Muss ich was ändern, wenn ich eine Angststörung loswerden will?
Du sprichst immer davon, dass Veränderungen notwendig sind, wenn man eine Angststörung loswerden will. Das hört sich auch alles richtig und plausibel an. Was aber soll ich machen, wenn diese Veränderungen (jetzt oder in absehbarere Zeit) nicht realisierbar sind?
Diese Frage, die mir häufig gestellt wird, will ich im folgenden beantworten: Sind Veränderungen immer notwendig, um eine Angststörung loswerden zu können?
Ohne Veränderung kannst du keine Angststörung loswerden
Das Wichtigste vorab: Veränderungen sind auf jeden Fall, notwendig, wenn Du eine Angststörung loswerden willst. Zwingend. Wenn sich nichts ändert, kann sich auch nichts verändern. Das steht so fest wie das Amen in der Kirche. Veränderung bedeutet Aktivität. Veränderungen sind manchmal anstrengend. Und die Folgen einer Veränderung sind nicht immer vorhersehbar und immer mit einer gewissen Ungewissheit verbunden. Daher erfordern Veränderungen Mut.
Das ganze Leben ist übrigens immer Veränderungen unterworfen. Ob dir das passt, oder nicht. Das Leben ist ein Fluss, wie man so schön sagt. Du kannst Teil dieser Flusses /dieser Veränderungen sein oder du kannst dich gegen diese Veränderungen wehren. Wählst du die zweite Option, so wird das schmerzvoll sein. Die Strömung wird sich an dir auslassen. Dem Fluss ist es egal, ob du dort stehst oder nicht. Er fließt weiter. Es ist die bessere Wahl, Veränderungen willkommen zu heißen.
Paradoxerweise sträuben sich gerade die Menschen gegen Veränderungen, die Veränderung bitter nötig hätten, zum Beispiel Menschen, die eine Angststörung loswerden wollen. „Könnte ja alles noch schlimmer werden“.
Klar könnte es das. Könnte aber auch besser werden, oder? Und es kann nur dann besser werden, wenn es anders wird. Soviel vorab.
Was aber, wenn du bestimmte Dinge (auf den ersten Blick) nicht verändern kannst oder verändern willst?
Du kannst vielleicht nicht alles verändern…
Es gibt Dinge, die jenseits unseres Einflussbereiches liegen. Das betrifft äußere Umstände, aber auch andere Menschen. Wir können andere Menschen nur sehr bedingt verändern. Auf unsere (kleinen) Kinder mag das auf gewisse Weise noch zutreffen, doch schon bei unserem Partner hört das auf (auch wenn manche Frauen stetig daran arbeiten;)).
Wenn wir etwas nicht verändern können, müssen wir diese Unabänderlichkeiten akzeptieren, nach dem Motto „Gefällt mir zwar nicht, aber ich nehme hin, dass es so ist.“ Das Schlimmste, das wir tun können, ist mit diesen Umständen ständig zu hadern ohne sie zu verändern und ohne aktiv zu werden.
doch fast immer kannst du aktiv werden
Wir können in vielen Fällen nämlich doch etwas gegen äußere Umstände tun, die uns so nicht gefallen. Gefällt dir die politische Situation nicht, so werde politisch aktiv. Du haderst mit soziale Missständen, Umweltverschmutzung und Ähnlichem? Dann starte eine Initiative oder tritt einer entsprechenden Organisation bei. Engagiere dich.
Auch wenn Du bestimmte Situationen nicht sofort ändern kannst, ja, sogar dann, wenn dein Engagement überhaupt keine Auswirkungen auf die ungeliebte Situation hätte. Aktiv zu sein gibt dir ein besseres Gefühl. Du fühlst dich nicht mehr ganz so machtlos und weniger als Opfer der Umstände und das ist gut. Damit wirkst du der Angststörung entgegen.
Und wenn sich die Unzufriedenheit auf einen bestimmten Menschen bezieht, so kannst, du diese Menschen vielleicht nicht verändern – doch du kannst ihn aus deinem Leben verbannen (kleine Kinder ausgenommen). Hört sich hart an, doch du hast diese Option.
Alles das, was in deinem Einflussbereich liegt, das kannst du verändern. Manchmal halten uns gewisse Ängste davon ab.
„Wenn ich mich von meinem Partner trenne, dann stehe ich ganz alleine da. Was, wenn mich keiner mehr will?“
„Wenn ich meinen ungeliebten Job kündige und mich selbständig mache – was passiert, wenn ich scheitere? Dann verlieren wir womöglich Haus und Hof“.
Derartige Befürchtungen halten uns oft davon ab, notwendige Veränderungen umzusetzen. Manche Veränderungen können von jetzt auf gleich dein ganzes Leben umkrempeln. Ein Einschnitt, den viele Menschen mit einer Angststörung (leider) scheuen.
Dabei besteht manchmal auch die Möglichkeit, diese Veränderungen nach und nach umzusetzen. Okay, mit der Trennung vom Partner ist das eher schwierig. Eine Selbständigkeit beispielsweise könntest du jedoch auch nebenbei starten. Wenn notwendig könntest du deinen Job zunächst in Teilzeit ausüben oder dir einen anderen Job suchen, der dir etwas mehr Freiraum lässt. Es gibt immer Mittel und Wege.
Auch wenn du auf diese Weise nicht sofort (nur noch) selbständig bist, so wirst du auch hier wieder aktiv, hast die Veränderung bereits initiiert und das gibt dir wieder ein besseres Gefühl. Und alles, was dich besser fühlen lässt, ist hilfreich bei deinem Weg aus Angst und Panikattacken.
So gehst du vor…
Willst du eine Angststörung loswerden, so sind Veränderungen unumgänglich. Zu tausend Prozent. Nicht immer sind so gravierende Schritte, wie ein Jobwechsel oder die Trennung vom Partner notwendig. Das waren nur Beispiele. In vielen Fällen genügt die Änderung deiner Einstellung zu bestimmten Situationen. Hier geht es jedoch um die Frage, was man tun sollte, wenn Veränderungen, die man für notwendig erachtet, scheinbar nicht möglich sind.
Zunächst solltest du dir wie beschrieben die Frage stellen, ob die Situation, die dir nicht gefällt in deinem Einflussbereich liegt. Kannst du generell (auch wenn es Hindernisse gibt oder die Umsetzung eine zeitlang dauert) etwas daran ändern?
Wenn du diese Frage verneinen musst, bleibt dir nur übrig, diese Situation als (derzeit) gegeben hinzunehmen und/oder dennoch aktiv zu werden, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Hängt die unbefriedigende Situation unmittelbar mit einem (dir nahestehenden) Menschen zusammen, so denke darüber nach, diesen aus deinem Leben zu verbannen.
Wenn du direkt Einfluss auf die Situation hast, dann beginne damit, diese zu verändern. Möglicherweise halten dich bestimmte Befürchtungen davon ab, diese Veränderungen anzugehen. Vielleicht befürchtest du, dass es noch schlimmer kommen könnte.
Vielleicht kann (kurzfristig) tatsächlich eine Verschlechterung eintreten. Aber wie groß ist die Gefahr, wenn dich die derzeitige Situation krank macht? Ist körperliche und psychische Gesundheit nicht unser höchstes Gut?
Sollten wir nicht alles dafür tun, um diese Gesundheit wieder herzustellen, auch wenn das bedeutet, dass die Umsetzung dieser Veränderung zunächst unangenehm und anstrengend sein kann?
Natürlich haben wir nicht die Garantie, dass die von uns umgesetzten Veränderungen letztlich zur Heilung führen und du deine Angststörung loswerden wirst, indem du genau diese Veränderungen umsetzt. Vielleicht verbessert sich gar nichts. Vielleicht. Ganz sicher aber wirst du deine Angststörung nicht los, wenn sich NICHTS verändert. Das kann ich Dir sogar garantieren.