Slow Travel – Die Kunst des Reisens

Von Buchstabenchaos

Der Weg ist das Ziel, in der Ruhe liegt die Kraft…wie immer man es auch nennen mag, Geduld war leider noch nie meine Stärke. Für mich war schon immer das Ziel das Ziel, trotzdem hat es mich interessiert, was Leute dazu bringt, ihren Urlaub dafür zu opfern, ihre Urlaubsziele auf langwierigen Wegen anzusteuern oder die Zeit auf sonstigen wenig effektiven Weisen tot zu schlagen. Es könnte doch so einfach sein, rein in den Flieger, raus aus dem Flieger: tadaaaaaa! Flugangst? Okay, ein offensichtlicher Grund, der auch den Autor Dan Kieran dazu gebracht hat, die Welt -oder zumindest einen Teil davon- auf dem Landweg zu bereisen. Doch es geht nicht darum, die (An-)Reise möglichst in die Länge zu ziehen und alle möglichen Katastrophen unterwegs einzusammeln, sondern darum, Land und Leute – und vielleicht auch ein kleines bisschen sich selbst – kennen zu lernen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir auf Reisen ebenso sehr nach dem Ausschau halten, was wir vergessen haben, wie nach dem, was wir nicht kennen.

In sieben Kapiteln/Lektionen möchte Kieran den Leser seine Art des Reisens näher bringen. Die Regeln dazu sind einfach: 1. Reise nicht nur, um anzukommen, 2. Bleib zu Hause, 3. Sei dein eigener Reiseführer, 4. Heiße Katastrophen willkommen, 5. Folge deinem Instinkt, 6. Verliere den Kopf und natürlich 7. Sei abenteuerlustig! So weit, so gut. “Slow Travel” soll allerdings kein Handbuch für bewussteres Reisen sein sondern vielmehr ein Sammelsurium an Episoden, die Kieran bei seinen Reisen widerfahren sind. Beispielsweise erzählt er davon, dass er England mit Freunden per batteriebetriebenen Milchwagen bereist hat. Klingt nach Schnapsidee, untermauert aber seinen Standpunkt: das eigentliche Reisen spielt sich im Kopf ab, selbst – oder gerade – dann, wenn man mit einer Geschwindigkeit unterwegs ist, die es sogar einer Hummel ermöglicht, einen zu überholen.

Sobald man das Haus verlässt, fängt der Ärger an. Das englische Wort “travel” geht angeblich auf einen Begriff zurück, der ein “dreizinkiges Folterinstrument” bezeichnete.

Schön und gut, langsamer tun, durchatmen, einfach mal die Umgebung auf sich wirken lassen, Veränderungen registrieren…Kieran liefert keine Neuigkeiten, wohl aber den einen oder anderen Seitenhieb auf die Spezies der Pauschalurlauber. So gerne ich “Slow Travel” auch gelesen habe, dieser Aspekt ist in meinen Augen sein großer Schwachpunkt. Ich sehe zumindest nichts falsches daran, wenn jemand lieber in einen Flieger steigt oder – Schockschwerenot! – sogar eine komplette Pauschalreise gebucht hat.

Ich bin durch Kirchen, Museen und Galerien getrottet – so viele, dass ich sie kaum mehr unterscheiden kann – und erinnere mich nur noch daran, wie sehr mir dabei die Beine wehtaten.

Nun, so ähnlich geht es mir wenn ich mich an manche “Slow Travel”-Versuche erinnere. Ich erinnere mich z.B. nicht daran, dass ich mit Einheimischen ins Gespräch gekommen wäre als wir Malta per Bus erkundet haben, ich erinnere mich nur an die schlechten Straßen + die Schlacht um einen Sitzplatz. Wenn ich in Deutschland per Zug unterwegs war habe ich mir noch jedes Mal gewünscht, ich hätte einfach einen Flug gebucht. Ich schätze aber, ich bin einfach noch nicht so gut darin, “Katastrophen” als Abenteuer zu betrachten. Eine Katastrophe war “Slow Travel – Die Kunst des Reisens” nicht, aber bahnbrechende Erkenntnisse und anwendbare Tipps waren auch nicht dabei. Dennoch war es eine anregende und interessante Lektüre, die mir tatsächlich Lust gemacht hat, zu reisen. Vielleicht aber nicht ganz so langsam.