Skizzen aus Wien – Nr. 48

Skizzen aus Wien – Nr. 48

Was macht man in Wien, wenn die Temperaturen die 30 Grad-Grenze überschreiten? Man geht ins Bad oder fährt an die alte Donau, zum Beispiel. Nachdem für mich beide Optionen wenig attraktiv sind – meine Sympathie für öffentliche Bäder hält sich in Grenzen, ebenso wie für das Baden in der Donau – gilt es Alternativen zu finden. Eine ganz hervorragende heißt „Museum“.

Ein Museum in der Sommerhitze ist nach einem Sprung ins Wasser wohl die nächstbeste Alternative zum Hitzschlag, dazu kommt schließlich noch der Zusatznutzen sich auf diesem Weg auch ein wenig zu bilden. Nachdem die Nationalbibliothek mit ihrer Ausstellung „Juden, Christen und Muslime - Interkultureller Dialog in alten Schriften“ ausfiel  - Montags geschlossen – wählten Freundin C. und ich das Museum für Völkerkunde, welches sich bloß ein paar Schritte weiter, ebenfalls in der Hofburg befindet. Zu diesem Zeitpunkt stand auch bereits mein Entschluss fest, mir eine Jahreskarte für das Kunsthistorische Museum zu kaufen, schließlich hatte ich es, als es in die Bernhard-Ausstellung im Theatermuseum ging, verabsäumt das zu tun, und nachdem auch das Völkerkundemuseum zum Komplex des KHM zählt, man es mit besagter Jahreskarte also auch mitbesuchen würde können, wollte ich mir eine weitere Kaufgelegenheit nicht entgehen lassen.

Über die Ausstellungen, die im Museum für Völkerkunde aktuell liefen, haben C. und ich uns nicht großartig informiert, Hauptanliegen war es, aus der völlig überhitzten Wohnung hinaus, in die erhoffte Kühle des Museums hinein zu kommen, außerdem war keine von uns beiden zuvor dort gewesen und schließlich versprach es auch ein kinderfreundlicher Ort zu sein, denn die temporären Hitzeferien wollten so gestaltet sein, dass auch C.s noch nicht ganz einjährige Tochter mit von der Partie sein konnte.

Skizzen aus Wien – Nr. 48

Bei mehr als 30 Grad Celsius fanden wir uns schließlich vorm Museum ein, der kurz zuvor getätigte Blick auf die Webseite hatte blasse Erinnerungen an eine Ausstellung über James Cook zurückgelassen, eine Rampe für den Kinderwagen gab es, bevor man noch nach einem Lift suchte, waren die paar zusätzlichen Stufen zur Museumskassa kinderwagentragenderweise bewältigt und wir standen schließlich vor einer ausnehmend höflichen Museumsangestellten.

Wie in Österreich gemeinhin üblich, verpackt man Sommeraktionen immer in lustige „Mit der Kirche ums Kreuz“-Kombos und als ich mir freudig gleich die Jahreskarte (29 Euro) kaufen wollte, schlug mir die nette Dame das Special vor, welches in der Zusatzaufgabe bestand, zunächst ein Ticket fürs Museum zu lösen und beim Hinausgehen dieses, gut aufzubewahrende Ticket, in eine Jahreskarte umzutauschen, der Endpreis würde schließlich bloß 27 Euro ausmachen. Trotz hitzebedingter Ausfallerscheinungen, sah ich mich in der Lage diesen Jahreskartenkaufparcours zu absolvieren.

Dann präsentierte Freundin C. noch ihre im letzten Waschgang gereinigte, leicht lädierte Jahreskarte – sie hatte sich das Ding bereits ein paar Monate vorher zugelegt – auch hier war die Angestellte äußerst freundlich, meinte nicht nur, ja es wäre schon ok, sie könne die Karte noch identifizieren, versprach aber darüber hinaus auch, sich kundig zu machen, wie man sie denn gegen eine Neue eintauschen könne. Alles würden wir beim Hinausgehen erfahren.

Los ging es also in die James Cook Ausstellung, die sich über die unterste Ebene erstreckte, das Museum war im Vergleich zu draußen angenehm temperiert und ruhig, da nur eine Handvoll anderer Leute dieselbe Idee wie wir hatten.

Skizzen aus Wien – Nr. 48

So wanderten wir schließlich knappe 2 Stunden durch die Ausstellung, über die ich nicht wirklich viel Positives sagen kann. Leider. Ich weiß nicht, was der Kurator, oder die Kuratorin, mit dieser James Cook Ausstellung bezwecken wollte, viel war es jedenfalls nicht. Es ging um Cooks drei Forschungsreisen in die südliche Hemisphäre und hätte in Bezug auf Kunst, Völkerkunde und Forschung sehr viel Potential geboten. Allein, man hatte die Objekte, z.B. Werkzeuge und Artefakte aus der Südsee, Masken, Stoffe, etc. einfach in die Schaukästen gestellt, ein paar Wandtexte erklärten zumindest wann man wo gewesen war, aber einen übergreifenden Konnex zwischen Forschung, Entdeckungsreisen, Ethnologie und Kunst herzustellen, war absolut nicht gelungen.

Am Eingang zur Ausstellung fehlte zunächst eine wirklich kompakte Einführung in die Thematik, auch eine umfangreichere Biographie von Cook, schließlich war ich mir bis zum Ende der Ausstellung nicht sicher, ob das jener Entdecker war, der auf seinen Reisen auch den Tod fand.

Zwar hatte man zaghaft zu didaktischen Mitteln des 20. Jahrhunderts gegriffen, es gab ein paar Videos, aber bereits das erste davon war eine Enttäuschung. Man hatte versucht, die damaligen Berechnungsmethoden für Längen- und Breitengrade anschaulich darzustellen, aber man scheiterte katastrophal, weil man zwar ein Beispiel für die Berechnung gab, dieses aber nicht in den Zusammenhang einer Formel stellte, ich also auch heute nicht meine Position berechnen würde können, für den Fall des Falles, dass man mich einmal auf dem offenen Meer aussetzt.

Bei den Schaustücken wiederum hatte man vergessen die Nummern ihrer Beschreibung auch neben die Stücke zu plazieren und selbst wenn die Erklärungen meist direkt darunter standen, war man sich bei Kästen mit mehr als 10 Exponaten nicht sicher, ob man nun einen Halsschmuck oder ein Werkzeug vor Augen hatte.

Und die Erklärungen schließlich richteten sich wohl wahlweise an Ethnologen, Seebären, oder sonstiges Fachpersonal, denn trotz Abschluss akademischer Studien waren weder C., noch ich in der Lage herauszufinden wozu man z.B. „Ösfässer“ benötigt. Die dazugehörige Tafel führte lediglich aus, dass sie auch in der Südsee gewöhnlich zum „Lenzen von Booten“ verwendet würden. Aha. Ja. Ok.

Das alles hat uns aber überhaupt nicht davon abgehalten diesen Museumsbesuch sehr zu genießen. Es war relativ kühl, das Personal war ausnehmend freundlich, selbst ein am Boden krabbelndes, zeitweise laut kicherndes Baby, schien niemanden zu stören und so wandelten wir von Saal zu Saal, amüsierten uns wahlweise über die Beschreibungen, die Gegenstände, oder zum Beispiel das große Talent der FPÖ immer wieder neue Niederungen der Dummheit auszuloten, wenn man sich dort z.B. beschwert was für ein Skandal es nicht wäre, Volkskunde- mit Völkerkundemuseum zusammenzulegen. Lustig war’s.

Schließlich wurden wir via Lautsprecheransage daran erinnert, dass das Museum in 10 Minuten schließen würde, wir begaben uns zum Ausgang, wo ich einerseits meine Jahrskarte endlich erwerben durfte, die nette Mitarbeiterin andererseits auch nicht darauf vergessen hatte, C. die nötigen Informationen für den Austausch ihrer Karte zu geben.

Fazit? Von kuratorischer Seite aus hätte man mehr machen können, viel mehr eigentlich, aber insgesamt war es ein abwechslungsreicher Besuch, der sich im kommenden Jahr durchaus wiederholen könnte. Schließlich darf ich jetzt mit meiner Jahreskarte rein. Als nächstes jedoch stehen ein lang geplanter Besuch der Bordonesaalsitzbank im Kunsthistorischen und die Mahlerausstellung im Theatermuseum am Programm. Ich werde mich beeilen müssen, schließlich habe ich nur ein Jahr Zeit.

Susanne, 18. Juli 2010


 


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