Je differenzierter und spezieller ein Produkt ist, desto komplizierter wird es, potenzielle Kunden von seinem Nutzen zu überzeugen. Nicht selten sind die Benutzer mit den vielfältigen Funktionen oder den umfangreichen Angaben auf der Produktverpackung schlicht und einfach überfordert. Mehr bedeutet nicht automatisch auch besser.
Das Einfache und Unkomplizierte übt oftmals einen ganz besonderen Reiz aus, da es von den Menschen keine großen intellektuellen Anstrengungen verlangt. Wer möchte schon unnötig Zeit und Energie darauf verwenden, sich durch buchdicke Anleitungen zu kämpfen, wenn er einfach nur telefonieren oder einen Kaffee kochen möchte?
Viele Funktionen so mancher Geräte werden kaum oder gar nicht genutzt und stellen deshalb für die meisten Menschen keinen Vorteil dar. Auch wenn eine große Vielfalt in den Möglichkeiten auf den ersten Blick anziehend sein mag, so kann sie jedoch bei genauerer Betrachtung schnell zu Verunsicherung und in der Folge zu Ablehnung führen. Der Anspruch, in einem einzigen Produkt möglichst viele Funktionen und Eigenschaften zu bündeln, führt nämlich schnell dazu, dass der Überblick verloren geht und die möglichen Kunden überfordert sind.
Simplicity als Strategie zur Produktoptimierung
Um diesem Effekt vorzubeugen und sich vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal unter all den auf dem Markt erhältlichen vergleichbaren Produkten zu erarbeiten, stellt Simplicity ein ebenso effektives wie Erfolg versprechendes Konzept dar. Kurze und knappe Erläuterungen oder sogar selbsterklärende Funktionen tragen dazu bei, dass sich der Nutzer zufrieden zurücklehnen kann und sich mit seinem Kauf wohlfühlt.
Allerdings ist es nicht immer ganz leicht, sich auf das Wesentliche zu beschränken und das Prinzip Simplicity in der Praxis umzusetzen. Es gibt jedoch verschiedene Methoden, mit denen das Ziel der Schaffung eines einfacheren Produktes erreicht werden kann.
Umbauen
Zur Vereinfachung eines Produktes ist es unerlässlich, sich zunächst einmal einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Dazu kann es nötig sein, Strukturen zu verändern und spezifische Einheiten zu entwickeln, die dabei helfen zu erkennen, welche Funktionen für die Mehrheit der Zielgruppe interessant sind und welche nur von einem kleinen Teil der Kunden genutzt werden. In der Folge können Angebote entwickelt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen abgestimmt sind.
Reduzieren
Um herauszufinden, welche Funktionen für die Mehrheit der Kunden keine Bedeutung haben, hat sich der Blick in die Vergangenheit als effektives Hilfsmittel erwiesen. Die in der Vergangenheit wenig genutzten Elemente können dann entweder weggelassen oder ausgelagert werden. Das Ausdrucken der eigenen Bordkarte am heimischen Computer ist nur eines von zahlreichen Beispielen, wie bestimmte Aufgaben an den Kunden selbst delegiert werden können.
Hinzufügen
In vielen Fällen ist es auch möglich, verschiedene Funktionen oder Bestandteile eines Produktes miteinander zu verbinden und so eine einfachere und unkompliziertere Handhabung zu erreichen. Unter Umständen können in diesem Schritt auch bestimmte Elemente hinzugefügt werden, die zuvor besonders stark nachgefragt wurden. Darüber hinaus können weniger genutzte Funktionen so integriert werden, dass sie nur dann zu finden sind, wenn explizit danach gesucht wird.
Erkennen und Kopieren
Es spricht nichts dagegen, Strategien, die in anderen Branchen erfolgreich eingesetzt werden, zu adaptieren und das eigene Produkt so attraktiver zu gestalten. Dazu ist es nötig, über den Tellerrand des eigenen Geschäfts hinauszuschauen und zu beobachten, wie sich bestimmte Innovationen in anderen Bereichen durchsetzen. Diese zu übernehmen und anzupassen ist eine weitere erfolgversprechende Methode, ein durch Vereinfachung optimiertes Produkt zu schaffen.
Simplicity beflügelt auch im Arbeitsalltag
Um die Reduzierung auf das Wesentliche durchzusetzen zu können, sind in der Regel zahlreiche Hürden zu überwinden. Gewachsene Strukturen umzubauen und scheinbar gut laufende Produkte zu verändern stößt nicht selten auf heftigen Widerstand. Damit ein solcher Prozess erfolgreich durchlaufen werden kann, ist es oftmals notwendig, auch im betrieblichen Alltag auf überflüssige Regelungen zu verzichten und bestimmte Abläufe zu straffen.
Nicht alle Vorschriften und Gepflogenheiten, die sich in der Vergangenheit nach und nach etabliert haben, sind auch heute noch sinnvoll. Deshalb sollte im Management eines Unternehmens regelmäßig überprüft werden, ob und wo Potenzial zur Vereinfachung bei der täglichen Arbeit vorhanden ist. Auf diese Weise können Freiräume geschaffen werden, die auch zur Optimierung der eigenen Produkte genutzt werden können.
Jiri Scherer, Chris Brügger
Jiri Scherer und Chris Brügger sind Inhaber der Denkmotor GmbH. Sie haben langjährige Erfahrung als Innovationsberater und Kreativitätstrainer und sind Autoren verschiedener Bücher und Artikel rund um die Themen Innovation, Kreativität und Simplicity.