Dass die Tastings von Pit Krause den Namen Premiumtasting völlig zu Recht tragen, ist inzwischen keine Neuigkeit mehr. Bei diesen Veranstaltungen gibt es grundsätzlich nur erstklassige Tropfen und – so viel kann vorweggenommen werden – da machte auch dieses keine Ausnahme.
Dass die Eröffnung ebenfalls nicht aus dieser Reihe gefallen ist, war mein persönliches Aha-Erlebnis. Denn der Warm-Up-Whisky war ein Blend: King of Scots (Mason Decanter, Limited Edition) 17 y.o. De Luxe, Douglas Laing for Donati Imp. (Italy) from early 1970ies, 43%. Blends haben mich noch nie begeistert, auch die richtig teuren nicht. Dieser hier war zu seiner Zeit – abgesehen von der wirklich ausgefallenen Porzellanflasche – noch nicht mal besonders exklusiv und war für einen Preis zu haben, den man heute für durchschnittliche Supermarktwhiskys bezahlt. Aber nichts desto trotz konnte er mich völlig überzeugen. In der Nase ein weiches, volles und überraschend komplexes Aroma mit Honig, Nüssen und Früchten (allerdings nicht so weihnachtlich, wie das jetzt klingt). Auch der Geschmack war warm, weich, mild und ebenfalls überraschend komplex, wobei keine einzelne Note richtig deutlich herausgestochen hat. Jeden Moment war etwas anderes präsent, aber bevor ich es richtig festmachen konnte, war es wieder weg. Viele feine Noten und dazu eine leichte, schmelzige Süße. Zwar hatte er – wie für einen Blend üblich – keine deutliche Entwicklung im Abgang, aber das hat gar nicht gestört, weil sich im Geschmack eh schon so viele verschiedene Noten gefunden haben. Insgesamt nicht nur sehr angenehm zu trinken, sondern dabei auch sehr interessant. Da geht der Daumen gerade nach oben!
Mit Nummer zwei ging es weiter in die Lowlands. Littlemill 22 y.o. The Whisky Agency – ‘Sea Life’ 1990 – 2012, Refill Sherry Butt, 719 btl., 52,2% oder auch Wo ist die Lammkeule? Die Frage kam bei uns am Tisch sofort auf. Selten hatte ich einen Whisky, bei dem sich so viele Kräuternoten in der Nase (und auch im Mund) gefunden haben, wie bei diesem. Thymian war deutlich im Vordergrund, ansonsten hat es mich vor allem an die Kräuterbonbons erinnert, die es an den kleinen Ständen in der Münchner Fußgängerzone zu kaufen gibt. Etwas unreife Frucht war auch dabei, aber eher beim ersten Riechen. Später ist das sehr in den Hintergrund getreten. Der Alkohol kommt im Geschmack deutlich heraus, dazu Kräuter satt. Im Abgang ist er leicht trocken geworden und Cassisnoten kamen dazu, mit einer insgesamt sehr langen Entwicklung. Extrem eigenständiger Tropfen und sicher nichts für jeden Tag.
Der nächste war die Jubiläumsabfüllung von Maggie Millers Scotch Single Malt Circle. Macduff 32 y.o. Scotch Single Malt Circle ‘The Jubilee Circle Malt’, 28. Nov 1980 – 27. March 2013, Barrel 6908, 144 btl., 46,2%. Für eine Jubliäumsabfüllung einen Macduff zu nehmen statt eines Whiskys mit einem großen Namen, ist mutig. Aber in diesem Fall auch völlig berechtigt, denn dieser Macduff ist großartig! Gut, bei viel Frucht bin ich immer zu haben, von dem her bin ich hier möglicherweise nicht völlig objektiv. Der erste Eindruck war auch eigentlich gar nicht mal so positiv und hatte etwas von Lösungsmittel. Aber das war schnell verflogen und einem vollen Fruchtaroma gewichen. Nicht eine einzelne Frucht, sondern eher, wie wenn man den Kopf über eine Schüssel Fruchtsalat hält. Das hat sich auch im Mund fortgesetzt, volle Fruchtbombe mit einer ganz leichten Schärfe dahinter, bei der nach einer langen Entwicklung eine leicht bittere Note zum Ausklang dazu kommt. Wenn man mit der Richtung was anfangen kann, dann ist der schon sehr nahe an der Perfektion!
Kontrastprogramm: Highland Park 20 y.o. Scotch Malt Whisky Society (SWMS 4.55 – “After the accident: a snapshot”), Nov. 1977 – Feb. 1998, 54,4%. Hier ist man nicht mehr im Obstgarten, sondern eindeutig an der Küste. Salz ist angesagt, leicht in der Nase und sehr deutlich im Mund. Dazu eine kräftige Schärfe, die lang anhält und sich langsam wie die Brandung über die Zunge in den Rachen zurückzieht. Das ist nichts für den Sommer, sondern ein Whisky, der einem nach einem Sturmtief an der Küste die Lebensgeister zurückbringt (oder einen endgültig ausknockt).
Gleich weiter zum nächsten Kontrast. Tomintoul 34 y.o., John Milroy ‘Millenium Selection’, Jan. 1966 – May 2000, Single Sherry Cask, 49,01%. Wie dunkel kann ein Whisky werden? Vermutlich nicht dunkler als dieser hier und das lässt auf viel Sherry schließen. Sehr viel Sherry. Allerdings kein süßer, sondern ein richtig trockener. Der Geruch erinnert vor allem an Kaffee oder Kaffeelikör, komplett ohne Schwefelnoten. Das bisschen Süße, dass sich erriechen lässt, findet sich im Geschmack kaum wieder. Auch hier stehen trockene Kaffeenoten im Vordergrund. Spät im Abgang kommt etwas Lakritz durch. Mir ist das insgesamt zu viel. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich den blind überhaupt als Whisky erkannt hätte. Schon ein sehr guter Tropfen, aber das ist dann nicht mehr so richtig meine Baustelle.
Spätestens jetzt brauchte der Magen eine Stärkung und die bekam er auch in Form der Antipasti, die bei den Tastings im A Tavola immer gereicht werden.
Die harte Aufgabe des ersten Whiskys nach dem Essen fiel diesmal einem Glenglassaugh zu: Glenglassaugh 20 y.o. for Dansk Maltwhisky Academy (Hotel Falster) by Creative Whisky Company, 1986 – 2006, Sherry Cask 06/08048, 51,3% (mit einer großartigen Aufmachung der Flasche!). Thematisch bleiben wir beim Thema Sherry, auch hier ist die Farbe extrem dunkel. Allerdings ist hier nicht Kaffee angesagt, sondern Schwefel, schwere Süße, Rosinen und Pralinen. Der Geschmack kommt wuchtig und süß, auch hier deutlich Pralinen, dabei aber auch sehr kräftig und scharf. Im Abgang gibt es Toffee und cremige Noten. Ohne Wasser kann ich den nicht trinken, aber auch mit Wasser bleibt er mir (ähnlich wie schon der Tomintoul) zu krass. Die Gelegenheiten, bei denen ich Lust auf so extreme Sherrybomben habe, sind dann doch eher selten.
Mit dem nächsten wechseln wir aber auch direkt wieder den Bereich. Caol Ila ‘ Feis Ile 2012′ OB, 15.01.2001, Sherry Butt 300897, hand selected by Billy Stitchell, 60,4%. Für viele der Gewinner des letztjährigen Islay-Festivals. Caol Ila mag die Destille mit dem wenigsten Charme auf der Insel sein, sie verblüffen trotz der vollautomatischen Industrieanlagen immer wieder mit ausgezeichneten Tropfen. Vom Sherry Butt ist hier übrigens wenig bis gar nichts zu finden, weder in der Farbe noch im Aroma. Dafür gibt es neben dem deutlich präsenten Torf etwas Zitrone und vor allem Getreide und Kräuternoten, die etwas an Gin erinnern. Wacholder könnte durchaus dabei sein. Der Geschmack ist sehr kräftig und mit einer deutlichen Schärfe, was bei dem Alkoholgehalt nicht verwundern muss. Trotzdem braucht er nicht unbedingt Wasser. Für die anderen Noten muss man ein wenig hinter diese Kraft schmecken, aber auch hier findet sich das Getreide und die Kräuter aus der Nase wieder. Der Abgang ist sehr lang und wartet ganz spät mit einer Süße durch, die das Sherryfass zumindest ahnen lässt. Durch sein Muskelspiel täuscht er etwas, da steckt viel Feingeistiges drin. Toll!
Mit dem Abschluss bleiben wir auf Islay, denn nach dem Caol Ila können nur ein paar andere Whiskys überhaupt bestehen. Ein Name drängt sich da natürlich auf. Laphroaig 10 y.o. OB ‘Original Cask Strength’ Green Stripe from 1980ies, 57,3%. Wer nur die neuen Laphies kennt, wird von den alten überrascht sein. Zwar kommen auch die mit wuchtigem Torf, kräftig und schon auch etwas medizinisch – aber ohne die Jodnoten, die für die neuen so typisch sind. Auch der Geschmack ist weitaus komplexer als bei den heutigen, dafür auch etwas weniger eigenständig. Ich kann mich auch nicht endgültig entscheiden, was ich lieber mag. Der hier ist zweifelsohne toll, aber ein wenig fehlt mir eben das, was ich mit “meinen” Lahroaigs verbinde. Späte Geburt und so
Einen klaren Sieger des Abends hab ich diesmal nicht. Zwar trifft der Macduff am ehesten meinen Geschmack und die beiden Sherrygranaten am wenigsten. Aber qualitativ war das alles Oberklasse. Egal welcher mit davon zum Trinken angeboten werden würde, ich müsste bei keinem länger überlegen als es braucht, “Ja!” auszusprechen.
Danke an Pit, auch für die vielen guten Anekdoten und Bilder, die es zu den Whiskys gegeben hat. Besser kann ein Abend eigentlich kaum sein!