Sieg oder gemeinsames Handeln – was ist wichtiger?

Von Wernerbremen


Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Ruth Dirx erzählen:

„Kein gutes Benehmen“

„Ein Indianermädchen schreibt:
Eines Tages bekamen wir eine neue Lehrerin, eine weiße Amerikanerin.
Sie war sehr freundliche, aber sie hatte keine guten Manieren.

Sie schrieb Rechenaufgaben an die große lange Tafel, die fast die ganze Stirnwand des Klassenzimmers ausfüllte, zehn Aufgaben.

Dann stellte sie zehn Kinder vor die Tafel. Jedes sollte eine Aufgabe ausrechnen.
Wer zuerst fertig ist, dreht sich um“, sagte sie.
Aber wir warteten ab, bis alle die Aufgaben gelöst hatten und dann drehten wir uns alle gemeinsam um.

Die Lehrerin wurde ärgerlich.
„Ich habe Euch doch gesagt, wer fertig ist, soll sich umdrehen!
Habt Ihr das nicht verstanden?“

Da haben wir ihr erklärt, dass das kein gutes Benehmen ist,
was sie da von uns verlangt.
Es ist doch nicht schön, wenn  sich einer hervortut
und der andere muss sich schämen.

Die Lehrerin fragte dann, wie wir es denn machen wollten.
Da haben wir zu ihr gesagt:
„Wer gut rechnen kann, der dreht sich nicht um,
der hilft den Anderen, die es nicht so gut können.“

Ihr Lieben,
in meiner Grundschule in Bremen, die ich regelmäßig immer wieder einmal besuche, hängt im Eingangsbereich ein Zitat von Maria Montessori, das mich an den Ausrpuch des Indianermädchens erinnert:
„Hilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich.
Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld meine Wege zu begreifen.
Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche
machen will. Mute mir Fehler und Anstrengung zu, denn daraus kann ich lernen.“

In wenigen Wochen finden in London die Olympischen Sommerspiele statt.
„Dabei sein ist alles“ – so lautet das Grundmotto der Olympischen Spiele.
Pierre de Coubertin soll diesen Satz 1908 bei den Olympischen Spielen ebenfalls in London gesagt haben.

Aber dieses Motto ist eine einzige Lüge und das gilt nicht nur für die Gegenwart, das gilt auch für das Altertum, als die Olympischen Spiele in Griechenland erfunden wurden.

Entscheidend ist leider nicht die Teilnahme, sondern allein der Sieg.

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Wer den Sieg erringt, erntete im Altertum und erntet heute Ruhm und viel Geld.Wer Zweiter, Dritter oder gar Vierter wird, hat versagt und verschwindet oft schnell wieder in der Versenkung.
Diese ungesunde Ausrichtung auf den Sieg gilt aber nicht nur für den Sport, sondern z.B. auch für die Schule. Unsere Kinder und Enkelkinder lernen so recht früh, dass es darauf ankommt, der Beste zu sein, hervorzustehen, sich herauszuheben.

Das Traurige dabei ist, dass dabei das Denken an den Mitschüler, den Mitmenschen auf der Strecke bleibt. Mich hat diese Geschichte sehr berührt:
Es geht nicht darum, möglichst schnell fertig zu werden, sondern darum, dass alle die Aufgaben erledigen können. Nicht mein eigener Erfolg steht im Mittelpunkt, entscheidend ist mein Mitmensch, dem ich helfen möchte, ebenfalls erfolgreich zu werden.

Wir sollten bei unseren Kindern und Enkelkindern anfangen, ihnen zu verdeutlichen, dass gemeinschaftliches Handeln, die Hilfe für den Anderen viel befriedigender sind als die Gier nach dem eigenen Sieg.

Es würde in unserer Welt viel besser, viel menschlicher aussehen, wenn wir nicht nur den eigenen Sieg, sondern auch das Wohlergehen und den Erfolg unseres Mitmenschen in den Vordergrund stellen würden.

Ich wünsche Euch ein Wochenende zum Ausspannen und grüße Euch herzlich aus Bremen

Euer fröhlicher Werner 

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