Ein gesundes neues Jahr an alle, oder besser Happy New Year! Oder wie man auf der Insel so sagt, denn dort habe ich ja diesmal den Jahreswechsel verbracht. Die im letzten Post angedrohten, täglichen Berichte sind leider einem gemütlichen und weitgehend stressfreien Urlaub zum Opfer gefallen. Schuld daran waren, wie sollte es auch anders sein, die unzähligen schönen Pubs in Glasgow und Edinburgh sowie ein permanent voller Bauch – Frau muß schließlich in einem anderen Land so einiges probieren.
Mangels Mut habe ich mich aber trotzdem nicht dazu durchringen können das schottische Nationalgericht zu probieren. Haggis entzieht sich optisch und inhaltlich irgendwie meiner kulinarischen Vorstellungskraft, wobei ich das mitgebrachte Exemplar trotzdem todesmutig in der heimischen Küche irgendwie verwerten werde. Schon mal Tortellini mit Haggisfüllung und Erbsen-Minz-Pesto probiert? Nö? Ich schon bald!
Ganz, ganz anders hingegen verhällt es sich zu meinem Unglück mit Fish & Chips. Als eine ganz-selten-Pommes-Esserin hab ich da mal richtig zugeschlagen. Dank der viel dickeren und dadurch extrem leckeren (essiggetränkten) Pommes und dem in Bierteig knusprig gebackenen Fisch, der vor dem Genuß in einer reichhaltigen Tatarensauce versenkt wird, spannt der Hosenbund dann doch ganz leicht. Zur Beruhigung des Gewissens gabs dazu aber immer Erbsen und die obligatorische, extrem vitaminhaltige Zitronenscheibe.
Auch wurde ich in Edinburgh zum ersten Austern-Verzehr genötigt, die ganz anfängermäßig mit Speck überbacken waren. Zu meiner Überraschung gab es diese ganz frisch und schön angerichtet in einem Pub und nicht wie erwartet im Nobelrestaurant zwischen traditionellen Pub-Gerichten wie Burger, Steak and Ale Pie, Fisch & Chips, Haggis, Neeps and Tatties, Sticky Toffe Pudding, Cranachan, Chocolate Fudge Cake usw. Wenn auch meine Meinung zu den Austern immer noch zwiespältig ist, konnte ich mich aber für ein typisches Getränk begeistern: Whisky. Aber nur einen ganz bestimmten: Glenmorangie.
Im Gegensatz dazu steht mein Freund, der in einer Art kulinarischen Feldzug, neben Torf-Whisky, Algen- und Blumen-Ales, in Whiskyfässern gelagertem Bier und Irn Bru auch Black Pudding, Frühstückswürste, Austern, Muscheln und Haggis erobert und vernichtet hat.
Auch wenn es hier den Anschein erweckt, das Essen auf der Insel wäre im Großen und Ganzen sehr gewöhnungsbedürftig, so muß man doch sagen, dass unsere traditionellen Essen wie Saumagen, Schlachtschüssel, Leber usw. nicht minder gewöhnungsbedürftig sind. Beeindruckt hat mich aber die Kombination von sehr gutem, frischen und schon fast noblen Gerichten wie Hummer, Austern, Langusten usw. in Verbindung mit normaler “Kneipenatmosphäre”. Der Wechsel vom Feierabendbier am Tresen zum eingedeckten Tisch mit Hummer ist problemlos ohne spezieller Garderobe und bestimmten Verhaltensweisen möglich.
Noch ein Satz zu oben beschriebener “Kneipenatmosphäre”. Vor allen in den Pubs in Edinburgh fühlt man sich in ein vergangenes Zeitalter, bestehend aus Dandys, Gentlemen und anderen noblen Herrschaften zurückversetzt. Die Einrichtung erinnert mit hohen Decken, Holzvertäfelungen und Messingverzierungen oft an ein Museum. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch mit Mustern und Ornamenten geflieste Innenräume, die den Betrachter oft fragend nach der vormaligen Verwendung zurücklassen, die oft in einem positiven Sinn an ein schönes und altes Jugendstil-Schwimmbad. Alles in allem ist jedes Pub ein Erlebnis und trotz der oft noblen Ausstattung Schicki-Micki-freie Zone.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich überraschender- weise auf alle Fälle Schottland alleine schon wegen des Essens eine Reise wert wäre. Frischer Fisch und andere Meeresfrüchte , einheimisches Wild und einheimisches Rind überzeugen jeden Feinschmeckergaumen. Darüberhinaus gibt es natürlich außerhalb der großen Städte eine wunderbare Landschaft zu entdecken und in den Städten viele interessante Gassen, Winkel, Friedhöfe, Pubs und natürlich Gespenster ;-)