Sit venia verbo

"Springerpresse und Parteien schürten das Feuer weiter und mobilisierten für eine Kundgebung am 21. Februar 1968. Die BILD-Zeitung titelte Anfang Februar: "Stoppt den Terror der Jungroten jetzt! Und fügte hinzu: "Man darf auch nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen." Veranstalter dieser Kundgebung, die den hübschen Titel "Für Freiheit und Frieden" trug, war der Senat von Westberlin. Unterstützt wurde sie vom Abgeordnetenhaus, von den im Parlament vertretenen Parteien, dem Westberliner DGB und dem Ring politischer Jugend. Der Deutsche Beamtenbund mobilisierte ebenso wie der Interessenverband Westberliner Grundstücks- und Geschäftseigentümer (Ostgeschädigte) e.V. Arbeiter und Angestellte bekamen dienstfrei. Die Berliner Verkehrsgesellschaft richtete Sonderlinien ein. Im Radio wurde unaufhörlich zur Teilnahme an der Kundgebung aufgerufen. Schließlich versammelten sich fünfzig- bis achtzigtausend APO-Gegner vor dem Schöneberger Rathaus. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz (SPD) schimpfte: "Extremisten – politische Rowdys – Unappetitlichkeiten des vergangenen Wochenendes – Revoluzzer im Miniformat – Randerscheinungen". Der SPD-Landesvorsitzende Kurt Mattick bereicherte das Vokabular mit: "Außenseiter – Sonntagsmarschierer, die den Sieg der Kommunisten wollen". Der CDU-Landesvorsitzende Franz Amrehn sprach von "einer Schar anarchistischer Weltverbesserer – Extremisten – Straßenterror". Und auch der DGB-Vorsitzende Walter Sickert (SPD) war um Gezeter nicht verlegen: "eine Handvoll Halbstarker – politische Wirrköpfe – Randalierer". Ungehindert konnten die Teilnehmer der Kundgebung Transparente und Plakate zeigen, auf denen beispielsweise stand: "Teufel zur Hölle, Dutschke über die Mauer", "Wir fordern harten Kurs gegen den SDS", "Dutschke – Volksfeind Nr. 1" und "Politische Feinde ins KZ". Keiner der feinen Würdenträger auf dem Podium, die doch vorgaben, "Sitte und Anstand" zu verteidigen, ging gegen eines dieser Transparente vor. Der Mob durfte sich austoben. Im Aufruf zu dieser Kundgebung für "Freiheit" und "Frieden" stand: "Was die Berliner denken und wollen, werden sie [...] vor der Welt kundtun. Wir wissen, wer unsere Freunde sind. Wir lassen uns von ihnen nicht trennen. Wir wissen auch, wo unsere Gegner stehen." Was "die Berliner" am 21. Februar kundtaten, war eine gnadenlose Pogromstimmung gegen alles, was irgendwie links aussah." - Jutta Ditfurth, Rudi und Ulrike: Geschichte einer Freundschaft -

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