sind asylverfahren grundsätzlich anzuzweifeln?

Von Bernhard Jenny @bernhardjenny

während sich menschen, die ali wajids situation nicht persönlich kennen, öffentlich ein urteil darüber abgeben, ob eine abschiebung von ali wajid menschenrechtskonform sei (siehe salzburg24-interview nicole schuchter mit philip czech vom ÖIM), ist es umso dringender notwendig, auf die zweifelhafte situation insgesamt hinzuweisen.

anwalt peter perner hat inzwischen mehrfach auf die ungenauigkeit, widersprüchlichkeit und fehlerhaftigkeit einer reihe von bescheiden und amtlichen aufforderungen im fall ali wajid hingewiesen.

dass selbst noch die letzten bescheide teilweise in einer sprache übersetzt wurden, die der betreffende gar nicht spricht, falsche anschriften trugen usw., weil eben diese bescheide offensichtlich in einem oberflächlichen und daher auch fahrlässigen copy-paste-vorgang zustandekommen, sollte viel mehr alarmieren.

wenn dankenswerterweise nina horaczek im falter berichtet, mit welchen absurden und diskriminierenden argumenten asylanträge behandelt werden, so ist dies nicht nur ein einzelfall. es ist höchst an der zeit, dass die nicht vorhandene qualität in der juristischen arbeit des BFA zu einer grundsätzlichen frage führt:

dürfen bescheide, die als aufsatz nicht einmal in der oberstufe noch VOR der matura eine positive benotung bekommen würden, weil sie sowohl inhaltlich wie sprachlich nicht tragbar sind, rechtsgültigkeit erlangen?

im falle der diskriminierung von homosexuellen wird schnell deutlich, wie wahnsinnig die argumentationslinien in solchen bescheiden sind. für die szene der betreuenden ist es jedoch leider nichts grundsätzlich neues: handelt es sich nicht um die frage „schwul oder nicht schwul“, sondern um ortskenntnisse, gesellschaftliche gefährdungen in einem land, religiös-politische gemengelagen, dann ist in unzähligen schriftstücken, bescheiden und urteilen die selbe absurdität zwar ebenso gegeben, aber für viele nicht auf den ersten blick erkennbar.

ein land, in dem solche grundsätzlich zweifelhaften bescheide rechtskraft erlangen können, hat das recht verwirkt, menschen per bescheid zu deportieren. ein land, das nicht für lückenlose rechtssicherheit und professionalität garantieren kann, sollte nicht gesetze exekutieren, die letztlich nur schaden für alle bedeuten und gewinn für niemanden.

selbst philip czech sieht das im salzburg24-gespräch problematisch: „Der Menschenrechtsexperte sieht das eigentliche Problem weniger in den Grundrechten verankert, sondern „in der Absurdität des österreichischen Fremdenrechts“. Man müsse sich schon die Frage stellen, warum man jemanden ausweist, den man auf dem Arbeitsmarkt braucht.“

die abschiebung von ali wajid wäre ein grosser schaden für alle.
ein verbleib von ali wajid und aller anderer von abschiebung bedrohter lehrlinge, wäre ein gewinn für alle.
genau so, wie es bundespräsident alexander van der bellen vorgestern klargestellt hat.

sind asylverfahren grundsätzlich anzuzweifeln?

bild illustration bernhard jenny cc by

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