Von Christian Sickendieck
Die deutsche Ruderin Nadja Drygalla hat das Olympische Dorf verlassen und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Dies geschah, weil ihre Beziehung zu dem Rostocker Neonazi und NPD-Politiker Michael Fischer bekannt geworden ist. Nun wird an vielen Stellen "Sippenhaft" geschrien. Dabei ist der Schritt richtig und konsequent: Drygalla hätte gar nicht nach London mitreisen dürfen.
Laut Medienberichten führen Drygalla und Fischer bereits eine langjährige Beziehung, nach einem Gespräch mit dem Innenministerium hat sie sogar den Polizeidienst aufgegeben. Eine langjährige Beziehung führt man nicht mit einem Menschen, dessen Ideologie man nicht teilt. Ich halte es für gefährlich, von politischer Einstellung zu sprechen. Rechtsextremismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, eine zutiefst menschenverachtende Ideologie.
Kritisiert wird Drygalla mit den Worten, sie müssen Fischers Ideologie zumindest toleriert haben. Was für ein Hohn. Eine menschenverachtende Ideologie kann man nicht tolerieren. Man lebt mit ihr, akzeptiert sie - oder man lässt es sein.
Wie soll man sich die Verharmlosung im täglichen Zusammenleben vorstellen? Polizeiliche Ermittlungen, eventuell Strafbefehle - hat Drygalla diese Briefe und Schreiben morgens am Frühstückstisch zu ihrem Lebensgefährten rübergeschoben mit den Worten, "betrifft mich nicht"?
Die Distanzierung Drygallas vom rechtsextremen Gedankengut klingt unglaubwürdig. Wer seinen Beruf aufgibt, wer den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere aufgibt, der handelt nicht aus Toleranz gegenüber dem eigenen Lebensgefährten, sondern aus Überzeugung. Ich bin sicher, in den nächsten Tagen werden von Drygalla unschöne Details an die Öffentlichkeit gelangen.
Der Fall Drygalla zeugt nicht von Sippenhaft, sondern von einer klaren Abgrenzung gegen eine menschenverachtende und rechtsextreme Ideologie. Und das ist auch gut so. Diese Abgrenzung hat Drygalla nie hinbekommen. Ihr Verhalten spricht dafür, dass sie dies auch nicht wollte. Ob Drygalla der rechtsextremen Szene zugehört, durch ihren Lebensgefährten, als Mitläuferin oder gar aus Überzeugung, ist unerheblich. Ihr Verhalten beweist, sie gehört dazu.
Die eigentliche Frage ist:
Wieso haben die Sportfunktionäre so lange geschlafen und weggeschaut? Details sind seit langer Zeit bekannt.