Man kennt das aus der Werbung und internen Marketingveranstaltungen: Was einer immer wieder beteuert zu sein, das ist er nicht. In diesem Sinne muss man die gestrige Salve der Kanzlerin verstehen, "Wir müssen und von niemanden erklären lassen, was Anstand und Ehre sind." Doch, genau das ist der Fall gewesen und hat den Minister zu Fall gebracht. So wie bei Landowsky und Althaus (dem Geisterskifahrer), um nur einige zu nennen.
Absolut uneinsichtig, mit sich ringend, die Sünde nicht ertragend, wird versucht, sie von der eigenen Person abzuspalten. Merkel versuchte uns zu verkaufen, man müsse zwischen dem Doktor und dem Minister unterscheiden. Andere Guttenberger relativierten reflexartig, dass andere es entweder auch tun oder noch schlimmer sein. Noch unsäglicher der Neid Vorwurf:
Der auf frischer Tat aufgegriffene Bankräuber, mit dem Sack auf dem Rücken, wirft den Behörden, die ihm nun Handschellen anlegen, als Motiv "Neid" vor (z.B. Kai Diekmann hier). Geht's noch? Gerade Kai Diekmann, dessen Zeitung mit dem Gestürzten in mehrerer Hinsicht verwoben und verflochten ist, muss aufpassen. Wer die Sache so darstellt, als sei hier ein vom Volke Gewollter vom Politikbetrieb der "Mittelmäßigen" (auch das vermutlich ein Freud'scher) gestürzt worden - aus Neid- der spielt mit Feuer. Das klingt wie Dolchstoß 2.0.
Die FAZ-Redakteure (ausgerechnet!) und frisch gebackenen Guttenberg Biographen haben soviel Lug und Täuschung im Lebenslauf des Guttenberg aufgedeckt, dass man eher zu dem Schluss kommen muss, die Demokratie ist hier vor Schlimmeren bewahrt worden (Leseprobe und Interview mit den Autoren hier). Und es waren FAZ- und WELT-Leser, die sich in den Leserkommentaren regelrecht an Guttenberg abgearbeitet haben - so wie zuvor an Westerwelle und Merkel..
Bitte nicht verwechseln: Mir hängen etliche, wirklich etliche, Regierungsköpfe in Bund und Ländern ebenfalls zum Halse heraus. Ich bin mir mit Guttenberganhängern genau darin einig. Und mich erinnert deren, es nicht wahr haben wollende, Enttäuschung an den Rücktritt der Porschevorstände vor anderthalb Jahren. Die Erregung über die Guttenberganhänger erinnert mich aber auch an den Fall Zumwinkel ("Das machen doch alle!", "Neid!"). Auch hier beanspruchte die konservative vermeintliche "Elite" Sonderrechte für sich.
Den Enttäuschten sei gesagt: Guttenberg war keiner, der anders war, sondern einer, der hier eine Lücke erkannt und versucht hatte, sie mit Hochstapelei für sich zu nutzen. Übrigens mit wohlwollender Unterstützung unserer transatlantischen Freunde. Aber das jetzt, das war "the final chapter".