Smart in die Röhre schauen


Es ist Jahre her, da war ich von einer Idee begeistert. Grosse Bildschirme ermöglichen es, Informationen überall abzurufen, wo sie gerade gebraucht werden und ersetzen zudem das Telefon. Vielleicht so eine Art “Star Trek” im kleinen, wo ein Computer mit allen Bildschirmen vernetzt ist. Fernseher heissen nun im Neudeutschen SmartTV und sind der Vision einen Schritt näher gerückt. Der Netzwerk Zugriff ermöglicht es, auf die Bilder im NAS zuzugreifen, mit eingebauter Webcam kann mit Skype vom Sofa aus telefoniert werden, egal wo der Empfänger sitzt. Vielleicht antwortet er ja vom Smartphone aus irgendwo aus einem Zug? Schöne neue Welt?

Fernseher mit Webcam (Quelle: samsung.ch)

Fernseher mit Webcam (Quelle: samsung.ch)

Doch das hat wieder einen Haken. Solche Fernseher, die hunderte von Zusatzfunktionen mitbringen, sind gegenüber ihren Vorgängern erheblich komplexer. Zwar hat sich an der eigentlichen Funktionsweise nichts geändert, doch diese smarten Zusatzfunktionen machen es kompliziert. Reichte früher ein einzelner Empfänger für Kabel und Antenne, muss es heute DVB-T, DVB-T2, DVB-C, DVB-S und, Sie ahnen es, DVB-S2 sein. Daneben muss der Streamingclient über LAN, WLAN, Powerline auf verschiedene Dienste im lokalen Netz zugreifen, der Skypeclient sollte via Router das Internet erreichen und das ganze soll dann noch schick aussehen und nicht viel kosten.

Sie ahnen es, das geht nicht ohne Fehler. So erlebte ein Bekannter von mir jetzt ein kleines Wunder. Er schaute zwar “smart”, aber eben smart in die Röhre.

Von einem grossen Hersteller kaufte er sich einen Fernseher. Er achtete vor allem darauf, dass dieses Gerät mit Mehrfach Systemen zurecht kommen konnte. Die zeichnen sich dadurch aus, dass mehrere Geräte in einem lokalen System auf den LNB in der Antenne zugreifen können. Eigentlich keine wirklich neue Technologie, so etwas gibt es seit Jahren, doch es funktionierte einfach nicht. Es war wie verhext: zwar konnte der Fernseher auf den Empfänger zugreifen und er fand auch Sender, doch alle Schweizer Kanäle waren nicht auffindbar.

Die restlichen Receiver im System fanden diese und konnten teils via Smartcard auch zugreifen. Nur das neue Gerät verweigerte den Dienst.

Über die Einstellungen wurde es dann probeweise der Standort des Gerätes verschoben. Wurde in der Grundeinstellung Deutschland gewählt, waren die Kanäle verfügbar. Auch wenn der Fernseher glaubte in Frankreich zu sein, fand er alles. Doch als “Schweizer” Gerät waren die Kanäle wieder weg.

Ein Fernsehtechniker verzweifelte an dem dünnen Kasten und nahm ihn mit. Nach ein paar Wochen kam dann die Antwort. Es handelt sich um einen Softwarefehler, in einer der unzähligen Steuertabellen ist wohl ein Fehler enthalten, der Kanäle blockt, die eigentlich dargestellt werden sollten. Vermutlich ist in irgendeiner Excel-Copy-and-Paste Session ein Fehler passiert, als das System beim Hersteller virtuell aufgesetzt wurde. Der Witz an der Sache: der neue Fernseher war für den Hersteller schon zu alt. Für das Exemplar würde kein Update mehr erscheinen. Der Kunde kann also in die Röhre schauen – wenn auch smart.

Der Händler tauschte das Gerät schliesslich aus gegen ein neues. Wenige Wochen später waren schon neue Modelle verfügbar. Das hatte wieder neue Funktionen, war aber in der Lage, die Fernsehprogramme zu empfangen.

Für mich bleibt der Fade Beigeschmack, den ich schon Ende 2012 beschrieb: es muss immer neuer werden und immer schneller. Nur besser wird es nicht.

Schlagwörter: DVB-C, DVB-S, DVB-T, fernsehen, Fernseher, Hersteller, Probleme, Skype, SmartTV, Technik, Updates


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