTA) 8 130 eine Festlegung von Funktionalitäten auf Mindestanforderungen bezüglich der Kommunikationsfähigkeit entsprechender Zähler beschränkt. Auf komplexere Spezifikationen wurde bewusst verzichtet. Auch in Großbritannien und Italien wurden regulatorische Vorgaben gesetzt, die auf eine Interoperabilität abzielen. Die aufgezeigten Beispiele zur Standardisierung haben Vorbildcharakter für Deutschland.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) wollte zunächst auf die Festlegung von Standards vollständig verzichten; sie hat aber zwischenzeitlich in einem Positionspapier Mindeststandards für Zähler definiert, die darauf abzielen, den tatsächlichen Energieverbrauch, die tatsächliche Nutzungsdauer, die Widerspiegelung an den Anschlussnutzer und damit auch die Schnittstellen zu Messeinrichtungen zu harmonisieren. Darüber hinaus stellt sie fest: „wenngleich die Vorgabe dezidierter technischer Schnittstellenstandards durch die BNetzA auf Basis der gegenwärtigen gesetzlichenGrundlagen nicht möglich ist, so wäre dennoch zur Gewährleistung der Interoperabilität der Systeme die Etablierung eines bundesweit einheitlichen Schnittstellenstandards (z. B. IP-Schnittstelle) wünschenswert. Nach Möglichkeit sollten hierbei auch Standardisierungsaktivitäten auf europäischer Ebene berücksichtigt werden“ [3]. Dies zeigt, dass die wichtigen Bemühungen um eine Interoperabilität, die aufgrund der Kostendegression auch gerade für kleinere und mittlere Stadtwerke
von Bedeutung ist, weiter im Stocken sind und auch durch den Regulierer nicht befördert werden (können).
Ferner ist festzustellen, dass gemäß BNetzA eine Berücksichtigung der Kosten intelligenter Zähler der EVU im Regulierungskonto auf den Kosten der Mindeststandards aufsetzt. Weitere Zusatzfunktionen wären demzufolge nicht entgeltrelevant. Hier ist zu betonen, dass lediglich die Ausgaben für die Zähler erwähnt werden. Die Umsetzung von Smart Metering verursacht jedoch weitergreifende Kosten durch die Bereitstellung (und ggf. Anpassung) der notwendigen ITInfrastruktur. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich begrüßenswert, wobei allerdings die Mindestfunktionalitäten aus unserer Sicht nicht geeignet sind, lastvariable Tarife anzubieten. Sofern dieses Angebot vom Gesetzgeber bezweckt ist, sollten auch solche Kosten abgedeckt sein. Zugleich ist eindeutig festzustellen, dass der BNetzA die rechtliche Grundlage fehlt, eine Standardisierung umzusetzen, wobei aus Wettbewerbsgesichtspunkten eine europaweite Lösung das richtige Ziel wäre.
Weitere wichtige Rahmenbedingungen für die Marktentwicklung von Smart Metering-Systemen sind in der GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Strom) und der GeLi (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel) Gas zu sehen. Die Umsetzung der neuen Geschäftsprozesse im Messstellenbetrieb und in der Messdienstleistung verbunden mit der Standardisierung entsprechender Verträge im Messwesen sowie der erforderliche Anpassungsbedarf der bestehenden IT-Systeme durch den seit dem 1.4.2010 vorgeschriebenen
elektronischen Datenaustausch und die bis spätestens zum 1.10.2010 abzuschließende Systemtrennung stellen die EVU und Netzbetreiber aktuell vor weitere Herausforderungen. Insbesondere der Messstellenbetrieb wird durch das potenzielle Auftreten neuer Messstellenbetreiber am Markt Veränderungen in der Prozesslandschaft
und somit auch in seinen Marktstrukturen erfahren.
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- Wirtschaftliche Aspekte
- Operative Umsetzung für kleinere und mittlere Stadtwerke
- Einzelne Maßnahmen
- Die strategische Perspektive
Haben Sie Interesse an weiteren Details zu WiM, Smart Metering / Smart Grid? Das liberalisierte Messwesen nach WiM und EnWG
am 24 - 26 Oktober 2011 im Swissôtel Düsseldorf/Neuss