Sippenhaft auf dem Sportplatz

Adolf Hitler ist, auch wenn das allabendliche Fernsehprogramm anderes suggeriert, tot, der Hildesheimer Rechtsextremist Holger Apfel treibt sein Unwesen in Sachsen und NPD-Chef Udo Voigt indoktriniert sein Wohnumfeld in Berlin Köpenick. Sachsen-Anhalt, als westlichstes der östlichen Bundesländer von seinen Gründervätern vor 20 Jahren errichtet entlang der "Straße der Gewalt", steht so bereits seit dem Tod des in Halle gebürtigen Reinhard Heydrich ohne einen eigenen Rechtsradikalen da, auf dessen Bekämpfung sich die Bemühungen von Opferverbänden, Ordnungsbehörden, Landtagsparteien und gesellschaftlichen Akteuren konzentrieren können.
Zum Glück aber fand Landes-Wirtschaftsminister Rainer Haseloff vor zweieinhalb Jahren Ersatz für Hitler, Heydrich und die im Landtag lebendig verstorbene DVU, der zuletzt zugetraut worden war, die Demokratie zwischen Salzwedel und Zeitz in Bälde abschaffen zu können. Lutz Battke, ein hitlerbärtiger Späthippie mit einem Schornsteinfegerbetrieb, trat aus der FDP-Fraktion des burgenländischen Kreistages in die der faschistischen NPD über - die Landesregierung reagierte umgehend nach etwa zwei Jahren und entzog dem braunen Feger die öffentliche Kehrerlaubnis.
Sippenhaft auf dem SportplatzNachdem sich Battke allerdings in mehreren Gerichtsinstanzen gegen das verhängte Berufsverbot durchgesetzt hatte, war guter Rat teuer. Zumindest, bis entdeckt wurde, dass der radikale Parlamentarier als Jugendtrainer im Fußballverein seines Heimatörtchens arbeitet. In breitem gesellschaftlichen Konsens von Linkspartei über Opferverbände bis hin zum CDU-geführten Wirtschaftsministerium machten Innenminister Holger Hövelmann, bei der NVA ausgebildet und im SED-Parteilehrjahr mit allen antifaschistischen Wassern gewaschen, sein Staatssekretär Rüdiger Erben und das Hamburger Demokratiemagazin "Der Spiegel" zweite neue Front auf. Wie damals vor fast 70 Jahren, als es mit dieser Strategie schon einmal gelang, einen nationalsozialistischen Diktator zu stoppen, richteten sich nunmehr alle Bemühungen der fortschrittlichen Kräfte darauf, den Fußballverein BSC 99 Laucha zu zwingen, das von Battke verkörperte Böse schlechthin aus dem Traineramt zu werfen.
Der Landessportbund intervenierte, der "Spiegel" berichtete, die staatliche Nachrichtenagentur dpa schaltete sich zu, der Gebührensender MDR schickte ein hochauflösendes Kamerateam, um live vom Training der jüngsten Lauchaer Kicker zu berichten. Die Landesregierung kündigte Konsequenzen an, sollte der Verein den Staatsfeind Nummer 1 in Sachsen-Anhalt nicht vor die Tür setzen. Zwar brachten die Eltern der Siebenjährigen, die das Bärtchen des Bösen über Jahre mit faschistischen Parolen gefügig gemacht hatte, ihre Kinder beharrlich weiter zum Training der F-Jugend, als wollten sie die von Hamburg, Magdeburg und Halle aus deutlich sichtbare Gefahr für das Kindeswohl und die Demokratie in Deutschland einfach nicht wahrhaben. Schließlich aber knickte die Vereinsführung doch ein und Lutz Battke wurde zur großen Zufriedenheit der gesamten Zivilgesellschaft von seinen Traineraufgaben entbunden.
Umso empörter sind Beobachter nun, da sich herausstellt, dass Battke weiter am Training der Kinder des BSC Laucha teilnimmt. Mitarbeiter des nach einem früheren Kantor benannten Simon-Rau-Zentrums, die sich inkognito nach Laucha begeben hatten, konnten mit versteckter Kamera Aufnahmen machen, die Battke auf dem heiligen Rasen zeigen, wie er Kegel aufstellt. «Ganz offensichtlich ist man da umgefallen, eingeknickt und in alte Verhaltensweisen zurückgekehrt», analysiert Innenminister Holger Hövelmann die unzweideutigen Bilder. Es sei völlig egal, ob Battke als Trainer arbeite, nur Hütchen aufstelle, als Zuschauer am Spielfeldrand stehe oder im Vereinslokal eine Brause trinke. Der Landessportbund müsse nun den gesamten Verein aus dem Verband werfen, denn in diesem Falle gelte unzweifelhaft das Prinzip der Sippenhaft. «Hier muss ein klares Zeichen gesetzt werden, dass ein solcher Verein nicht mehr unter dem Dach des Landessportbundes arbeiten und am Spielbetrieb teilnehmen kann.»
Der Landessportbund Sachsen-Anhalt, derzeit wegen seines fragwürdigen Finanzgebahrens auf die Gnade der Landesregierung angewiesen, prüft nun ein Ausschlussverfahren gegen den BSC 99 Laucha. Sollte sich bestätigen, dass der für die rechtsextreme NPD im Stadtrat von Laucha sitzende Mann immer noch am Nachwuchstraining teilnimmt, sei ein Ausschlussverfahren die notwendige Konsequenz, hieß es.Wolle der Verein Konsequenzen verhindern, müsse er beweisen, dass Battke sich während der Trainingszeiten mindestens 500 Meter vom Vereinsgelände entfernt aufhalte. Zuvor war bekannt geworden war, dass ein wegen eines rechtsradikalen Angriffes auf einen jüdischen Jungen in Laucha zu einer Bewährungsstrafe verurteilter Spieler des BSC direkt nach dem Urteil bereits wieder spielen und sogar Tore hatte schießen dürfen. Beobachter aus der Landesregierung halten das für ungeheuerlich. Hier müsse die Rechtslage dringend so verändert werden, dass sowohl die parlamentarische Betätigung für eine rechtsextreme Partei als auch die Verurteilung wegen rechtsextremer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten sofort zu einem allgemeinen Betätigungsverbot im gesamten Sport- und Freizeitbereich führe. Halte sich ein Verein nicht daran, haften alle seine Mitglieder künftig mit ihrem gesamten Privatvermögen, das dann durch Holger Hövelmann für einen guten Zweck eingezogen werden kann.
Mehr Macht auf dem Dach
Brauner Stern
Gesinnungstest im Kamin


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