Großbritannien hat im Zuge des amerikanischen Rachefeldzuges gegen die Enthüllungen wegen ihrer bürgerrechtswidrigen Ausspähungen offenbar zum Mittel der Sippenhaftung und zur widerrechtlichen Beschlagnahme privater Daten gegriffen. Am Sonntag, 18. August 2013, wurde der Lebenspartner des Journalisten, der die Aussagen von Edward Snowden im Guardian veröffentlicht hatte, aufgrund eines Anti-Terror-Gesetzes festgenommen. Was die Schikane betrifft, beginnt Großbritannien mich an faschistische Staaten der dreißiger und vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu erinnern.
In ihrem Unterdrückungskampf gegen die Wahrheit überraschen mich die USA langsam nicht mehr. Die einst freiheitlichste Verfassung der Welt wird in nie gekanntem Ausmaße mit Füßen getreten. Die Rechte der Bürger sind nichts mehr wert. Das gilt natürlich auch für die Verbündeten der USA, wenn auch bislang nur in abgeschwächter Form. Die britischen Behörden griffen jetzt aber zu Methoden, die ich bislang nur aus Polizeistaaten und von Unterdrückungsregimen kannte, gegen die auch britische Politiker so wortgewaltig in Sonntagsreden wettern.
Am 18. August 2013 wurde David Miranda auf dem londoner Flughafen verhaftet. Er war auf dem Weg von Berlin in seine Heimat Brasilien. Miranda ist brasilianischer Staatsbürger und Lebensgefährte von Glenn Greenwald. Greenwald selbst ist Journalist des Guardian und veröffentlichte die Enthüllungen von Edward Snowden über die Ausspähungen aller
Telekommunikationsdaten durch die amerikanischen Sicherheitsbehörden. Die USA betrachten diesen Akt des investigativen Journalismus offenbar als Hochverrat. Sie wollen mit allen Mitteln die Wahrheit unterdrücken.
Aufgrund der Pressefreiheit hätte sich allerdings schon ein Vorgehen gegen Glenn Greenwald selbst absolut verboten. Er macht nur seinen Job, er ist Journalist, und man kann ihm nicht nachweisen, dass er wissentlich die Unwahrheit sagt. Nun aber wurde sein Lebenspartner festgenommen. Das ist eine unverhohlene Drohung und Einschüchterung gegen den Journalisten. Sicher: Die Festnahme dauerte nur 9 Stunden, wie es das britische Anti-Terror-Gesetz vorschreibt, aber widerrechtlich wurden David Mirandas Handy, Computer und Datenträger eingezogen und werden vermutlich ausgewertet. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Es erinnert an die Anfänge der Sippenhaft, der Einschüchterung und des Terrors gegen unschuldige Familienangehörige, die man aus den faschistischen Staaten kennt. Für die Festnahme und schikanöse Behandlung eines Familienmitgliedes eines nach jetzigem Wissensstand ordentlich arbeitenden
Qualitätsjournalisten gibt es meiner Ansicht nach nicht den geringsten Grund.
David Miranda wurde aufgrund des britischen Anti-Terror-Gesetzes verhaftet. Bis zu 9 Stunden kann man als Durchreisender am Flughafen festgenommen werden, ohne Anklage und ohne Recht auf einen Anwalt. Beantwortet man die Fragen der Sicherheitsbehörden nicht wahrheitsgemäß, so ist dies eine Gesetzesübertretung, die eine Anklage und eine längere Festnahme rechtfertigt. Da in diesen Fällen das Recht auf rechtlichen Beistand ausgehebelt wird, handelt es sich um eine reine Willkürmaßnahme, die mit dem theoretischen Grundrechtsverständnis westlicher Staaten unvereinbar sein sollte. Adolf Hitler könnte sich heute wieder mehr für Großbritannien erwärmen, er würde Anzeichen einer richtigen Politik erkennen. Sogar Sippenhaftung wird allmählich eingeführt.
Dass einen nichts mehr überraschen sollte, ist ohnehin klar. Dass nur noch gemeinschaftlicher und revolutionärer Widerstand die Chance bietet, dieses machtbesessene, faschistoide Pack loszuwerden, bedarf hoffentlich auch keiner Erklärung mehr. Trotzdem habe ich nicht mit der Einschüchterung über absolut unbeteiligte Familienangehörige gerechnet. Wann werden die ersten Kinder entführt? Wann wird es die ersten Folterungen von Frauen und Eltern geben? Wann kommt es zu ersten Exekutionen, weil die demokratischen Staaten nicht mehr weiter wissen? Was fehlt noch?
Fast ebenso bedenklich wie die Einführung oder Anwendung der Sippenhaftung in Großbritannien finde ich, dass Menschen, die sich immer für die Demokratie stark gemacht haben, nun keine andere Chance mehr sehen, als einer revolutionären Veränderung das Wort zu reden. Ich selbst gehöre mehr und mehr zu diesen Menschen, und das macht sogar Angst.
Teile diesen Artikel mit sozialen Netzwerken oder via E-Mail
- Google +1