„Divide And Exit“
(Harbinger Sound/Cargo)
Sagen wir es mal so: Es ist vermutlich einfacher, die Sleaford Mods zu mögen als von ihnen gemocht zu werden. Das musste gerade auch Miles Kane erfahren, als er sich in die Liste der Follower der Briten eintrug und daraufhin die folgende Antwort erhielt: „This music was born out of a hate for pretenders like you. You can either leave gracefully or I will block you.“ Nicht erst mit dieser doch recht eindeutigen Adresse ist klar, dass es Jason Williamson und Andrew Fearn einen feuchten Dreck interessiert, wer sie nun gut findet, sich auf sie bezieht oder im schlimmsten Falle den „iLike“-Button drückt. Genau aus dieser Attitüde der Totalverweigerung speist sich ihre Popularität, aus der Konsequenz, alles und jeden vor den Kopf zu stoßen, weil man einfach keinen Bock auf Konsens und Kompromisse hat, weil das da, wie die beiden herkommen, eben auch keinen großen Sinn macht.
Allein der leicht angewiderte Pitbullblick der zwei auf dem Cover spricht eine deutliche Sprache, die sich dann auch in den Lyrics der vierzehn Songs wiederfindet. Wenn sich dafür überhaupt ein Vorbild finden läßt – und das ist um Himmel Willen nicht Mike Skinner aka The Streets – dann erinnern Williamsons schonungslose Tiraden in Tonfall und Wortwahl am ehesten an die des Punk-Altmeisters Mark E Smith, die Unwortdichte ist so hoch wie das Hipster- und Hundeaufkommen in englischen Großstädten, und da sind wir auch schon dort, wo die Mods uns haben wollen. Denn im Grunde hassen sie beide Spezies gleichermaßen, ob sie nun ihre stinkenden Haufen auf den Gehweg setzen („The Corgi“) oder mit dem Smartphone durch die Gegend stolzieren („All you zombies, tweet, tweet, tweet“), überall schreien Dummheit und hirnlose Poserei um die Wette, an jeder Ecke riecht’s zum Gotterbarmen und von Besserung ist weit und breit nichts zu sehen.
Dabei schwingen sich die beiden keinesfalls zu Sprachrohren der Unterschicht auf, sie wissen gut genug, dass es hier wie dort genug Idioten gibt, die einem das Leben zur Hölle machen können. Wichtig ist: „We are real, we are lucky“ („Tied Up In Nottz“) – allein das zählt. Wenn das der Punk von heute ist, dann liegt er auch musikalisch nicht ganz falsch – die gut vierzig Minuten Gossenpoesie bewegen sich zwischen Postpunk, rumpelnden, blechernen Billigbeats und vereinzelten, etwas unbeholfenen Verschönerungsversuchen mit Sax und Synthie. Der Sound ist genauso trostlos und karg wie die Umstände, über die hier gerappt wird, warum auch sollte man die Wut über das täglich wiederkehrende Elend („Liveable Shit“) in eine blankpolierte Produktion packen, wenn es die schrottige Kulisse viel besser bringt. So, und jetzt: Den Britpop in die Tonne und ein Büchsenbier darauf!
Den Komplettstream des Albums gibt es bei Bandcamp.