Sleep: Feldversuche

Sleep: FeldversucheSleep
„Sleep“

(Staatsakt)
So lange ist das letzte Album von Ja, Panik nun auch noch nicht um die Ecke – „Libertatia“ brachte Anfang vergangenen Jahres der kriselnden Gesellschaft das Tanzen bei und einmal mehr etwas Lockerheit in den sonst so normierten deutschsprachigen Indiepop. Und trotzdem verlangte es Andreas Spechtl, den Sänger der Band, offenbar nach etwas Abwechslung (Pause kann man ja schlecht sagen) und so entschied er sich unter dem Pseudonym Sleep zu einem Solowerk, das so ganz anders daherkommt als die ausgelassen federnden Klänge seiner Wahlberliner Kapelle. Liedhaftes größtenteils Fehlanzeige – bis auf den Opener „Sister Sleep“ heißt das Zauberwort hier: Field Recordings. Also das Einfügen von Geräuschen und Sequenzen, die zunächst nicht zwingend einer bestimmten Songidee folgen und sich erst im Nachhinein einem Kontext, Thema zuordnen lassen. Spechtl, der in den letzten Monaten offensichtlich viel unterwegs war, hat dafür reichlich Material gesammelt – für „BHX Dub“ stammt die Kulisse aus Birmingham und wurde hernach mit Bass und Saxophon ergänzt, in „Cinema Rif“ wiederum hört man ein Stimmengewirr, das auf dem Platz in Tanger aufgenommen worden ist, auf welchem Mitte der Vierziger Marokko seine Unabhängigkeit erklärt hat. Das ist nicht plakativ, griffige Slogans wie sonst hört man hier nicht, der zeitgeschichtliche Bezug erschließt sich erst auf den zweiten oder dritten Blick resp. Ton oder bleibt ohne Recherche zugunsten einer anderen Assoziation ganz verborgen. Ein bisschen erinnert die Platte an den Soloausflug von Karen O, die sich 2014 mit ihren zart gezupften „Crush Songs“ ebenfalls deutlich vom Disco-Punk ihrer Yeah Yeah Yeahs abheben wollte. Wie diese Platte wird auch „Sleep“ eher etwas für aufgeschlossene Grenzgänger bleiben, eine willkommene Möglichkeit, zum knackenden, vibrierenden und verschleiften Minimal Noise, zu den verklausulierten Mantras („Each man’s troubles are just the echo of another man’s troubles“/Hauntology) die Gedanken je nach Belieben eher zu sammeln oder zu zerstreuen. Kopfhörermusik, nicht die schlechteste. http://ja-panik.com/

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