Sind Tierversuche gerechtfertigt?

Die Situation krank zu sein kennt wahrscheinlich jeder. Häufig bekommt man, um gesund zu werden oder die Krankheit unter Kontrolle zu behalten und Symptome zu vermindern, die verschiedensten Medikamente verschrieben.

Doch jedes Medikament bürgt seine Gefahren und muss vorher gegen Allergene und Nebenwirkungen getestet werden. Ähnliches gilt für Schminke oder Pflegeprodukte wie Salben und Seifen. Doch Menschen als Testobjekte? Das scheint undenkbar.

Nagetiere und Säugetiere als Forschungsobjekte

Lieber greifen Forscher zu Tieren als Forschungsobjekte, bevorzugt zu Labormäusen und Ratten. Aber ist das zu rechtfertigen?

Ist es wirklich in Ordnung, den Wert des Menschen über den eines Tieres zu stellen, nur weil der Mensch vermeintlich intelligenter ist, mitteilen kann, was ihn quält und wir jedes menschliche Wesen als Artgenossen wahrnehmen?

Ist es wirklich fair hemmungslos Experimente an Tieren auszuführen, wo wir genau das bei Menschen als „menschenverachtend“ bezeichnen? Ist das dann nicht genauso als „tierverachtend und unwürdig“ zu sehen?

Es gibt die goldene Regel, die ein jeder von uns bereits als Kind erklärt bekommt: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu!“ In diesem einfachen Satz wird an keiner Stelle gesagt, dass das nur für Menschen gilt. „Kein anderer“ kann also genauso gut jedes andere Lebewesen sein.

Tierversuche sinnvoll?

Mäuse für Tierversuche - Pixabay

Mäuse für Tierversuche – Pixabay

Weltweit sterben 200 Millionen Tiere bei Tierversuchen- und das jährlich. Allein in Deutschland zählt man davon 2,8 Millionen. Nicht nur, dass die Versuchstiere während der Experimente leiden, viele von ihnen sterben währenddessen oder werden im Anschluss getötet. Spätestens hier sollten doch jegliche Alarmglocken läuten.

Fürsprecher sagen häufig „Was muss, das muss“, immerhin kämen die Versuche anderen Lebewesen zugute. Gerechtfertigt werden der Experimente daher in der Regel mit einem Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft. Die Zahl der Versuchstiere steigt dabei jährlich immer weiter an. Wie gering die Aussagekraft vieler dieser Versuche ist, wird dabei aber meist verschwiegen.

Auch Tiere haben ein Recht auf Leben

Eins der Grundprobleme ist vermutlich die anthropozentrische Haltung, die vom gleichnamigen Weltbild geprägt wird. Anthropos heißt so viel wie “für den Menschen” und nach dieser Weltansicht besitzen Tiere und Pflanzen keinen eigenständigen Wert. Eine Berechtigung zu Existenz haben sie nur dann, wenn sie dem Menschen dienlich sind.

Tote Maus - Pixabay

Tote Maus – Pixabay

Ich persönlich neige dazu, das mit Rassismus zu vergleichen, der hier auf der Ebene der Spezies ausgelebt wird.

Meiner Meinung nach ist das eine unmoralische Rechtfertigung der Tierversuche. Nur weil kein Mensch unter den Versuchen leiden will, beziehungsweise niemand unserer Art bereit dazu ist, die Verantwortung zu übernehmen, einen Menschen leiden zu lassen, sollen Tiermisshandlungen an dieser Stelle ausgeführt werden?

Schließlich argumentiert man hier mit jener Eigenschaft, die wir Menschen mit den Tieren gemeinsam haben: der Fähigkeit zum Leiden und der Schmerzempfindlichkeit. Ja, auch Tiere empfinden Schmerzen und auch sie leiden unter den Versuchen. Schon allein deswegen steht infrage, ob Tierversuche auch nur annähernd ethisch gerechtfertigt werden können und dürfen. Unterstrichen wird dies auch durch die gegenwärtige Forschung an tierversuchsfreien Methoden.

Tierversuche – ein zweischneidiges Schwert

Am Ende sind wir Menschen auch nur Tiere, nicht umsonst gehören wir der Spezies der Säugetiere, an. Und sollte es tatsächlich so sein, dass uns die Eigenschaft der Vernunft von anderen Tieren abhebt, so ist es doch unsere Pflicht, von dieser auch Gebrauch zu machen und Rücksicht auf anderes Leben uns dessen Würde zu nehmen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Doch, was ist mit den Tieren? Nur weil es für sie kein ähnliches ausformuliertes Gesetz gibt, soll es bei ihnen anders sein? Das ist doch wohl alles andere als fair!

Tiersuche mit Affen - Pixabay

Tiersuche mit Affen – Pixabay

Es gibt zumindest in Deutschland ein Tierschutzgesetz, in dessen § 1 es heißt: Der Mensch habe aus Verantwortung für das Tier dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Ohne vernünftigen Grund dürfe dem Tier kein Leid zugefügt werden.

In diesem Punkt obliegt es wohl jedem Einzelnen, was als vernünftiger Grund gilt. Doch möchte man den Effekt eines Wirkstoffes auf den Menschen erforschen, so kann es doch nicht sein, dass ein unschuldiges Tier den Kopf dafür hinhalten muss. Das wäre fast so, als ob ein Mensch einen anderen Menschen umbringen würde, nur um zu sehen, wie dessen Angehörige darauf reagieren und daraus zu schlussfolgern, wie er selbst sich fühlen würde, wenn ein guter Freund oder ein Familienmitglied sterben würde.

Wo bleibt die Moral?

Stets wird uns gelehrt, wir sollen moralisch handeln. Fügen wir einem anderen Menschen Leid zu, so gilt das als unmoralisch. Dabei ist es das Leiden, worum es geht, die oftmals unerträglichen Schmerzen seien sie nun psychisch oder physisch. Aber die Fähigkeit zu leiden besitzen nicht nur wir Menschen. Jedes Tier besitzt sie, jedes Tier kann Schmerz empfinden. Und so ist es doch mindestens genauso unmoralisch, einem Tier Leid zuzufügen.

Auch wenn wir uns noch so gerne von anderen Lebewesen abheben und als etwas besseres, Vollkommeneres sehen wollen, in diesem Punkt sind uns die Tiere mehr als ähnlich. Und so sollten wir ihnen nicht weniger Wert und Recht als unserer Spezies zuschreiben. Genauso wenig wie wir andere Menschen in Ihrer Freiheit einschränken und sie quälen dürfen, dürfen wir es mit den Tieren tun. Darüber sollte sich jeder Einzelne im Klaren sein.

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